Virga 01 - Planet der Sonnen
Fugen. »Wasser zwischen die Bretter gießen, könnte es das Holz auseinanderdrücken, wenn es gefriert.«
Carrier schien nicht viel von der Idee zu halten, aber Travis war sie offenbar eine Überlegung wert. »Als das Schiff winterfest gemacht wurde, hat man auch die Ritzen mit Teer abgedichtet, damit keine kalte Luft eindringen kann«, bemerkte er. »Das Wasser kann nirgendwo hin.«
»Genau«, sagte der Admiral. »Aber ich verlange natürlich nicht, dass wir unser Trinkwasser dafür verwenden.« Er hielt die andere Flasche hoch. »Jeder pisst hier rein. Und das nehmen wir dann.«
Hayden schüttelte den Kopf, als Fanning tatsächlich seinen Hosenlatz öffnete und sich zu einer Demonstration anschickte. Vielleicht halluzinierte er. Das würde erklären, warum er sich einbildete, Admiral Fanning hätte über eine Schatzsuche gesprochen, und warum derselbe Admiral jetzt vorschlug, sie sollten in die Wände pissen.
»Was haben Sie vor?«, fragte er sarkastisch. »Sollen wir vier das Schiff nur mit der Kraft unserer Arme zurückerobern?«
Fanning schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Wir werden die Krähe zerstören. Ich kann nicht zulassen, dass militärische Ausrüstung aus Slipstreams Besitz in die Hände des Feindes fällt.«
»Ach so … und wie machen wir das?«
»Wir müssen die Brücke erreichen. Ich schlage vor, wir suchen uns ein Bullauge und kriechen hinaus …« Fanning sah, wie Hayden energisch den Kopf schüttelte. »Warum nicht?«
»Weil Winterpiraten, wenn sie zu viele Gefangene haben, den Überschuss außen an den Rumpf hängen. Deshalb werden sie dort einen oder zwei Mann als Wache eingesetzt haben.«
Alle drei Männer drehten sich um und sahen ihn an. »Und woher wissen Sie das?«, fragte Carrier.
Hayden zögerte, aber jetzt wollte ihm keine überzeugende Ausrede mehr einfallen. »Weil ich«, gestand er, »vor fünf Jahren von Piraten zwangsrekrutiert wurde.«
Sie machten sich nicht die Mühe, ihre Verblüffung zu verbergen. Endlich zuckte Carrier die Achseln und wandte den Blick ab. »Allmählich wird mir manches klar. Ich ahnte doch gleich, dass Sie nicht sind, was Sie zu sein schienen. Wurden Sie von den Piraten auch in den Fanningschen Haushalt eingeschleust?«
»Nein! Ganz sicher nicht.« Jetzt hatte er es geschafft. Selbst wenn ihn die Piraten nicht töteten, würde ihn Fanning hinter dem Schiff herschleppen lassen, bis er erfroren wäre, oder er würde ihn vor versammelter
Mannschaft erschießen lassen. Wenn er fast - aber nicht ganz - die Wahrheit sagte, hätte er immerhin eine schwache Chance, einem solchen Schicksal zu entgehen. »Ich … ich konnte irgendwann fliehen und habe mich nach Rush durchgeschlagen. Es ist wahr, ich habe mir einen Lebenslauf ausgedacht, das hatte ich von einem Spion auf der Station gelernt, für den ich arbeitete. Aber ich habe für niemanden spioniert. Ich suchte wirklich Arbeit.«
Carrier zog eine Augenbraue hoch. »Interessant«, sagte er. »Und Sie erwarten tatsächlich, dass wir Ihnen das glauben?«
»Mit der Frage befassen wir uns später«, sagte Fanning. »Im Moment möchte ich wissen, woher Ihnen bekannt ist, wie Winterpiraten mit ihren Gefangenen verfahren.«
»Äh …« Hayden blinzelte. War es Fanning wirklich gleichgültig, dass er, Hayden, sich mit falschen Angaben eine Anstellung bei seiner Frau erschlichen hatte? Lebte der Admiral so ausschließlich im Hier und Jetzt, wie es den Anschein hatte? »Nun ja«, sagte er, »ich wurde auf das Piratenschiff Wilsons Rache gebracht und war dort irgendetwas zwischen einem Sklaven und einem Lehrling. Fliehen konnte ich nicht; aber ich konnte mich auf dem ganzen Schiff frei bewegen.«
Fanning winkte ab. »Eben wie ein Zwangsrekrut«, sagte er. »Erzählen Sie mir von den Gefangenen.«
Hayden übernahm die Flasche und versuchte während der Prozedur, seine Gedanken zu ordnen. »Äh … hm … das Piratenleben war so ziemlich die glanzloseste Angelegenheit, die man sich vorstellen kann.
Man überfiel Fischerboote und Vogelfänger und verkaufte das Gerät und die Netze an Orten wie Warea. Das Geld reichte kaum für das Essen, seine Munition musste man horten, und an Bier war nicht zu denken, es sei denn, man braute es selbst. Es war fast immer düster, trostlos und ohne Hoffnung.«
Fanning kratzte da, wo der Raketenschacht am Rumpf verschraubt war, etwas Dichtungsmasse zwischen den Planken heraus. Sobald ein fingergroßes Loch entstanden war, steckte er den Hals der jetzt vollen Flasche hinein
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