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Vogelfrei

Titel: Vogelfrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julianne Lee
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gesagt habe. Und du wirst für jeden Tag, an dem du die fraglichen Weiden widerrechtlich genutzt hast, einen schottischen Schilling Strafe zahlen. Falls du das Geld nicht hast, zahlst du in Naturalien. Solltest du dein Vieh noch einmal auf fremdem Land weiden lassen, verbringst du ein paar Wochen im Gefängnis. Hast du mich verstanden?«
    Colin zögerte lange und rang sichtlich mit sich, ehe er knurrte: »Aye.«
    Als Sinann Dylan die Worte des Lairds übersetzt hatte, fragte dieser ungläubig: »Verstehe ich das richtig? Er hat sozusagen Gras gestohlen?«
    »Gras ernährt das Vieh, und das Vieh ernährt die Menschen. Die Mathesons leben von dem, was das Land ihnen schenkt, doch ihre Ländereien werden von Jahr zu Jahr kleiner. Die Engländer und die Whigs nehmen uns so viel davon weg, wie sie nur können. Das Vieh bekommt im Winter nicht mehr genug Futter, daher kann es von ein paar Grashalmen abhängen, ob eine Kuh eingeht oder den nächsten Frühling erlebt. Sterben zu viele Kühe, dann hat eine werdende Mutter vielleicht nicht genug zu essen, und dann ist die Gefahr groß, dass sie ein totes oder ein kränkliches Kind zur Welt bringt. Du siehst, Colin Matheson hat ein schweres Verbrechen begangen.«
    Dylan konnte ihr da nur zustimmen.
    Der nächste Fall betraf eine noch sehr junge Frau, die scheinbar schwanger war, obwohl sich das aufgrund des weiten, sackartigen Kleides, das sie trug, nicht mit Bestimmtheit sagen ließ. Der Mann, der neben ihr stand und sie am Ellbogen gepackt hielt, war offenbar ihr Vater. Er schien vor Wut zu schäumen. Dylans Verdacht bestätigte sich, als Sinann ihm erklärte, dass das Mädchen, Iseabail Wilkie, der Hurerei bezichtigt wurde. Ihr Vater Myles Wilkie schüttelte sie und sprach erregt auf sie ein; er versuchte wohl, sie dazu zu bringen, den Vater des Kindes zu nennen, doch sie starrte nur zu Boden und schwieg beharrlich, obwohl ihr die Tränen über die Wangen strömten.
    »Dabei weiß jeder, wer der Vater ist«, sagte Sinann leise. Dylan sah sie erstaunt an. »Es ist Marsailis Mann, Seóras Roy Matheson.« Sie deutete auf einen mageren, schweigsamen Mann mit dunklem Haar, der, umgeben von drei Kindern, am anderen Ende der Halle an der Wand lehnte. Auch er blickte zu Boden; sein Gesicht war totenblass.
    lain stellte den Wilkies einige Fragen, und Dylan bat Sinann, sie ihm zu übersetzen.
    »Er will wissen, ob das Mädchen irgendwo Verwandte hat, die es aufnehmen würden«, sagte die Fee. Iseabail begann zu schluchzen; sie zitterte am ganzen Leibe. »Er wird sie verbannen«, fuhr Sinann fort.
    Dylan runzelte die Stirn, worauf Sinann mit mühsam beherrschter Ungeduld erklärte: »Der Laird kann Unzucht hier im Tal nicht dulden. Wenn er zulassen würde, dass die Frauen mit ihren illegitimen Kindern hier bleiben, dann gäbe es bald mehr Bastarde als ehelich geborene Kinder, denn es ist entschieden einfacher, ein Kind zu zeugen, als es zu ernähren. Außerdem bin ich der Meinung, dass jeder Mann, der nicht für seine uneheliche Brut sorgen kann oder will, gleichfalls davongejagt werden sollte. Solche Kinder würden, wenn man sie hier ließe, dem gesamten Clan zur Last fallen. Der Laird muss in diesem Punkt hart bleiben, sonst würde er den Respekt all jener Männer verlieren, die sich abrackern, um ihre Familie durchzubringen.«
    Dylan blickte Seóras in das bleiche Gesicht und fragte sich, wie ein Mann, der auch nur einen Funken Ehre im Leib hatte, es fertig brachte, ruhig sitzen zu bleiben und zuzulassen, dass Iseabail aus Glen Ciorram verbannt wurde. Als der Laird seine Entscheidung verkündete, sah er Sinann fragend an. »Sie wird zu Verwandten nach Inverness gehen«, erklärte diese.
    »Und wenn sie keine Verwandten in Inverness hätte?«
    Sinann zuckte mit den Achseln. »Dann müsste sie irgendwo anders untergebracht werden; in Glasgow oder Aberdeen vielleicht. Wohin sie letztendlich abgeschoben wird, spielt keine Rolle. Hier zählt nur, dass sie mit einem Kind ohne Vater nicht im Tal bleiben kann.«
    Dylan warf dem vermeintlichen Vater einen finsteren Blick zu. Seóras wirkte nicht sonderlich erleichtert darüber, dass er noch einmal davongekommen war. Sein Gesicht verriet nicht, was in ihm vorging.
    An diesem Abend fand im Dorf ein Fest statt, es wurde gesungen, getanzt und gelacht, doch Dylan nahm nicht daran teil. Er lag auf seiner Pritsche und versuchte zu schlafen, wurde aber von den Dudelsackklängen, die zu ihm herüberdrangen, daran gehindert. Ihm war kalt, er fühlte

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