Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Violette Bescherung

Violette Bescherung

Titel: Violette Bescherung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Hueller
Vom Netzwerk:
uns um deine kleine Maus. Keine Sorge.«
    »Schon, nur …« Natalia zögerte. »Es liegt an Paulina. Also vielmehr an uns. Ich fürchte, sie fühlt sich vernachlässigt.«
    »Oh.« Ewa schluckte. »Hat sie das gesagt?«
    »Nein. Sie liegt heulend in ihrem Bett und hört Weihnachtslieder.«
    »Weihnachtslieder? Im Mai?« Ewas Stimme klang ungewöhnlich hoch. Jule kommentierte die sonderbare Info mit Schulterzucken. Richtig, Schweitzer. Halt dich raus. Ist bei Polen manchmal besser. Sie verzog sich auf den Klavierhocker und lauschte aus der Distanz, wenn es außer Stille etwas zu lauschen gegeben hätte.
    Gedankenverloren wuschelte Ewa in ihren Fransen. »Alles klar.« Sie räusperte sich. »Familienfest.«
    »Vermutlich steckt das dahinter, ja«, kam leise von Natalia. »An Weihnachten hat jeder Zeit für sie.«
    »Wollt ihr das Wochenende lieber mit ihr verbringen?«
    »Schön wär’s.«
    »Äh … heißt?«
    »Krysztof«, grummelte Natalia. »Ihm ist vorhin der Kragen geplatzt. ›Paulina, Schluss! Wenn du weiter nervst, fällt Weihnachten dieses Jahr aus‹.«
    »Autsch.« Ewa kaute am Daumen. »Gib mir die Maus mal bitte.«
    »Ich versuch’s.«
    Es folgte ein Klopfen, ein Schniefen und ›Jingle Bells‹ dudelnd im Off. Instinktiv wollte Jule ihre Ohren mit den Händen schützen. Dieser heitere Glöckchenbimmelkack war schon im Dezember unerträglich. Stattdessen fixierte sie Ewa, die mit angespannter Miene auf die Telefonübergabe wartete.
    »Hej, Paulina«, sagte Ewa butterweich nach dem ersten Schniefer. »Kommst du uns morgen besuchen?«
    Als Antwort hörten sie Schniefer Nummer zwei.
    »Wir haben uns so viele tolle Sachen überlegt. Baden im See.« Ewa blieb am Ball. »Danach gehen wir Eis essen und …«
    Paulina jaulte auf. Welch gemeiner Ton. Jules Nackenhaare regten sich und alles in ihr tendierte zur Flucht. Nein, sie konnte nicht mit Kindern. Mit heulenden schon gar nicht.
    Tja, Bogacz. Jetzt wandle übers Wasser und vollbring ein Wunder.
    Ewa musterte ihre Zehen. »See ist Quatsch. Hast recht. Macht jeder. Deshalb habe ich gestern mit dem Weihnachtsmann gesprochen.«
    What? Jule fiel fast vom Klavierhocker.
    »Weihnachtsmann?«, piepste Paulina ihr erstes Wort.
    »Na logisch.« Ewa machte fröhlich weiter. »Jule und ich arbeiten doch beim Fernsehen. Promis kennen sich untereinander und … na egal. Ich habe ihm von dir erzählt. Wobei, er kannte dich natürlich schon.«
    »Echt?« Paulina fing offensichtlich Feuer.
    In Jules Hirn dagegen rauchte es los und sie massierte sich die Schläfen.
    »Klar.« Ewa legte an Euphorie noch eine Schippe drauf. »Der Weihnachtsmann kriegt da oben alles mit. Wie ein Superspion, weißt du? Geiler Typ. Voll witzig. Er hat mir versprochen, dass er uns heute Nacht Geschenke vorbeifliegt, damit wir morgen Weihnachten feiern können. Quasi eine Special Edition. Das dürfen nur wir, weil er es uns erlaubt hat. Verstehst du?«
    So ein gequirlter Stuss, Bogacz. Jules Kopf sank auf den Flügel und sie zählte innerlich irgendwelche Zahlen hoch. Oooommm.
    »Bringt er Fillys?«, fragte Paulina.
    »Äh … was?«
    »Bunte Pferde«, warf Natalia ein, die anscheinend neben der Kleinen stand und mithörte. »Sammelfiguren in Tüten.«
    »Aha«, sagte Ewa. »Paulina, ich schreib ihm schnell eine SMS. Vielleicht kriegt er das Zeug noch in den Sack. Ich kann echt nichts versprechen. Aber ich versuch’s, okay? Kommst du?«
    Schweigen in der Leitung. Gewummer in Jules Brustkorb. Gütiger Himmel, die Bogacz sabbelte sich um Kopf und Kragen. Wohin sollte dieses Theater führen? Herr, lass sie wieder die Kurve kriegen vom Schnee zum See. Amen.
    »Wir feiern wirklich Weihnachten?« Paulina hörte sich immer noch skeptisch an. »Mit Plätzchen und Baum?«
    Nein! Natürlich nicht! , brüllte alles in Jule.
    »Ehrenwort.« Ewa betonte jeden einzelnen Buchstaben. »Die Bescherung ist gleich nach eurer Ankunft. Dann können deine Mama und Krysztof mitfeiern. Irgendwann wird gegessen. Anschließend fahren sie ins Hotel und wir drei Hübschen geben Gas. Eine richtig fette Party. Ich koche uns Zauberpunsch. Weißt du noch? Die tanzenden Zimtstangen?«
    »Ja.«
    »Also bist du dabei?«
    »Hab dich lieb.«
    Das hieß übersetzt wohl Ja. ›Jingle Bells‹ wurde lauter, Jules Groll gewaltiger, und auch Natalia nahm offenbar Reißaus. Eine Tür knarzte und der nervtötende Weihnachtssingsang verebbte. Gut so.
    »Ewa, was …«
    »Läuft«, fiel Ewa Natalia ins Wort. »Mach dir keinen Kopf und bring

Weitere Kostenlose Bücher