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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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sich nicht weiter darum zu kümmern, sondern konnte sich wieder seiner Arbeit widmen. Nachdem Aubri die Schilde abgeschaltet hatte, die Candesce vor der Künstlichen Natur schützten, dürfte sie keine weiteren Verpflichtungen mehr gehabt haben.
    »Aubri! Venera! Wo seid ihr? Wir müssen weg, sofort!«
    Irgendwo vor ihm gab es einen dumpfen Schlag. Hayden schlüpfte unter und über Wänden hindurch und durchquerte mehrere Räume, die ihm bekannt vorkamen. Als er durch einen halbdunklen Raum mit vielen Hängematten und Ruhezonen glitt, vernahm er
eine Frauenstimme, die ein einziges Wort hervorstieß:
    »Miststück!«
    Hinter der Wand waren neue Schläge zu hören, und jemand keuchte. Hayden stutzte zunächst, dann schwebte er hinunter und wollte in den nächsten Raum klettern. Doch er blieb rittlings auf der Wand sitzen.
    Rechts und links von ihm hielten sich Aubri Mahallan und Venera Fanning an Handschlaufen fest. Beide hatten Schwerter in den Händen und bedrohten sich damit. Veneras Gesicht war wutverzerrt, ihre Kiefermuskeln zuckten.
    »Schalte sie ein!«, schrie Venera. »Schalte sie wieder ein!«
    Aubri schüttelte stumm den Kopf.
    Hayden schwang sich mit einem Salto in den Raum. »Was geht hier vor?« Er wollte zu Aubri hinüberspringen, aber sie hechtete zur Seite.
    »Bleib zurück«, murmelte sie.
    »Ich soll …? Was geht hier vor?« Inzwischen war er zu müde und hatte zu große Schmerzen, um mit ihr Fangen zu spielen.
    Venera deutete auf ihr Anzeigegerät. Es schwebte in der Luft, das rote Licht leuchtete. »Sie will sie nicht wieder anschalten. Candesces Schutzschilde! Sie hat sie bereitwillig abgeschaltet, aber jetzt weigert sie sich, sie wieder zu aktivieren. Sie hat ihren Freunden von außerhalb Virgas die Tore geöffnet.«
    »Aubri?« Er starrte sie an, aber sie erwiderte seinen Blick nicht.
    Er hätte es sich denken können. Jetzt wurde ihm klar, dass sie ihm im Lauf der letzten Woche genügend
Hinweise geliefert hatte - aber er war von der Idee, Bauteile für eine neue Aerie-Sonne zu finden, so besessen gewesen, dass er Aubris Angaben nicht hinterfragt hatte. Sie hatte ihm gesagt, man habe sie nicht nach Virga geschickt, um in Candesce einzudringen, aber im gleichen Atemzug hatte sie ihm erklärt, der Killer in ihrem Körper lauere auf jedes Wort, das ihre wahre Mission verraten könnte. Ihr Leugnen hätte ihn hellhörig machen müssen; aber er war nicht schlau genug gewesen.
    »Es tut mir leid«, sagte sie leise und mit zitternder Stimme. »Wenn ich sie wieder anschalte, muss ich sterben.«
    »Du hattest den Auftrag, die Künstliche Natur nach Virga zu bringen«, sagte er. »Genau das konntest du mir nicht sagen.« Sie nickte.
    Haydens Gedanken überschlugen sich. Sollte er Aubri aufhalten? Oder sich auf ihre Seite stellen? »Wie geht es jetzt weiter?«, fragte er sie. »Wenn du die Tür öffnest … was lässt du dann ein?«
    Jetzt sah sie ihn an, und ihr ausdrucksvolles Gesicht verriet tiefe Trauer. »Zuerst kommen unzählige Geister«, sagte sie. »Die körperlosen KIs und die Transhumanen werden nach Virga einströmen und es zu ihrer Spielwiese machen. Sie sind gierig nach Ressourcen. Sie werden alles transformieren, was sie anfassen - auch die Menschen. Wenn diese Transformation Platz greift, verblasst eure Realität. Virgas Wände verschwinden. Die Sonnen, die Finsternis, die Habitate und die Schiffe … alles wird ausgelöscht und durch virtuelle Reiche ersetzt. Um jeden Mann, jede Frau, jedes Kind entstehen Räume voller Pracht und Schönheit, es wird
sein wie der Himmel auf Erden. Jeder Wunsch wird in Erfüllung gehen. Nur Virga selbst wird nicht mehr da sein. Die Welt, wie ihr sie kennt, wird verschwinden und durch Wirklichkeit gewordene Fantasien ersetzt werden.«
    Venera erschauerte. »Das werden wir nicht überleben«, sagte sie.
    Aubri schüttelte den Kopf. »Nicht so, wie ihr jetzt seid«, sagte sie. »Alle eure Hoffnungen, eure Träume haben sich überholt. Ihr müsst euch neue schaffen. Neue Gründe, um weiterzuleben.« Sie verzog den Mund, als wollte sie weinen. »Und das ist das Einzige, was euch das System nicht geben kann.«
    »Nein!« Venera schnellte sich durch den Raum. Bevor Hayden die beiden Frauen erreichen konnte, schwebten sie voreinander, und Venera schlug wie eine Rasende mit dem Schwert auf Aubri ein. Die suchte die Hiebe zu parieren. Hayden schrie auf, als er sah, wie Veneras Schwert in Aubris linke Schulter eindrang.
    Seine Geliebte, der Waffenmeister der Krähe ,

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