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Virtuelles Licht

Virtuelles Licht

Titel: Virtuelles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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ausgebildet worden bist ...«
    »In Knoxville«, sagte Rydell. »Ich war 'n Cop. Nur nicht sehr lange.«
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    »Schon gut, schon gut«, sagte Freddie, als wollte er, daß Rydell sich entspannte, vielleicht sogar, daß er ihn mochte. »Du bist richtig ausgebildet? Hast den ganzen Cop-Kram drauf?«
    »Na ja, sie versuchen, dir von allem 'n bißchen was mitzugeben«, antwortete Rydell. »Untersuchung am Tatort ... Wie heute in dem Zimmer da oben. Ich hab sofort gesehen, daß sie die Sache mit dem Superkleber nicht gemacht haben.«
    »Nein?«
    »Nein. Da ist so 'n chemisches Zeug in dem
    Superkleber, das sich mit dem Wasser in einem
    Fingerabdruck verbindet, verstehst du, und so ein Abdruck besteht zu rund achtundneunzig Prozent aus Wasser. Da gibt's also dieses kleine Heizgerät für den Kleber, ja? Das wird in eine normale Birnenfassung geschraubt. Dann verklebt man die Türen und Fenster mit Müllsäcken und so 'nem Zeug und schaltet das kleine Heizgerät an. Man läßt es vierundzwanzig Stunden laufen, dann kommt man zurück und reinigt das Zimmer.«
    »Und wie?«
    »Man macht die Türen und Fenster auf. Dann staubt man ab. Aber im Hotel haben sie das nicht gemacht.
    Denn da bleibt so ein Film auf allem zurück. Und ein Geruch ...«
    Freddie zog die Augenbrauen hoch. »Scheiße. Du
    bist ja fast so was wie 'n Techniker, Rydell, was?«
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    »Ist größtenteils gesunder Menschenverstand«, sagte er. »Zum Beispiel, daß man nicht aufs Klo geht.«
    »Nicht?«
    »Am Schauplatz eines Verbrechens nie die Toilette benutzen. Nicht spülen. Wenn man was ins Klo schmeißt — wie das Wasser abläuft ... Hast du schon mal bemerkt, daß es da drunter wieder nach oben geht?«
    Freddie nickte.
    »Also, vielleicht hat dein Verdächtiger gespült, nachdem er was reingeschmissen hat. Aber es
    funktioniert nicht immer so, wie es eigentlich soll, und es kann sein, daß es noch irgendwo da hinten drin rumschwimmt ... Wenn du reinkommst und noch mal spülst, ist es garantiert weg.«
    »Verdammt«, sagte Freddie, »das hab ich gar nicht gewußt.«
    »Gesunder Menschenverstand«, sagte Rydell und
    wischte sich den Mund mit einer Papierserviette ab.
    »Ich glaube, Mr. Warbaby hat recht mit dir, Rydell.«
    »Wieso?«
    »Er meint, daß du zu schade dafür bist, nur den Geländewagen zu fahren. Um ehrlich zu sein, Mann, ich war mir da nicht so sicher.« Freddie wartete, als dächte er, Rydell könnte das als Beleidigung auffassen.
    »Und?«
    »Du weißt, Mr. Warbaby hat diesen Stützapparat am Bein.«
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    »Ja.«
    »Erinnerst du dich an die Brücke, die dir aufgefallen ist, als wir hier raufgefahren sind?«
    »Ja.«
    »Und Warbaby hat dir doch das Bild von diesem
    Herzchen gezeigt, der Botin, nicht?«
    »Ja.«
    »Also«, sagte Freddie, »Mr. Warbaby ist der
    Meinung, daß die den Mann beklaut hat. Und sie lebt draußen auf dieser Brücke, Rydell. Und diese Brücke, Mann, das ist 'n ganz übler, beschissener Ort. Die Leute da draußen sind Anarchisten, Antichristen, kannibalische Motherfucker, Mann ...«
    »Ich hab gehört, daß es bloß 'n Haufen Obdachlose sind«, warf Rydell ein, der sich vage an einen Dokumentarfilm erinnerte, den er in Knoxville gesehen hatte, »die sich irgendwie durchschlagen.«
    »Nein, Mann«, sagte Freddie. »Obdachlose arme Schweine, die sind auf der Straße. Diese Motherfucker von der Brücke, die sind so 'ne Art besonders fiese Teufelsanbeter und so 'n Scheiß. Glaubst du, du kannst da einfach rausgehen? Keine Chance. Die lassen nur ihre eigenen Leute rauf, verstehst du. Wie 'ne Sekte. Mit Einweihungszeremonien und so 'nem Scheiß.«
    »Einweihungszeremonien?«
    »Schwarze«, sagte Freddie und überließ es Rydell, sich zu überlegen, daß er wahrscheinlich nicht die Hautfarbe der Leute meinte.
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    »Na schön«, sagte Rydell, »aber was hat das mit dem Stützapparat an Warbabys Knie zu tun?«
    »Dort hat er sich das Knie verletzt«, sagte Freddie.
    »Er ist rausgegangen, obwohl er wußte, daß er dabei sein Leben aufs Spiel setzte, um dieses kleine Baby zu retten, 'n kleines Mädchen«, fügte Freddie hinzu, als ob es ihm gefiele, wie das klang. »Diese Motherfucker von der Brücke, die machen nämlich solche Sachen.«
    »Was für Sachen?« fragte Rydell, der sich blitzartig an die Pooky-Bear-Morde erinnerte.
    »Sie stehlen Kinder«, sagte Freddie. »Und Mr.
    Warbaby und ich, wir können beide nicht mehr da rausgehen, Rydell, weil's diese Motherfucker auf uns abgesehen haben. Kannst du mir folgen?«
    »Ihr

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