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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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außen in die Öffnung und spreizte sich zu beiden Seiten ein, so dass er die Nacht im Rücken hatte. »Da sind Sie also«, sagte er. »Ich zerbreche mir schon die ganze Zeit den Kopf, was Sie anstellen würden. Denn dass Sie irgendetwas anstellen würden, stand für mich fest.«
    »Das geht Sie nichts an«, sagte Hayden.
    »Eine neue Sonne für Aerie geht mich durchaus etwas an.«
    Carrier zog sein Schwert.
     
    Die Krähe raste so unbekümmert durch die Nacht, dass Chaison wie berauscht war. In seiner Fantasie flogen Statuten und Flottenvorschriften im Kielwasser des Schiffes davon. Jahrhundertelang gültige Regelungen, wie schnell innerhalb von Wolken geflogen werden durfte, wurden in diesem einen Moment gegenstandslos. Er jagte die Krähe auf hundertfünfzig Stundenkilometer hoch, dann auf dreihundert. Die Schiffe der Falkenformation wurden von Pünktchen zu Kreisen und gaben schließlich ihre wahre Form preis.
    Die Männer der Brückenmannschaft waren blass geworden. Travis hockte neben Chaison, er hatte die Lippen zu schmalen Strichen zusammengepresst und umklammerte mit beiden Händen die Kante seines Stuhls. Nach allen Gesetzen der Logik war bei dieser Geschwindigkeit eine Kollision unvermeidlich - doch von allen Anwesenden auf der Brücke war der Radartechniker am gelassensten. »Zwei Grad nach Backbord, fünf Strich nach Süden«, sagte er, oder »Sechs Grad nach Steuerbord, sofort.« Der Pilot, der ohne Sicht flog, gehorchte mit hektischen Ruderbewegungen.

    »Wir bekommen Sekundärsignale«, sagte der Radartechniker plötzlich. »Genau, wie sie sagte.«
    »Gut.« Chaison lächelte grimmig. »Sie wissen, was Sie zu tun haben.«
    Die Falkenflotte kroch langsam durch ein Wolkenmeer; niemand wusste, wie weit die Nebel reichten. Natürlich brauchte der Admiral die Wolken nicht, es war ohnehin Nacht. Aber wenn er die Zielschiffe der Falkenflotte im dichten Nebel stranden lassen könnte, wären sie auch noch angreifbar, wenn es wieder Tag wurde - falls die Schlacht dann noch nicht entschieden war.
    Bis dahin musste er die Feinde von aller Hilfe abschneiden. »Auf diese Bikes zuhalten«, sagte er. »Auf die anderen Schiffe achten, sie werden das Gleiche tun. Wir kratzen den Falken ihre Posten weg wie alten Wundschorf.«
    Die Triebwerke heulten auf, die Geschwindigkeit stieg noch einmal an. Vor den Bullaugen huschte plötzlich etwas Schwarzes vorbei, dann gab es einen Knall. Durch das Schiff ging ein Ruck, aber es flog weiter.
    Chaison zuckte zusammen. Sie überfuhren die Bike-Posten der Falkenformation. Wie damals, als die Bikes der Folterer vorausgeflogen waren, um - in diesem Fall vergeblich - nach Hindernissen Ausschau zu halten, tastete sich nun auch die Falkenflotte durch den Nebel, indem sie ihre Bikes nach vorne und zu beiden Seiten ausschickte. Ohne Radar war das bei einem Flug durch Dunkelheit und Wolken die einzig sichere Methode.
    Wieder krachte etwas gegen den Rumpf, und noch einmal. Auf dem Radar konnte Chaison verfolgen, wie die Schatten der Schwesterschiffe die Pünktchen der
Falken-Bikes überholten, und wie die Pünktchen einfach verschwanden.
    Der riesige unscharfe Fleck vor ihnen musste das neue Schlachtschiff sein - eine Schreckenswaffe, wie kein Slipstreamer sie außer auf verschwommenen Fotografien jemals gesehen hatte. Ironischerweise würde sie wohl auch jetzt niemand zu Gesicht bekommen. Wenn alles gutging, hätten die Männer von Slipstream niemals Sichtkontakt mit dem Feind gehabt, den sie vernichteten.
    Die Krähe brach aus und flog einen großen Kreis. Als sie an den Ausgangspunkt zurückkehrte, stellte Chaison beruhigt fest, dass die Luft nach vorne hin noch immer nicht klar war. »Minen zum Absetzen bereitmachen« befahl er. Und dann: »Bremsen! Bremsen!« Er hörte das Flattern und Schlagen, als die Bremssegel aus dem Rumpf gerissen wurden, und dann lag er flach auf dem Boden, und Travis klammerte sich an die Stuhllehne. Die Krähe ächzte und wurde langsamer. »Triebwerke aus!«
    Plötzlich trat Stille ein, nur das Rauschen des Windes und das Knattern der Bremssegel war zu hören. Die Krähe glitt an dem unsichtbaren Schlachtschiff vorbei und stellte sich ihm genau in den Weg.
    »Minen absetzen! Raus, raus, raus, schnell, schnell!«
    Der Wind pfiff in die offenen Hangartore, und in der Ferne rasselte etwas. Es klang, als räusperte sich ein Ungeheuer.
    Und dann grollte der Donner.

21
    Haydens Blut schwebte wie ein Band in der Mitte des Raums und drehte sich hin und her, als suche

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