Violett ist nicht das Ende
weichen Worte in einer fremden Sprache, die Antwort genug waren nach all dem Trubel.
Non. Rien de rien …
Non. Je ne regrette rien …
Ni le bien qu’on m’a fait
Ni le mal tout ça m’est bien égal.
Nichts bereuen, so lautete nun das Motto. Nicht das Gute, nicht das Schlechte. Es gab keinen zweifelnden, unsicheren Blick zurück, nur nach vorne, mutig und unbeschwert, im Hier und Heute.
Wo Jule akut mit Quietsche-Enten warf, direkt auf die vier Polen, die da neugierig und ungeniert das Bad betraten, um ihre grandios-göttliche Edith-Piaf-Gedächtnis-Hymne zu stören.
»Spinnt ihr?«, brüllte Ewa zur Begrüßung und war offenbar bereit, alle ungebetenen Besucher der Reihe nach zusammenzufalten. Zumindest verbal.
»Wollt ihr drüber reden?« Alicja setzte sich auf Tweety.
»Nein!«
»Hattet wenigstens ihr Sex, nachdem ihr mir meine Olivia …«
»Schnauze, Jakub!«
»Heißer Tipp.« Krysztof gluckste. »Französisch funktioniert anders. Nicht singen, sondern mit …«
»Fresse!«
»Scheid ihr unter Wascher wirklisch toootaaal nackt?«
»Piotr!« Mal ein Anpfiff von Alicja. »Gaff Jule und Ewa nicht so an oder es knallt.«
»Mein Engel, isch lieb dosch nur disch.«
Ewa stöhnte auf. »Boah, Alicja, dein Typ ist rotzevoll. Pack den endlich ins Bett, bevor er noch auf den Teppich kotzt.«
»Was ich mit meinem Piotr mache, entscheide ich«, stellte die Gutemine klar. »Und Bernd ist mein Teppich. Misch dich nicht …«
»Ich? Ey, du gatzt mir doch ständig in alles rein und …«
»Ewa, weil du dein Leben ja auch nie alleine …«
»Raus! Alle!« Endlich kam Jule auch mal zum Zug.
Hach, zwei Worte, hervorragend und eindrucksvoll gebrüllt, und so flog die Tür wieder ins Schloss und es kehrte Ruhe ein.
Kuschelnd planschten sie noch eine Runde, tauschten verspielte Küsse aus und wuschen sich gegenseitig den Schaum aus den Haaren. Kaum waren sie aus der Wanne, drehten sie sich kichernd in ihre Handtücher, pusteten um die Wette Teelichter aus und tapsten barfuß und Händchenhaltend über den Flur. Offenbar klang Piotrs Junggesellenabschied im Wohnzimmer aus, denn aus diesem Raum drang gerade ein zünftiges »Zrówko«. Egal. Hinein ins Schlafzimmer, zu dem es auf einmal auch keinen Schlüssel mehr gab. Alicja, du verspielst dein Denkmal. Schnurz. Nichts konnte Jules Laune trüben, auch nicht die karierten Boxershorts und die frischen, fragwürdigen Schlaf-Shirts, die ihnen Alicja bereitgelegt hatte.
Jule drehte sie in ihren Fingern. »Ich nehme an, Arielle ist für mich, Krümelmonster für dich?«
»Sehe ich genauso.«
Sie schlüpften in die Klamotten und schmissen sich in die Federn.
»Süße, irgendwas fehlt.«
Ewa wandte sich zu ihr. »Brauchst du noch ein Kissen?«
»Ne, ich meine, deine Mutter. Sollten wir nicht lieber wach bleiben, bis sie …«
»Quatsch. Warum? Mama pennt auf der Liege in Alicjas Arbeitszimmer und wir sehen sie ja morgen beim Frühstück.«
Jule zögerte. »Also kein Fischmarkt?«
»Vergiss es. Nicht nach diesem Hardcore-Tag.« Ewa löschte das Licht, legte sich wieder neben sie, suchte und fand ihre Hand. »Ich freu mich, Jule«, sagte sie leise.
»Worüber?«
»Eher auf. Auf dich und unser … na, du weißt schon.«
»Heißt das … das vorhin zählt …«
»Höchstens als Generalprobe, verkürzte Fassung. Bei der richtigen Premiere …«
»Lassen wir uns Zeit«, fiel Jule ihr ins Wort. »In Berlin sind wir ungestört und genießen es. Und zwar alles. Vorspiel, Nachspiel und besonders das Spiel, wir beide, ja?«
»Unbedingt. Auch wenn ich dir jetzt schon sagen kann, dass …« Ewa atmete laut aus. »Alter Falter, du hast verdammt geschickte Finger, Jule. Mir ist echt alles verrutscht vorhin, das war so intensiv. Und dein Körper ist mega. Auch wenn ich manchmal Schiss habe, ich mach da was kaputt, weil du so zierlich bist, aber insgesamt so krass durchtrainiert und doch so weich, boah, und wenn du mich immer so anguckst, deine Augen in diesem krassen Meerwasserkristallblau, fuck, viel hat echt nicht gefehlt, und ich wäre so was von gekomm…«
»Ssscht, Süße«, sagte Jule sanft. »Alles gut. Kuscheln?«
Schnurr, oh ja. Entschärfte Löffelchenstellung. Liebevoll schmiegte sich Ewa von hinten an Jule, legte die Arme um ihre Taille und ihre Hände verwoben sich vor Jules Brust zu einer Einheit. What a day, what a day … War Jules letzter Gedanke in Dauerschleife, als sie erschöpft ins Reich der Träume abdriftete.
Sweet dreams …
Albtraum! Da
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