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Virga 01 - Planet der Sonnen

Titel: Virga 01 - Planet der Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Schroeder
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kollidierte.
    Nichts von alledem geschah. Nur seine Finger und Zehen wurden taub, und er wurde allmählich langsamer. Das Problem war jetzt, dass er bald im Innern einer Wolke festsitzen würde, wo ihn niemand sehen konnte. Solange der Kampfeslärm anhielt, würde ihn auch niemand hören. Es waren schon Menschen verdurstet, nachdem sie irgendwo im Leeren gestrandet waren. Wäre er nicht so kopflos geflohen, dann hätte er wenigstens ein Paar Schwimmflossen mitgenommen.
    Gerade als er sich klarmachte, dass ihm der Luftstrom alles dergleichen vom Leib gerissen hätte, wurde es in der Wolke so hell wie im Innern einer Flamme.
    Er hob eine Hand vor die Augen und drehte sich weg, aber das Licht war überall und verteilte sich durch die gesamte Wolke. Sekunden später rollte eine gewaltige Hitzewelle heran, und Hayden sah verwundert, wie sich die Wolke einfach auflöste und davonzog wie ein zu Ende gegangener Traum.
    Die Hitze stieg weiter. Hayden spähte durch seine Finger und sah zwischen sich und einer unglaublichen Helligkeit eine Silhouette. Der Schlachtkreuzer von Slipstream löste sich auf, die Flammen, die ihn einhüllten,
waren zu matt, um neben Aeries neuer Sonne wahrgenommen zu werden.
    Obwohl Hayden langsamer wurde, entfernte er sich immer noch von der Schlacht. Das rettete ihm das Leben, denn in den nächsten Sekunden wurde alles, was sich im Umkreis der neuen Sonne befand, restlos zerstört. Für seine Mutter machte das keinen Unterschied mehr: Sie und alle ihre Mitstreiter waren schon in den ersten Sekunden vom Licht der neuen Sonne getötet worden. Offenbar hatten sie sie lieber selbst entzündet, als sie Slipstreams zu überlassen.
    Die Helligkeit erreichte einen schmerzhaften Höhepunkt und verblasste jäh. Hayden begriff noch, dass der kugelförmige Wischer, der aus dem orangeroten Nachglühen heraushuschte, eine Druckwelle war, da traf sie ihn schon wie eine Mauer.
    Er verlor das Bewusstsein und trudelte hinein in die blau-graue Unendlichkeit des Winters, wo es keine Zivilisation und keine Hoffnung gab.

2
    Die Kopfschmerzen waren heute nicht ganz so schlimm, dennoch tasteten Venera Fannings Finger wie von selbst nach der kleinen Narbe an ihrem Unterkiefer, als sie die geflieste Galerie betrat, die ihre Privatwohnung von den Amtsräumen der Admiralität von Slipstream trennte. Der hohe, von Säulen getragene Balkon führte fast um die gesamte Breite des königlichen Habitatrads von Rush herum; sie musste ihn zwangsläufig mehrmals am Tag durchqueren. Jedes Mal durchlebte sie dabei aufs Neue die endlose Zeitspanne nach dem Einschlag der Kugel, als sie hier auf dem Boden gelegen und auf den Tod gewartet hatte. Elend, von aller Welt verlassen.
    Sie würde die Galerie nie wieder alleine betreten. Sie wusste, dass sie damit allen in ihrer Umgebung ein Zeichen von Schwäche gab, aber sie musste hier die Schritte des Dieners hinter sich hören, auch wenn sie ihm nicht in die Augen sah, um nicht eingestehen zu müssen, was sie empfand. Das Heulen des Windes draußen war außer dem Klappern ihrer Absätze und den Schritten des Mannes hinter ihr das einzige Geräusch.
    Obwohl dieser verdammte Balkon Erinnerungen wachrief, so oft sie den Fuß darauf setzte, hatte ihn Venera
nicht einreißen und neu aufbauen lassen, wie ihre Schwestern es getan hätten. Vielleicht würde sie es tun, wenn der Schmerz aufhörte, der jeden Morgen, jeden Mittag und jede Nacht durch ihre Schläfen kroch. Doch wenn sie fragte, wann das sein würde, wechselten die Ärzte immer nur diese stummen Blicke bei halb geschlossenen Lidern.
    Venera riss die Doppeltür zur Admiralität auf. Lärm und eine Wolke aus Tabaks-, Schweiß- und Ledergeruch schlugen ihr entgegen. Gleich hinter der Tür durchwühlten sechs Pagen beiderlei Geschlechts einen Aktenschrank. Ihre Paradeschwerter schlugen klirrend gegeneinander, als führten sie unbewusst einen Kampf. Venera umging sie geschickt und schob sich als Nächstes an zwei Offizieren vorbei, die sich mit hochroten Köpfen über ein welkes Blatt Papier hinweg anbrüllten. Sie wich einem Bücherwagen aus, dessen Fahrer hinter den wackeligen Stapeln nicht zu sehen war, hatte nach drei weiteren Schritten das Vorzimmer der Admiralität erreicht und geriet mitten ins Tohuwabohu einer Behörde, die sich zum Krieg rüstete.
    Der Vorraum wurde von einer niedrigen Holzschranke in zwei Bereiche unterteilt. Die Wartezone zur Linken war bis auf einige Lehnstühle für ältere Besucher leer. Rechts waren mehrere

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