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Virtuelles Licht

Virtuelles Licht

Titel: Virtuelles Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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war. Das sah er zum ersten Mal. Er hörte Musik, als er näher kam, und sah ein bläuliches Licht. Es kam von dem schmalen kleinen Neonschild, auf dem in blauen Großbuchstaben KOGNITIVE DISSIDENTEN stand.
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    Er blieb einen Moment lang stehen, hörte Wasser auf dem Transformator des Schildes zischen und ging dann einfach die Treppe runter.
    Die Stufen waren aus Sperrholz mit einem
    sandpapierartigen, rutschfesten Zeug drauf, aber er wäre trotzdem beinahe ausgerutscht. Auf halbem Wege wußte er, daß es sich um eine Bar handelte, weil er Bier und ein paar verschiedene Arten von Rauch riechen konnte.
    Und es war warm da unten. Es war, als ob man in ein Dampfbad ginge. Und voll. Jemand warf ihm ein Handtuch zu. Es war patschnaß und klatschte ihm gegen die Brust, aber er fing es, rieb sich damit das Gesicht und die Haare ab und warf es in die Richtung zurück, aus der es gekommen war. Jemand lachte, eine Frau, wie es klang. Er ging zur Bar hinüber und suchte sich einen freien Platz am Ende. Fischte ein paar Fünfer aus seinen durchnäßten Taschen und legte sie auf den Tresen. »Bier«, sagte er und schaute nicht auf, als jemand eins vor ihn hinstellte und die Münzen einkassierte. Es war eine von den in Amerika gebrauten, japanischen Marken, die an Orten wie Tampa nicht so angesagt waren. Er machte die Augen zu und trank etwa die Hälfte auf einen Zug. Als er die Augen aufmachte und das Bier absetzte, sagte jemand neben ihm: »Würfeln?«
    Er schaute zur Seite und sah einen kinnlosen Typen mit einer kleinen, pinkfarbenen Brille, einem kleinen, pinkfarbenen Mund und schütterem, sandfarbenem 276
    Haar, das glatt nach hinten gekämmt war und von etwas anderem als nur der Feuchtigkeit in dem Raum glänzte.
    »Was?« sagte Rydell.
    »›Würfeln‹, hab ich gesagt.«
    »Hab ich gehört«, sagte Rydell.
    »Und? Kannst gebrauchen?«
    »Äh, weißt du«, sagte Rydell, »alles, was ich im
    Moment brauche, ist das Bier hier, okay?«
    »Dein Telefon«, sagte der Mann mit dem
    pinkfarbenen Mund. »Oder Fax. Garantierte
    Verwürfelung, einen Monat lang. Dreißig Tage, oder die nächsten dreißig umsonst. Inland unbegrenzte Dauer.
    Wenn du Übersee brauchst, läßt sich auch drüber reden.
    Aber dreihundert für das Grundmodul.« All das kam in einem leiernden Tonfall raus, der Rydell an Stimmchips erinnerte, die in allerbilligstes Kinderspielzeug eingebaut waren.
    »Wart mal 'n Moment«, sagte Rydell.
    Der Mann zwinkerte ein paarmal hinter seinen
    pinkfarbenen Gläsern.
    »Du redest davon, was man mit 'nem Taschentelefon machen kann, stimmt's? So daß man der Telefongesellschaft nichts mehr zahlen muß?«
    Der Mann sah ihn bloß an.
    »Tja, danke«, sagte Rydell rasch, »ich weiß es zu schätzen, aber ich hab grade kein Telefon dabei. Wenn ich eins hätte, würd ich dein Angebot liebend gern annehmen.«
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    Der Mann sah ihn immer noch an. »'ch glaub, ich hab dich schon mal gesehen ...« Zweifel.
    »Nee«, sagte Rydell. »Ich bin aus Knoxville. Bin
    grade aus dem Regen reingekommen.« Er entschied,
    daß es an der Zeit war, das Risiko einzugehen, sich umzudrehen und sich den Laden genauer anzusehen, denn die Spiegel hinter der Bar waren völlig beschlagen; Wassertropfen liefen an ihnen herunter. Er schwang die Schulter herum und sah die Japanerin, die er damals in den Hügeln über Hollywood gesehen hatte, als er mit Sublett dort rumgekurvt war. Sie stand nackt auf einer kleinen Bühne, und ihre langen, lockigen Haare fielen ihr bis auf die Taille. Rydell hörte sich grunzen.
    »He«, sagte der Mann, »he ...«
    Rydell schüttelte sich, eine merkwürdige,
    automatische Bewegung, wie ein Hund, aber sie war immer noch da.
    »He. Kredit.« Wieder das Geleier. »Haste
    Probleme? Wülste vielleicht mal sehen, was sie über dich haben? Oder über jemand andren, wenn du die richtige Nummer hast ...«
    »He«, sagte Rydell, »warte. Die Frau da oben.«
    Die pinkfarbenen Gläser kippten nach oben.
    »Wer ist das?« fragte Rydell.
    »Das 'n Hologramm«, sagte der Mann mit einer völlig anderen Stimme und ging weg.
    »Verdammt«, sagte der Barkeeper hinter ihm, »du
    hast grade 'nen neuen Rekord darin aufgestellt, Eddie 278
    Scheißdreck loszuwerden. Hast dir 'n Bier verdient, mein Freund.«
    Der Barkeeper war ein Schwarzer mit kupferroten
    Perlen in den Haaren. Er grinste Rydell an. »Er heißt Eddie Scheißdreck, weil er so viel wert ist und man auch nicht mehr auf ihn geben sollte. Der hängt dein Telefon an 'ne Box ohne Batterie

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