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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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Sie voran?«
    »Sehr gut, bevor Sie meinen Assistenten rausgeworfen haben«, sagte Aubri.
    »Pah!« Venera tat die Kritik mit einer Handbewegung ab. »Sie haben ja immer noch den da. Allerdings nicht für lange, denn morgen muss er mich fliegen. Wir machen einen kleinen Ausflug. Sie kommen auch mit.«
    Aubri stellte das Gerät, an dem sie gearbeitet hatte, vorsichtig in eine schwarze Holzkiste und schloss den Deckel. »Und wohin fliegen wir?«
    »Zu unserem ersten Etappenziel. Ich meine das erste offizielle Etappenziel. Ich möchte, dass Sie mitkommen, weil Sie schon einmal dort waren.«
    »Tatsächlich?« Aubri rutschte unruhig hin und her. Hayden erschien sie mit einem Mal ziemlich verstört. »Sind wir denn nach Slipstream zurückgeflogen?«
    Venera lachte bellend. »Sie wissen genau, dass ich nicht von Slipstream spreche. Wir nähern uns der Touristenstation! Das war doch Ihre erste Anlaufstelle, als Sie nach Virga kamen? Sie sollten sich dort gut auskennen.«
    »Das ist nicht der Fall. Und ich bin nicht glücklich darüber, ohne Vorwarnung dorthin zurückgebracht
zu werden. Es sei denn …« Sie erbleichte jäh. »Sie wollen mich doch nicht abschieben …?«
    »Was für ein Unsinn, natürlich nicht. Aber Sie müssen jemanden für mich suchen - mit Leuten reden, ein Geschäft aushandeln. Letztlich geht es doch um nichts anderes, nicht wahr? Um unser Geschäft.«
    »Ja«, murmelte Aubri. Hayden stellte erstaunt fest, dass sie Venera nicht in die Augen schauen konnte. Venera bemerkte es nicht, oder sie hielt es für normal. Sie wandte sich Hayden zu und setzte ihr Raubtierlächeln auf.
    »Wir fliegen Punkt acht Uhr. Halten Sie sich bereit. Wir brauchen die Beiwagen, sie sollten also bereits montiert sein.«
    »Jawohl, gnädige Frau.«
    »Gut.« Venera verließ ohne ein weiteres Wort den Raum. Sobald die Tür ins Schloss gefallen war, fuhr Aubri herum, schwebte ans Bullauge, riss es auf und streckte den Kopf hinaus. Hayden hörte vom Rumpf her einen leisen Fluch. »Was ist da los?«
    Sie zog den Kopf zurück, schnitt eine Grimasse und deutete auf das offene Bullauge. Er schlüpfte an ihr vorbei und streckte seinerseits den Kopf in den kalten, wispernden Wind.
    Zunächst sah er wie üblich nichts als Dunkelheit und Wolken. Dann stutzte er. Was er für einen riesigen Kugelpilz aus Wasserdampf gehalten hatte, bestand aus unzähligen glitzernden Eisstücken und -flächen. Sie glitten an einem gefrorenen See vorbei: einem Eisberg so groß wie die Zylinder von Rush.
    Auch er wich vom Bullauge zurück. »Da draußen ist ein Eisberg.«

    Aubri schüttelte bedrückt den Kopf. »Sieh noch einmal hin.« Verdutzt schaute Hayden ein zweites Mal hinaus. Der Eisberg war da, aber dahinter war noch ein zweiter. Und ein dritter. Sie hingen mit den Spitzen aneinander und bildeten eine richtige Kette.
    Ein Wolkenkranz glitt über das Schiff hinweg, und in der folgenden Lücke sah er, was Aubri ihm hatte zeigen wollen. Ihm stockte der Atem.
    Die Positionslichter der Krähe spiegelten sich in schillernden Eisflächen, die sich in tausend verschiedenen Winkeln in die Nacht hinein erstreckten. Der riesige Frontscheinwerfer schnitt einen hellen Kegel aus der Dunkelheit, und darin entdeckte Hayden einen ganzen Wald von Eisbergen. Sie waren nur durch dünne Fäden und Eisklingen miteinander verbunden; dichter Nebel füllte jede Höhlung, jeden Zwischenraum. Die Krähe schlängelte sich langsam um die riesigen Türme herum, einer der Giganten nach dem anderen verschwand im Dunst, doch vor ihnen tauchten immer neue auf.
    Hayden folgte mit den Augen einer Kette, an der sie vorbeiglitten, und erkannte, dass die Berge allmählich dicker wurden und sich immer näher kamen, bis sie sich in einigen Kilometern Entfernung auf Tuchfühlung aneinanderdrängten. Dazwischen klafften dunkle Spalten. Er fühlte sich an den Wald erinnert, der Slipstreams Asteroiden bedeckte, nur ragten hier statt der Bäume mit ihren Kronen und Kegeln endlose Eisgiganten aus der Finsternis.
    »Sie sind wie eine Mauer«, sagte er. Im gleichen Moment stieß er mit dem Kinn gegen den Rand des Bullauges.
Irgendetwas ließ ihn auf das Schiffsinnere zutreiben - wahrscheinlich der Luftdruck.
    »Es ist keine Mauer«, verbesserte Aubri mürrisch. »Es ist eine Decke. Die Decke, um genau zu sein.«
    »Die …« Jetzt hatte er begriffen. »Das ist die Außenhaut der Welt?«
    »Die Hülle des Ballons, richtig. Alles andere in Virga liegt jetzt unter uns. Deshalb spüren wir Gravitation.

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