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Vision - das Zeichen der Liebenden

Vision - das Zeichen der Liebenden

Titel: Vision - das Zeichen der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena , Javier Pelegrin
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schon da ist. Es schafft einen Leerraum und schwächt.«
    Alex stellte sich vor, wie David mit diesem kleinen Vortrag, den er sicher schon öfter gehalten hatte, seine Kunden zu überzeugen versuchte. »Ich weiß nicht, ob ich dich richtig verstanden habe«, sagte er, während er Davids Blick, ohne mit der Wimper zu zucken, erwiderte. »Soll das heißen, eure Tattoos sind magisch?«
    »Kommt drauf an, wie man es sieht. Streng genommen handelt es sich nicht um Magie. Wir geben unseren Kunden nichts, was sie nicht schon haben.«
    Alex musterte Janas Bruder einen Moment lang stumm. Er versuchte, in dessen feinen, ein wenig harten Gesichtszügen zu lesen.
    »Das ist ein Scherz, oder?«, fragte er und grinste.
    David zuckte die Achseln. »Kommt drauf an, wer du in Wirklichkeit bist.«
    »Okay. Ich kann verstehen, dass die Tattoos für euch eine spirituelle Bedeutung haben. Aber zu behaupten, sie würden die Fähigkeiten der Menschen beeinflussen, geht ein bisschen weit, oder?«
    »Woher willst du das wissen?« Von einem auf den anderen Moment hatte Davids Stimme einen schneidenden Tonfall angenommen. »Du hast keine Ahnung, wovon du redest.« Er drehte sich um, zog einen Schlüssel aus der Tasche seiner Jeans und steckte ihn ins Türschloss. Alex merkte, wie gereizt David war, aber etwas ließ ihm einfach keine Ruhe: Eine Frage musste er einfach noch stellen. »Und was macht Jana jetzt gerade mit diesem… Kunden?«
    David mühte sich einen Moment mit dem Schloss ab, bis sich der Schlüssel drehen ließ.
    »Das hab ich doch schon gesagt, sie entwirft ein Tattoo für ihn. Etwas ganz Persönliches, eine Art Talisman, den nur er tragen kann.«
    »Aha.«
    Alex blieb skeptisch. David schien das zu spüren, denn er drehte sich wieder zu ihm um.
    »Du solltest sie mal bei der Arbeit erleben.« Jetzt lächelte David zum ersten Mal wirklich offen. Er hatte strahlend weiße Zähne. »Sie ist die Seele unseres Geschäfts. Die Kunden glauben ihr jedes Wort. Wenn sie mit ihnen gesprochen hat, um herauszufinden, welchen Teil ihres Wesens sie in einer Zeichnung einfangen will, kommen sie jedes Mal ganz benommen ins Studio und verziehen meist nicht einmal das Gesicht, wenn ich mit der Arbeit anfange. Na ja, du weißt wahrscheinlich, was ich meine. Sie verführt einen, ohne einen auch nur anzusehen.«
    Als Alex an die Kunden dachte, mit denen Jana allein und in einem so intimen Rahmen zusammensaß, merkte er, dass er eifersüchtig war.
    »Eigentlich wollte ich mir nie ein Tattoo machen lassen«, sagte er, »aber jetzt könnte ich es mir schon vorstellen…«
    David betrachtete ihn nachdenklich. Dann trat er wortlos in den Raum, den er gerade aufgeschlossen hatte, und knipste eine Stehlampe links neben der Tür an, bevor er Alex hineinbat.
    »Das hier war die Bibliothek meiner Eltern. Nach ihrem Tod mussten wir einen Teil der Bücher verkaufen, um die Schulden zu bezahlen. Wie du siehst, sind trotzdem noch ziemlich viele übrig.«
    Staunend betrachtete Alex die Mahagoni-Bücherschränke, hinter deren Scheiben Tausende von Büchern aufgereiht standen, große und kleine, dicke und dünne, alle aufwendig in Leder gebunden und mit Goldprägung auf dem Rücken. Es gab auch einige Lücken in den Schränken, das stimmte schon, aber das, was noch da war, bot wahrscheinlich genug Lesestoff für ein ganzes Leben.
    »Wow«, sagte er bewundernd. »Deine Eltern müssen ganz besondere Menschen gewesen sein, wenn sie all das hier zusammengetragen haben.«
    »Eigentlich stammen die meisten Bücher von meinem Großvater, dem Vater meiner Mutter. Aber es stimmt, meine Eltern waren besondere Menschen.«
    »Schlimm, das mit dem Unfall«, sagte Alex unbeholfen.
    »Mehr als schlimm. Es war eine Katastrophe«, erwiderte David mit tonloser Stimme. »Ein Verlust, den man durch nichts wiedergutmachen kann.«
    »Mein Vater ist auch tot.« Alex bereute diesen Satz sofort. Er sprach nie über den Tod seines Vaters, nicht einmal mit seiner Mutter oder seiner Schwester. Und unter normalen Umständen wäre David sicher der Letzte gewesen, dem er sich hätte anvertrauen wollen.
    Janas Bruder war an den Schreibtisch getreten, der mitten im Raum stand. Zerstreut strich er über ein paar Bände, die darauf lagen. »Was du eben gesagt hast, dass du dir ein Tattoo machen lassen willst, meinst du das ernst?«, fragte er plötzlich.
    Alex überlegte nur einen kurzen Moment.
    »Ja, warum nicht?«, antwortete er dann und verzog den Mund zu einem leichten Lächeln. »Ich würde

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