Vivere Militare Est - Leben heißt zu kaempfen
Wimpern hervor. Fassungslos starrte Elias in den Spiegel, den er mir vorsichtig aus der Hand nahm. Seine Hände zitterten ein kleines bisschen und es herrschte absolute Totenstille. Ich öffnete auch mein anderes Auge und beobachtete meinen Freund. Seine sonst so weiße, Porzellanhaut war nun rosig und wie bei einem Menschen mit Irritationen und leichten Unreinheiten versehen. Ängstlich sah er mich über den Rand des Spiegels an und etwas begann gefährlich in seinen Augen zu glitzern.
»Was hat das zu bedeuten?« Sein Magen knurrte und er hielt eine Hand davor.
»Du hast Hunger«, stellte ich erschrocken fest. So wie es aussah, war mein unsterblicher, wunderschöner Vampirprinz in einen Menschen verwandelt worden und irgendjemand würde dafür büßen müssen. Dies war ein unausgesprochenes Versprechen, welches ich in seinen ansonsten so sanften, grünen Augen lesen konnte, auch wenn Tränen seine Sicht trübten.
»Sie sind glasklar«, sagte ich und wischte mit meinem Daumen etwas des salzigen Wassers von seinen Wangen. »Kein Blut.«
»Ich bin ein Mensch, oder?«, fragte er und sein Unterkiffer zitterte. Ich krabbelte auf seinen Schoß und zog ihn in meinen Arm. Noch lange bevor er reagieren konnte, brach ich in Tränen aus und durchnässte sein T-Shirt. Zu meinem Erstaunen blieb er ganz ruhig und zeichnete nur gelegentlich meine Wirbelsäule nach, kraulte meinen Rücken oder hielt mich einfach nur fest.
»Hast du keine Angst?«, fragte ich ihn und schluckte.
»Doch.«
»Aber?«
»Miriam?« Seine grünen Augen flehten mich an. »Wirst du - ich meine«, begann er zu stammeln, »wenn Hallow diesen Fluch nicht mehr von mir herunterbekommt und ich ein Mensch bleiben muss, wirst du dann …?« Er seufzte und ich nahm seinen Kopf zwischen meine Hände.
»Du willst mich doch nicht ernsthaft fragen, ob ich dich auch als Mensch liebe, oder?« Ich wäre wütend geworden, wenn er nicht einmal kurz, aber laut, aufgeschluchzt hätte. »Ich will dir etwas zeigen.« Ich ließ ihn los und zeigte ihm meinen linken Unterarm. »Nimm meine Hand und schau auf meinen Arm«, befahl ich ihm. Zögernd schob er seine warme Hand in meine und die kleinen Härchen auf meinem Unterarm stellten sich auf.
»Siehst du? Ob warm oder kalt, ob Vampir oder Mensch, deine Nähe wird mich immer vor Liebe erschauern lassen.«
»Ich habe solch Angst, Miriam. Ich bin ein Fremder in meinem eigenen Körper, der verzweifelt versucht mir irgendwelche Dinge mitzuteilen, die ich nicht verstehe.«
Ich lächelte ihn beruhigend an. »Ich werde dir helfen.« Elias, ein Mensch. Kaum zu glauben. Ab sofort war er verletzlicher als ich und der Gedanke ließ mir einen kalten Schauer den Rücken hinunterlaufen. Wie hielten das normale Menschen nur aus? Ich meine, wie werden Otto Normalverbraucher und Bettina Mustermann nicht krank vor Sorge um den Partner? Da draußen lauerten ja so viele Gefahren und ich war es gewohnt, einen Freund zu haben, der beinahe unverwüstlich war und nun musste ich mir Sorgen machen, dass er sich kein Bein brach oder die Grippe bekam. Vor allem, da er nun einen schwächeren Körper einschätzen musste, der sicherlich kaum Abwehrkräfte besaß. Wovon auch? Das Leben ist schon verdammt gruselig, wenn man ein normaler Mensch ist. Ich schob den Gedanken beiseite.
»Also, was macht man als Mensch morgens so?«, sinnierte ich und Elias versuchte sich an einem Lächeln.
»Sag du es mir.« Himmel, wenn Elias jetzt für eine Zeit lang ein Mensch war, boten sich ja so viele Möglichkeiten! Wir konnten endlich mal zusammen frühstücken, schick Essen gehen oder einfach nur auf der Couch lümmeln und irgendwelchen Müll in uns hineinstopfen. Was ich ihm nicht alles zum Probieren geben wollte: Schokolade, Hamburger, Pizza - oh ja Pizza und zwar viel davon! Herrje, ich sollte mich schämen, seine Situation so auszunutzen. Trotzdem flatterten tausend Schmetterlinge in meinem Bauch herum, die alle im Kino mit ihm gemeinsam Popcorn essen wollten. Normalerweise tat das nur ich und er aß gar nichts, na ja außer einmal, da hatte er mich im Kino gebissen, sehr zur Freude seines Sitznachbarn, der panisch den Saal verlassen hatte. Wie ihm wohl Cola schmecken würde? Endlich lernte Elias mal mein Leben kennen. Na ja, nicht ganz – wie es ist, sich in ein Tier zu verwandeln, würde er leider nie erfahren. Schade, denn das hätte ihm sicher nichts ausgemacht, im Gegenteil. Elias bewunderte Gestaltwandler regelrecht für diese Fähigkeit. Zugeben würde
Weitere Kostenlose Bücher