Visionen Der Nacht: Der Geheime Bund
seine ruhige Entschlossenheit. Er wollte helfen. »Ich werde es ihm erklären.
Das ganze Gerede über Vampire – ich habe es ja nicht gewusst.«
»Ich gehe auch mit«, sagte Lydia. Sie hatte die beiden mit unverhüllter Neugier beobachtet. Kaitlyn machte es ausnahmsweise nichts aus, und sie warf Lydia einen dankbaren Blick zu, als sie sich gemeinsam auf den Weg machten. Das Mädchen mochte neugierig sein, eine Spionin, und sie hatte einen Vater wie aus einem Horrorfilm entstiegen – aber sie hatte ihr einen großen Gefallen getan. Das würde ihr Kaitlyn nicht so schnell vergessen.
Gabriel war nicht am Kai.
»Ist er auf der Jagd?«, fragte Rob besorgt.
»Ich glaube nicht. Er hat genug Energie von mir bekommen … « Kaitlyn brach ab, als Robs Umarmung fester wurde. Er schüttelte den Kopf.
»So geht das nicht weiter«, murmelte er. »Er könnte dich verletzen. Wir müssen uns etwas anderes ausdenken …« Wieder schüttelte er nachdenklich den Kopf.
Kaitlyn sagte nichts. Ihr Glück wurde etwas gedämpft. Mit Rob war sie wieder im Reinen, doch Gabriel steckte in Schwierigkeiten, die schlimmer waren, als Rob es sich vorstellen konnte. Sie konnte Rob nicht sagen, was sie in Gabriels Seele gesehen hatte.
Doch sie war absolut sicher, dass Gabriel nie wieder Hilfe von Rob annehmen würde, ebenso wenig wie von ihr.
Am nächsten Morgen stellte Kaitlyn überrascht fest, dass Gabriel wieder da war. Als sie mit Rob und Lydia in der Nacht ins Motel zurückgekehrt war, hatten nur Anna und Lewis auf sie gewartet.
Auf Robs Drängen hin hatte Kait ihnen, so gut es ging, Gabriels Zustand erklärt. Anna und Lewis waren entsetzt. Ihr Gerede vom Vortag tat ihnen leid, und sie versprachen, Gabriel zu helfen, so gut es ging.
Doch Gabriel wollte keine Hilfe. Am nächsten Morgen sprach er mit niemandem und sah Kait kaum an. In seinen Augen war ein merkwürdiges Glimmen, und Kait spürte Entschlossenheit – sonst nichts.
Er hofft, dass die Leute im weißen Haus ihm helfen können, dachte sie. Und abgesehen davon ist ihm alles egal.
»Wir sind finanziell am Ende«, sagte Anna. »Es reicht noch für Benzin und ein Frühstück, vielleicht etwas zum Mittagessen, aber dann …«
»Dann müssen wir das weiße Haus eben heute finden«, sagte Rob, immer Optimist. Doch Kaitlyn wusste, was er unausgesprochen ließ. Wenn sie es nicht fanden, mussten sie aufgeben, zu Dieben werden oder Lydias Kreditkarten benutzen und ihre Entdeckung riskieren.
»Überlegen wir noch einmal, was wir eigentlich suchen«, sagte sie. In Wahrheit meinte sie, dass es an der Zeit sei, auch Lydia einzuweihen. Ich glaube, wir
können ihr vertrauen, fügte sie hinzu, und Rob nickte. Lewis stimmte ihnen natürlich aus vollem Herzen zu. Kaitlyn machte sich ein bisschen Sorgen um ihn. Es war offensichtlich, dass er in Lydia vernarrt war, und Lydia machte ihr nicht gerade den Eindruck, als sei sie eine treue Seele.
Gabriel war der Einzige, der hätte widersprechen können, doch er saß am Fenster und behandelte die anderen wie Luft.
»Eine kleine Halbinsel mit Felsen«, begann Lewis prompt und grinste Lydia an.
»Mit Inuksuk«, ergänzte Anna. »Sie säumen beide Seiten der Halbinsel. Der Strand ist felsig, und dahinter folgen Bäume. Fichten und Tannen, glaube ich. Und vielleicht ein bisschen Besenginster.«
»Das Meer ist kalt und sauber, und die Wellen kommen nur von rechts«, fügte Kaitlyn hinzu.
»Und es heißt Griffin’s Pit oder so ähnlich«, sagte Rob anschließend und lächelte Kait an. Sein Lächeln hatte an diesem Morgen noch immer etwas Entschuldigendes. Kait hüpfte das Herz.
»Oder Wyvern’s Bit oder auch Whiff and Spit«, warf sie ein und lächelte zurück. »Und gegenüber ist eine Klippe«, erklärte sie Lydia, »obwohl es ein Rätsel ist, wie so etwas zustande kommt, es sei denn, es ist noch eine kleine Insel da. Auf der Klippe steht ein weißes Haus, und da wollen wir hin. «
Lydia nickte dankbar. Sie war nicht dumm und hatte alle Informationen aufgenommen. »Wo suchen wir dann also heute?«
»Werfen wir doch wieder eine Münze«, sagte Lewis, doch Rob meinte: »Lasst doch Kaitlyn entscheiden.« Als Kait ihn verwundert ansah, fügte er ernsthaft hinzu: »Du hast eine gute Intuition. Ich vertraue … deinem Instinkt.«
Kaitlyn spürte die Tränen kommen. Sie verstand schon, was er meinte: Er vertraute ihr tatsächlich.
»Dann fahren wir heute die Westküste entlang. Das Wasser hat sich gestern noch nicht ganz richtig angefühlt. Es
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