Virulent
Angriff konzentrieren, möchte ich eine Sache klarstellen. Wir wissen, dass das hier eine Krisensituation ist und dass möglicherweise Amerikaner zu Schaden kommen werden. Aber wir wollen nicht, dass sie durch Leute zu Schaden kommen, die eigentlich dazu da sind, das Problem zu lösen. Verstanden?«
»Ja, Sir«, sagte Murray. »Verstanden.«
Murray war klar, dass Dawsey kontrolliert werden musste; er konnte nur hoffen, dass auch Dew Phillips das verstand. Vanessa Colburn trieb nicht einfach irgendwelche Spielchen.
Sie wollte Murray eindeutig loswerden. Und so wenig er diese Frau auch mochte, es gab eine Sache, mit der sie Recht hatte.
Der Kerl war tatsächlich ein verdammter Psychopath.
4
Du solltest deine Kinder nicht schlagen
Dew Phillips überfuhr eine rote Ampel an der Kreuzung Grant und Broadway. Er hatte sogar eine Polizeileuchte auf dem Dach seines Lincoln angebracht, in deren kreisendem Lichtstrahl der unablässig fallende Regen funkelte. Scheiß auf die Geheimhaltung. Zwei seiner Männer waren außer Gefecht gesetzt. Der mörderische Dawsey war wieder hinter Wirtsorganismen her.
Dew fragte sich, ob noch einer der Infizierten am Leben wäre, wenn Margaret eintreffen würde.
Thadeus McMillian senior saß an seinem Küchentisch und ließ Stephen, seinen fünf Jahre alten Sohn, auf seinem Knie auf und ab wippen. Stephen trug die flauschige, gelbe Pyjamahose, die er am liebsten hatte, und ein T-Shirt der Milwaukee Bucks. Er sah so verdammt süß aus. Stephen war ein gutes Kind. Tad junior? Kein gutes Kind. Sara? Kein gutes Kind.
Thadeus schob den Gedanken beiseite. Er wollte nicht über seine Tochter nachdenken.
Ein Dutzend leerer Bierflaschen stand vor ihm und hinterließ feuchte Ringe auf der Landkarte, die auf dem Tisch ausgebreitet war. Noch mehr Bierflaschen standen auf dem Boden,
zusammen mit einer halbleeren Literflasche Gin. Er selbst trank keinen Gin. Es war Jenny, seine Frau, die dieses Zeug in sich hineinschüttete.
Diese verdammte Alkoholikerin.
Sie hatte immer drei Martinis am Tag getrunken, bis Tad junior anfing, Ärger zu machen. Seither verzichtete sie auf die Martinigläser und goss ihren Gin in ihre Hello-Kitty-Kaffeetasse. Immer wenn sie einen Schluck nahm, schien ihn diese dämliche Zeichentrick-Katze anzustarren.
Auf eine Krücke gestützt, humpelte Jenny in die Küche. Sie konnte ihren Fuß nicht belasten, was verständlich war, wenn man das Ding sah (und Thad verspürte kein Verlangen danach, es jemals wiederzusehen). Weil Jenny sich weigerte, Ginny Kitty aus der Hand zu geben, wurde es noch schwieriger für sie, sich mithilfe der Krücke fortzubewegen.
Sie blieb gleich hinter der offenen Tür zwischen der Küche und der Treppe, die nach oben zu den Kinderzimmern führte, stehen.
Sie starrte ihn an. Sie und diese beschissene Katze.
»Was machen wir mit deinem Jungen?«, fragte sie.
Thadeus zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
»Er hat einen schlechten Einfluss auf Stephen und Sammy«, sagte sie. »Ich weiß nicht, warum du ihm alles durchgehen lässt.«
»Ich hab ihm Hausarrest gegeben«, sagte Thadeus. »Was können wir denn sonst noch machen?«
»Du könntest ihm Disziplin beibringen«, sagte sie. Thadeus sah beschämt zur Seite. Er hatte dem Jungen … vielleicht sogar ein bisschen zu viel Disziplin beigebracht. Er hatte seinen eigenen Sohn geschlagen. Direkt ins Gesicht. Das war kein Klaps gewesen, sondern ein Schlag. Wie konnte
er so etwas nur seinem eigenen Fleisch und Blut antun? Und doch, der Junge spielte verrückt. Irgendetwas musste getan werden.
»Thadeus«, sagte Jenny, »wir müssen gehen. Du weißt das. Sie sind fast fertig, und wir haben uns noch nicht einmal auf den Weg gemacht. Wir können Tad junior nicht mitnehmen, und wir können ihn auch nicht hier lassen.«
Er nickte langsam. Vielleicht hatte Jenny recht. Über vierzehn Jahre hinweg, seit ihrer ersten Verabredung, konnte er sich auf ihre klugen Ratschläge verlassen. Vielleicht erkannte sie das Offensichtliche und er nicht, er wusste es nicht. Vielleicht bedeutete er ihr so viel, dass sie ihm ihre strenge Liebe schenkte.
Er senkte den Blick und starrte geistesabwesend auf den Hinterkopf des kleinen Stephen. Junior war immer sein Lieblingssohn gewesen. Eigentlich sollte man ja kein Lieblingskind haben, er wusste das, und doch konnte er nichts dagegen tun, dass Junior sein Herz ein wenig mehr erwärmte als die anderen. Vielleicht war das der Grund, warum er so nachsichtig gewesen
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