VIRALS - Tote können nicht mehr reden - Reichs, K: VIRALS - Tote können nicht mehr reden
gewesen?«, fragte er. »Ich hab überall nach dir gesucht.«
»Entschuldige. Ich musste noch das DNA-Projekt abschließen. Ich hab euch die Ergebnisse gemailt.«
»Oh … sehr gut.« Jason rieb sich mit der Hand über den Nacken. »Eigentlich wollte ich mit dir über etwas anderes reden.«
Jetzt kommt’s.
»Chance will dich unbedingt sprechen. Er sagt, es ist dringend. Offenbar hat er was gefunden, was deinen Fingerabdruck angeht.«
Das ist alles? Ist wusste nicht, ob ich erleichtert oder beleidigt sein sollte. Mein Schweigen schien Jason zu verwirren. »Es ist dir doch wichtig mit dem Fingerabdruck, oder?«
»Ja. Absolut. Danke.« Dann verlor ich die Kontrolle über meine Zunge. »Ich dachte, du wolltest über gestern Abend reden.«
Ups, zu spät.
»Gestern Abend, ach ja, du warst … ziemlich schnell verschwunden.« Jason lachte. »Tut mir leid, dass ich so ein Trottel bin.«
»Aber das war doch nicht deine Schuld.« Was dachte er sich bloß? »Ich muss mich entschuldigen, dass ich dich weggestoßen habe.«
»Ich wusste nicht, dass du Migräne hast«, sagte Jason. »Ich hätte dich nicht so fest an die Schulter fassen sollen. So was ist dann unerträglich, nicht wahr?«
»Mm.«
»Ich verstehe gar nicht, wieso ich gefallen bin. Am Hinterkopf hab ich eine Beule, die ist so groß wie ’ne Kiwi.« Er kicherte. »Ich erzähle jedem, dass ich sie mir beim Lacrosse geholt habe, das ist weniger peinlich.«
Ich atmete ein wenig auf. Jason hatte nicht begriffen, was wirklich passiert war. Und wenn die anderen das auch nicht hatten, war ich aus dem Schneider.
»Wie auch immer«, fuhr Jason fort. »Chance will dich morgen vor dem Training sprechen, um dir die Info zu geben. Passt dir das?«
»Ja. Und sag ihm, dass ich ihm sehr dankbar für seine Hilfe bin. Mr. Baravetto hat der Himmel geschickt.«
»Mach ich. Und kümmere dich nicht um die Gossip Girls.«
Oh! So billig kam ich also doch nicht davon, ließ mir aber nichts anmerken.
»Und, was erzählt man sich so auf der Straße?«
»Ach, nichts Besonderes.« Jason nahm an, dass ich bereits Bescheid wusste. »Diese Zicken können doch gar nicht anders, als über andere Leute herzuziehen. Anscheinend brauchen sie das für ihr Selbstbewusstsein.«
»Erzähl schon, macht mir nichts aus.« Eine glatte Lüge.
»Ist doch sowieso Blödsinn«, seufzte Jason, der sich sichtlich unwohl fühlte. »Manche sagen, du hättest dir deine Garderobe schnell zusammengeliehen und musstest die Sachen zurückgeben, ehe die Geschäfte zumachen.«
Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht schoss. Wie erniedrigend. Und noch schlimmer: Es war sogar etwas dran.
Am liebsten wäre ich im Boden versunken. Um mich zu verwandeln. Oder zu sterben. Aber mein Zorn war größer als meine Scham.
»Wer hat das gesagt?«
»Ach vergiss es. Du hast fantastisch ausgesehen. Die waren doch nur eifersüchtig.«
»Jason, bitte! Wer?«
»Madison und Company. Courtney und Ashley.«
Die sechsbeinige Tussi, wer sonst.
Denen werd ich’s heimzahlen, versprochen.
»Danke, dass du’s mir erzählt hast.« Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Sag Chance, dass wir uns morgen hier treffen können, wenn das okay für ihn ist.«
»Bestimmt. Pass auf dich auf.« Jason machte ein paar Schritte, drehte sich dann noch mal um. »Und mach dir keine Sorgen über Maddys Gerede. Glaubt sowieso keiner.«
»Danke«, sagte ich.
Als ich dem Yachthafen entgegenging, schwor ich mir, der sechsbeinigen Tussi ein für alle Mal das Maul zu stopfen. Ich war es endgültig satt, zum Gespött gemacht zu werden.
Aber nicht heute.
Heute musste ich noch ein Verbrechen begehen.
KAPITEL 47
Hi und Shelton eilten die Beaufain Street hinunter. Auf dem Colonial Lake, einem künstlich angelegten See, zogen Ruderboote ihre Bahn. Enten glitten zu zweit oder zu dritt über das Wasser. Aber dafür hatten die Jungen jetzt keinen Blick.
In der Nähe der Einkaufsmeile gingen die großen Einfamilienhäuser in sorgfältig aneinandergereihte »Stadthäuser« über. Die Balkonkästen quollen förmlich über von Petunien, Ringelblumen und Wandelröschen. Honigbienen machten in der warmen Abendsonne Überstunden. Unterhalb der King Street erreichten Hi und Shelton schließlich den Campus der Universität. Ein ehrwürdiger, mit Efeu bewachsener Gebäudekomplex im gotischen Stil, allerdings mit modernen Ziegelsteinen und Fenstern. Unter den mächtigen Eichen und Magnolien jagten Hunde hinter den Frisbees der Collegestudenten her.
Ein
Weitere Kostenlose Bücher