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Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne

Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne

Titel: Virgil Flowers 03 - Bittere Suehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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eine ganze Woche umeinander herum, und sie hatte ihm ziemlich deutlich signalisiert, dass sie sich nach Dr. Flowers’ Spezialkur für die Damenwelt sehnte.
    Virgil wusch sich, zog vorsichtig die Tampons aus der Nase – das schmerzte höllisch –, rasierte sich und legte Old Spice auf, ein männliches Deo, kein Parfüm, selbst wenn man ein wenig davon unter die Hoden gab …
    Am Schluss überprüfte er sein Äußeres in der Spiegeltür des Motelzimmers: langärmliges Hemd, Ärmel bis zu den Ellbogen hochgerollt, der zweite Knopf lässig offen, ausgewaschene Boot-cut-Jeans über hochglanzpolierten Cowboystiefeln mit blaugrüner Thunderbird-Stickerei an den Seiten. Frauen liebten Männer mit geputzten Stiefeln.
    Nicht übel, dachte er. Trotz Alu-Schiene und blauen Flecken im Gesicht. Eine Frau mit Stil wäre in der Lage, all das zu ignorieren.
     
    Es klopfte an der Tür zu seinem Motelzimmer, und er dachte: Nein.
    Er spielte mit dem Gedanken, das Licht auszuschalten, sich auf den Boden im Bad zu legen und die Luft anzuhalten …
    Erneutes Klopfen, diesmal lauter. »Officer Flowers, bitte, ich brauche Ihre Hilfe.«
    Er öffnete die Tür.
    Die Frau, die davorstand, kannte er nicht. Sie war über fünfzig, trug Trekking-Shorts, ein Hawaiihemd sowie eine Brille mit rosafarbenem Gestell an einer Schnur. »Mir wurde gesagt, dass ich Sie hier finden kann.«
    »Von wem?«
    »Von dem Mann an der Rezeption.«
    »Ich wollte gerade weg …«
    Sie deutete auf ein anderes Motel, ein größeres, höheres als das seine. »Ich wohne da drüben. Mein Mann und ich verbringen die Woche hier.«
    »Ich bin nicht für örtliche Angelegenheiten zuständig …«
    »Ich glaube, es ist Little Linda«, verkündete sie.
    »Little Linda«, wiederholte Virgil.
    »Ja. Mein Mann meint zwar, wir sollten uns nicht einmischen, aber jetzt sind wir vier Tage hier, und sie hören einfach nicht auf. Sie sind ohne Unterlass zugange. Ich hab den Jungen ein paarmal aus dem Zimmer gehen und Essen holen sehen, sie jedoch überhaupt noch nicht zu Gesicht bekommen. Dafür höre ich sie die ganze Zeit. Ich kenne Sie aus der Zeitung und dachte mir, ich erzähle Ihnen das.«
    »Wenn Sie sie nicht gesehen haben …«
    »Doch, habe ich. Vor zehn Minuten, als ich zur Lodge zurückgekommen bin. Sie trug einen großen Hut, den sie ein bisschen zurückgeschoben hat. Ich habe sie sofort erkannt. Sie sind die Treppe hoch und haben sofort wieder angefangen.«
    »Sind Sie sicher, dass es Little Linda ist?«
    »Ja. Das Mädchen wird nicht gefangen gehalten, das steht fest. Sie ist mit einem Jungen da drinnen, der aussieht, als wäre er sechzehn. Die beiden kennen einander ziemlich gut.«
    Virgil hatte in der vergangenen Woche mit vielen Polizisten gesprochen. Service fiel ihm ein, weil der ein netter Kerl war und ihm gesagt hatte, dass er aus dem Ort stamme. Sanders wollte er nicht informieren, weil der vielleicht von Virgil erwartete, dass er mitkam …
    Also ließ er sich von der Sheriff-Verwaltung die Privatnummer von Service geben. Seine Frau ging ran und reichte den Hörer an Service weiter.
    »Ich kann Ihnen nicht sagen, warum, aber kommen Sie bitte gleich rüber«, bat Virgil ihn.
    Während Service sich auf den Weg machte, unterhielt Virgil die Frau – sie hieß Debbie – mit der Geschichte von dem auf Slibes Grund vergrabenen Paar.
    Zehn Minuten später traf Service ein.
    »Darf ich Ihnen Debbie vorstellen? Debbie, das ist Service.«
     
    Debbie und Service verschwanden in Richtung Lodge. Fünf Minuten später ertönten in verschiedenen Teilen der Stadt gleichzeitig Sirenen, und Virgil kehrte in sein Zimmer zurück, um sich noch einmal die Zähne zu putzen. Als er wieder hinaustrat, hatte sich eine ganze Schar Streifenwagen vor der Lodge versammelt.
    Virgil wollte zu Sig. Er stieg in seinen Truck, lenkte ihn über den Parkplatz, ließ den Motor laufen, ging in die Lodge zu Service, der ihm mit zufriedener Miene entgegenkam.
    »Ich hab sie«, jubelte er und streckte ihm die Hand hin. »Danke. Der Junge ist ihr Freund aus Apple Valley, von dem niemand wissen sollte. Der Sheriff ist von Bigfork unterwegs. Ich werde wahrscheinlich ein großes Lob kriegen, weil ich den Fall ganz allein aufgeklärt habe.«
    »Guter Service, was, Service?«
     
    Während der Fahrt zu Signy begann Virgils Herz schneller zu schlagen, und er spürte das Adrenalin in seinen Adern – trotz des langen, anstrengenden Tages. So hatten sich die Barbaren wohl früher gefühlt, dachte er, wenn sie

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