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Vogelfaenger

Titel: Vogelfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Dunker
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meine.«
    »Ach, ja?« Er schaut wieder Ida an. »Sie scheint mich aber gut zu kennen. Bisschen vermessen, deine Begleiterin, was? Bisschen falsche Selbsteinschätzung, kann das sein?« Er zitiert einen Satz aus dem Zeitungsartikel über mich: »
Angetrunken, gedankenlos und ohne jedes Verantwortungsgefühl ließ sie ihren schwer verletzten Freund im Straßengraben liegen.
Ich hoffe, Täubchen, du weißt, werein Freund ist und wer nicht. Aber apropos Hunde, ich hab gehört, hier machen die das auch. Das, was wir damals in Markus’ Auftrag gemacht haben. Giftköder auslegen, um Greifvögel zu dezimieren und so.« Er pfeift seine Handymelodie. »Kann immer mal sein, dass auch ’n Hund da rangeht oder … na, dir brauche ich ja nichts zu erklären. Du warst ja dabei, du weißt es selbst am besten.«
    Ida hebt jetzt den Kopf. Ihre Augen sind weit aufgerissen, ich kann das Weiße leuchten sehen. Mir läuft es eiskalt über den Rücken. Vielleicht hätte ich vorhin doch zuhören sollen, als sie mir von der Jagd auf Vögel erzählen wollte. Mein Gott, verstehe ich das richtig: Will dieser Verrückte andeuten, dass er Giftköder ausgelegt hat, die Rocky fressen soll? Ist der total irre?
    Ich möchte den Kerl packen, möchte ihn schütteln und würgen, aber obwohl er ein weites T-Shirt mit ziemlich langen Ärmeln trägt, kann ich seine Muskeln darunter gut sehen und habe keinerlei Zweifel, dass er die auch gegen mich einsetzen wird. In einer Rangelei hätte ich nicht den Hauch einer Chance. Mir fehlt jede Handhabe, ihn dazu zu bringen, mir Rockys Aufenthaltsort zu verraten.
    »Was willst du, Vogelfänger?«, fragt Ida und zieht danach so hektisch an der Zigarette, als hinge ihr Leben davon ab.
    Er zuckt die Achseln und lächelt so freundlich, als säße er in einem Bewerbungsgespräch. »Hab ich doch gesagt: Gucken, ob’s dir gut geht, einen Spaziergang machen.« Dann lässt er ein Glucksen hören,zwinkert ihr zu und ergänzt: »Aber natürlich ohne die da.«
    »Die da heißt Nele«, sage ich, aber weder er noch sie beachten mich.
    Ida nickt mehrmals mit dem Kopf, wirft die Zigarette weg und geht los. Geht einfach los, ohne mich zum Mitkommen aufzufordern oder etwas zu sagen. Ich folge ihr daher nicht. Ihr Ex schon. Er wirft mir ein eiskaltes, berechnendes Lächeln zu und holt »sein Täubchen« im Nu ein. Legt den Arm um sie. Ihre Schultern werden steif, aber sie schüttelt ihn nicht ab. Zippen des Feuerzeugs. Knirschender Kies. Aufsteigender neuer Zigarettenrauch. Sie entfernen sich. Schritt für Schritt gehen sie, steif, aber doch zusammen, sie gehen und ich bleibe stehen. »Dafür haben wir die ganze Nacht Wache gehalten«, flüstere ich, und: »Du verrätst Rocky, du lässt uns beide im Stich.«
    Ich flüstere diese Worte, die niemand außer mir hört. Die beiden gehen davon, unsere Beschützerjungs sind ausgeschaltet und fort und meine Eltern kann ich nicht anrufen, weil mein Handy kaputt ist und Ida ihres bei sich trägt. Ich bin hundeseelenallein, Rocky ist vielleicht vergiftet und meine Freundin verzieht sich mit dem, der die Schuld an allem trägt.
    Warum ist eigentlich mein Gesicht so nass? Verdammt, mir läuft der Rotz aus der Nase und ich habe nicht einmal ein Taschentuch.

34
    Er nimmt ihre Hand. Meine Freundin verbündet sich mit dem Mann, der mich im Bootskeller eingeschlossen, einen Wespenschwarm auf mich gehetzt und meinen Hund entführt hat. Das ist unglaublich.
    »Na, feiern die beiden Turteltäubchen jetzt Versöhnung und du guckst in die Röhre?« Herr Rotter steht neben mir, zieht mal wieder seine zu weite Hose über den dicken Bauch und stößt einen Lacher aus, der auch ein Rülpser sein könnte. »Aber guten Kaffee kann sie machen.«
    »Halten Sie sich bitte raus«, sage ich und wische mir hastig die Tränen ab.
    »Nichts lieber als das«, entgegnet er prompt. »Ich bin nicht wild darauf, den Anstandswauwau in diesem Teeniedrama zu spielen. Zu Hause wartet meine Frau mit dem Mittagessen. Ich mache mich jetzt auf die Socken. Grüß die Radfahrer von mir!«
    »Sie haben versprochen zu bleiben, Herr Rotter«, beharre ich, obwohl ich weiß, dass es zwecklos ist.
    »Ihr wisst doch gar nicht, was ihr wollt! Ich soll mich raushalten, ich soll hierbleiben; der Ex ist blöd, der Ex kriegt Küsschen. Da, guck!« Er zeigt auf Ida und Lars, die sich nun eng gegenüberstehen, er hat den Arm um sie gelegt. »Sieht das nach Rosenkrieg aus?«
    »Und mein Hund?«
    »Über den Hund haben sich die Leute beschwert!«

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