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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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sich schmutzig und elend und wünschte sich mehr denn je, diesen unwirtlichen Ort verlassen und nach Hause zurückkehren zu können.
    In der fünften Woche seines unfreiwilligen Aufenthalts in Schottland war die Ernte eingebracht und das Vieh auf die abgemähten Felder getrieben worden, um die Getreidestoppeln abzufressen. Dylan bekam eine andere Arbeit zugeteilt: Er sollte in einem Moor oberhalb des Sees beim Stechen von Torfsoden helfen.
    Er arbeitete mit einem Mann namens Robin zusammen; dieser benutzte eine Art Hacke mit L-förmiger Klinge, um ungefähr ziegelsteingroße Torfstücke aus dem Boden zu stechen. Dylan stapelte sie dann in große Körbe, die von kleinen, zottigen, garrons genannten Pferdchen getragen wurden. Dylan fand, dass die Tiere große Ähnlichkeit mit Shetlandponys hatten. Die Arbeit ging schweigend vonstatten, da Robins Englisch genauso zu wünschen übrig ließ wie Dylans Gälisch, dennoch kamen die beiden Männer gut miteinander aus. Jeder erledigte seine Aufgaben rasch und geschickt, und obgleich sie jeden Abend auf dem Heimweg zur Burg, wo sie die Torfziegel zum Trocknen auslegten, versuchten, sich mühsam miteinander zu unterhalten, erfuhr Dylan nur wenig über Robin. Sein Nachname lautete Innis, und er war ein entfernter Vetter mütterlicherseits von Iain; abgesehen von dem kastanienbraunen Haar und der schlanken Gestalt ähnelte er jedoch mehr den Mathesons, er hatte auch dieselben blauen Augen wie fast jedermann sonst hier.
    Auf dem Hügel oberhalb des Torfmoors waren einige Frauen damit beschäftigt, Getreide in die Luft zu werfen, damit der Wind die Spreu davontragen konnte. Dylan verrenkte sich den Hals, um zu sehen, ob die junge Blondine unter ihnen war, hatte aber kein Glück.
    Wieder kam ein Sonntag heran, die Männer ruhten sich aus, gingen jedoch nicht zur Kirche, da der Gemeindepriester das Tal nur alle paar Wochen besuchte. Obwohl die Luft immer noch kalt war, hatten die schwachen Sonnenstrahlen die meisten Leute ins Freie gelockt. In der Nähe des Seeufers spielte eine Horde von Jungen mit einem braunen Lederball Fußball; einige trugen Kilts, andere nur lange Hemden. Ranald rannte am Feldrand auf und ab und feuerte die Spieler kreischend an. Dylan beobachtete sie eine Weile, wobei wehmütige Erinnerungen an seine eigene Zeit auf dem Fußballfeld in ihm aufstiegen. Dann ging er zur Südseite der Burg hinüber, um den spärlichen Sonnenschein auszukosten; hier speicherten die Steine die meiste Wärme.
    Die grünen, braunen und grauen Gipfel der Berge spiegelten sich im silbernen Wasser des Sees wider, der, wie er inzwischen wusste, Loch Sgàthan hieß. Dylan lehnte sich gegen die Mauer und seufzte, als sich seine schmerzenden Muskeln ein wenig lockerten. Noch nie zuvor hatte er an einem so entsetzlich kalten Ort gelebt wie diesem, und daher empfand er sogar die schüchterne Wärme, die die Steine hinter ihm ausstrahlten, als überaus angenehm. Eine Weile döste er träge vor sich hin und genoss es, sich endlich wieder wie ein Mensch und nicht wie ein Eisklotz zu fühlen. Die anderen Männer hielten sich in der Burg oder in ihren Unterkünften auf, wo sie sich mit Schach oder Backgammon die Zeit vertrieben. Obwohl Dylan gerne und gut Backgammon spielte, zog er es vor, den Sonnenschein auszunutzen, statt seine Kameraden zu einem kleinen Spielchen aufzufordern; wahrscheinlich würde er ohnehin nur Scherereien bekommen.
    Er musste wohl eingenickt sein, denn er wurde von einem leisen Gesang in der Ferne geweckt. Frauenstimmen wehten zu ihm herüber, vom See her, wie er annahm. Er hielt sich eine Hand über die Augen und blinzelte zu der Weide hinüber, deren Zweige bis ins Wasser hingen. Tatsächlich entdeckte er eine Gruppe von Frauen in hellen Kleidern und gelben oder roten Blusen, die Wäschestücke in großen, hölzernen Zubern einweichten und sie dann mit den Füßen durchstampften; es sah aus, als würden sie Wein keltern. Diese Methode erschien Dylan weitaus kräftesparender und angenehmer als das mühsame Gerubbel auf einem Waschbrett.
    Er stand auf und schlenderte zu den Frauen hinüber, um ihnen eine Weile zuzuhören. Die Art des Gesangs faszinierte ihn; eine Frau schien immer eine Strophe vorzusingen, worauf die anderen im Chor antworteten. Die Melodie des Liedes erinnerte ihn an einen seiner Lieblingsoldies zu Hause, einen Rock-'n'-Roll-Song mit dem Titel Doo Wah Diddy. Mit einem Mal wurde ihm leichter ums Herz, und er begann, leise vor sich hin zu summen; tatsächlich

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