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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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…« Carrier runzelte nicht einmal die Stirn; er drehte nur kaum merklich den Kopf zur Seite. Hayden verstand.
    Als er nach achtern ging, wich etwas von der erdrückenden Schwermut, die sich letzte Nacht auf ihn gesenkt hatte, aber er verstand immer noch nicht, wie er sich so schnell und so gründlich in einen solchen Schlamassel hatte bringen können. Wenn er nur einen Funken Mut besäße, dann hätte er Fanning gestern getötet.
Dass er es nicht getan hatte und nun im Grunde genommen für den Feind arbeitete, war ihm in tiefster Seele zuwider.
    »Weißt du überhaupt, wo du hingehst?«, fragte eine Stimme. Hayden schaute nach unten. Martor beobachtete ihn mit schmalen Augen. »Du musst in diese Richtung«, fuhr er fort und zeigte an einer Reihe von bauchigen Treibstofftanks vorbei.
    »Danke. He - als ich vorhin rausschaute, sah ich, dass wir in den Winter fliegen. Was geht hier eigentlich vor?«
    Martor wurde verlegen. »Keine Ahnung. Uns sagt doch keiner was, jedenfalls jetzt noch nicht. Hast du gemerkt, dass wir uns von der Hauptflotte getrennt haben? Es gibt Gerüchte, wonach wir uns von hinten an den Feind anschleichen sollen. Aber das ergibt keinen Sinn. Der Feind steht weiter zu den Sonnen hin , nicht hier draußen.«
    »Du meinst Mavery?«
    »Wen denn sonst?«
    Martor verlagerte sein Gewicht und fuchtelte mit den Händen in der Luft herum, um Hayden zu folgen. Jetzt merkte man deutlich, dass er noch ein Junge war und den harten Burschen nur spielte. »Vor dem Winter braucht man keine Angst zu haben«, sagte Hayden. »Ich war schon dort.«
    »Tatsächlich? Ist es denn wahr, dass es im Winter Riesenwanzen gibt, die ganze Sonnen im Bauch haben? Und hartgefrorene Länder und Armeen von Soldaten, die sich mit ihren Schwertern aufspießen wollten, als die Sonnen ausgingen, und jetzt zu Eis erstarrt sind?«

    »Ich habe so was nie gesehen.«
    »Aber woher willst du das wissen, der Winter ist doch unendlich?«
    »Unendlich?«, lachte jemand. »Wohl kaum.«
    Außen am Rumpf klebte unter einem Wirrwarr von Netzen ein unregelmäßig geformter Kasten. In einer seiner Facetten befand sich eine ganz gewöhnliche Tür. Von dort war das Gelächter gekommen, und die Stimme klang verdächtig nach der einer Frau.
    »Gleich wirst du mir sagen, dass das der Waffenmeister ist«, flüsterte Hayden. Martor nickte eifrig. »Das dachte ich mir.«
    Er streckte den Kopf durch die Tür. Tatsächlich steckte - gleich dem großen Zahnrad in einem Uhrwerk - inmitten eines Wusts aus kleinen Teilen eine Frau. Sie war dabei, eine von mehrere Dutzend Kisten zu öffnen, die sie dicht gedrängt umschwebten. Im Moment stand sie von ihm aus gesehen auf dem Kopf, so dass er zunächst nichts weiter von ihr wahrnahm als eine Wolke aus wogendem braunen Haar und die Tatsache, dass sie bis auf ein rotes Seidentuch, das unter ihrem Kragen hervorspitzte, ganz in Schwarz gekleidet war. Er drehte sich höflicherweise, bis er wie sie ausgerichtet war, und streckte ihr die Hand entgegen. »Ich bin Hayden Griffin. Ich soll Ihnen behilflich sein.«
    Ihre Hand war warm, ihr Griff fest. »Aubri Mahallan. Wer hat gesagt, dass Sie mir helfen sollen?«
    »Hm, ein Mann namens Carrier.«
    »Ach, der .« Mit diesen zwei Worten war die Person ein für alle Mal erledigt. Mahallan sprach mit starkem Akzent, der besonders bei Lauten wie e und o auffiel.
    Richtig herum betrachtet, war ihr Aussehen ebenso reizvoll wie ihre Stimme. Sie hatte die helle, vollkommen makellose Haut eines verhätschelten Höflings. Die viel zu stark geschminkten Augen schienen ständig vor Schreck weit aufgerissen zu sein. Der breite Mund war unentwegt in Bewegung, so dass eine nicht abreißende Prozession von mimischen Veränderungen über ihre Züge huschte. Im Moment schürzte sie die Lippen und sah Hayden scharf an. »Ich denke, ich werde schon eine Verwendung für Sie finden. Und du!« Sie richtete ihren ausdrucksvollen Blick an Hayden vorbei auf die offene Tür. »Du stehst mir heute Morgen schon zum fünften Mal im Licht. Schätze, ich muss mir auch für dich eine Beschäftigung ausdenken!«
    »Jawohl, gnädige Frau«, ließ sich Martors Stimme schwach von draußen vernehmen.
    »Aber mit einem ungebildeten Wilden kann ich nichts anfangen«, fuhr Mahallan fort, drehte sich um und öffnete ein Bullauge, um einen Schwall Frischluft in die zugemüllte Zelle zu lassen. »Der Winter ist nicht unendlich - oder genauer gesagt, er ist es schon, aber nur in dem Sinn, wie man unendlich lange um einen

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