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Vogelwild

Vogelwild

Titel: Vogelwild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Auer
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springen, doch dann
landete er mit dem linken Fuß auf einem zweiten, der mit einem dumpfen Knall
aufplatzte und seinen Inhalt kreuz und quer auf der Gasse verstreute. Leere
Milchtüten und ausgespülte Joghurtbecher flogen durch die Luft, und der
Oberkommissar konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten. Obwohl er mit
seinen Armen ruderte, um die Balance zu bewahren, fiel er mit den Handflächen
voran aufs Pflaster. Trotz seiner Abwehrhaltung schlug er mit Nase und Kinn auf
dem harten Steinboden auf. Er hörte noch, wie die Sprayer über die
Altmühlbrücke rannten, doch für ihn, den Verfolger, war die Jagd zu Ende.
    Mühsam rappelte sich Morgenstern inmitten der
Müllsäcke auf und trat dabei frustriert mit einem seiner Stiefel gegen einen
bislang unbeschädigten Beutel, der nun ebenfalls platzte. Erst als er sich mit
dem Ärmel seiner Jeansjacke den Schweiß vom Gesicht wischte, bemerkte er, dass
er heftiges Nasenbluten hatte und zudem beide Handballen aufgeschürft waren.
Vorsichtig säuberte er die Hände an der Hose, dann legte er den Kopf weit in
den Nacken, um auf diese Weise das Nasenbluten zu stoppen. In dieser
sonderbaren Haltung ging er nach Hause: blutverschmiert, den Blick zum
sternenklaren Himmel gerichtet und plötzlich sehr, sehr müde.

ZWEI
    Der Dienstagmorgen begann mit einem
Donnerwetter im Hause Morgenstern: Fiona war außer sich, als ihr Blick beim
Aufwachen auf ihren Gatten mit blutverkrusteter Nase und verschrammtem Kinn
fiel. Zu allem Überfluss hatte er durch sein Nasenbluten auch noch Bettdecke
und Kissen verschmiert.
    Noch etwas benommen versuchte Morgenstern, von seinen
nächtlichen Eskapaden zu erzählen, wurde aber immer wieder von Fiona
unterbrochen. »Wie viel Bier hast du getrunken? Fünf Halbe? Da wundert mich gar
nichts mehr.« Fiona schüttelte den Kopf, während sie in der Küche die
Kaffeemaschine in Gang setzte. »Du weißt doch, dass du nichts verträgst.«
    Die meisten Männer würden sich durch eine solche
Aussage in ihrer Ehre gekränkt fühlen – so auch Mike Morgenstern, der sofort
zur Verteidigung ausholte. »Fünf Guinness, das müsste eigentlich schon gehen.
Schließlich habe ich auch noch eine Pizza gegessen, als Unterlage.«
    »Hat aber anscheinend nicht geholfen«, konterte Fiona
vorwurfsvoll. »Und warum musstest du, um alles in der Welt, dann auch noch so
junge Sprayer jagen? Überlass das doch lieber deinen Kollegen von der
Inspektion.«
    Fiona wusste selbst, dass das für ihren Mann kein
akzeptables Argument war. Er konnte einfach nicht wegschauen, lieber brachte er
sich selbst in Teufels Küche oder zumindest um seine Freizeit. Doch jetzt
zeigte er sich zu ihrer Überraschung ehrlich zerknirscht.
    »Wahrscheinlich hätte ich wirklich einfach heimgehen
sollen, anstatt die Milchbubis durch die halbe Stadt zu hetzen. Was ist denn
schon der Lohn dafür? Zum Narren habe ich mich gemacht.« Missmutig trank
Morgenstern einen Schluck Kaffee.
    »Wie geht es dir überhaupt?«, fragte Fiona nun mit
deutlich mehr Mitgefühl. »Kannst du zur Arbeit, oder willst du einen Tag zu
Hause bleiben?«
    »Nie im Leben bleib ich hier!«, entrüstete sich
Morgenstern. »Ich bin schon wieder vollkommen auf dem Damm.« Das war zwar nicht
ganz korrekt, die Schrammen schmerzten in der Tat kaum noch, aber die
alkoholbedingten Kopfschmerzen würden ihm sicher bis zum frühen Nachmittag zu
schaffen machen, doch für vom Alkohol verursachtes Leiden gab es kein Attest:
nicht vom Hausarzt und erst recht nicht von Fiona.
    »Ich fahre dann nach Ingolstadt rüber«, kündigte er
an, »aber zuvor schaue ich noch bei der Eichstätter Polizei vorbei und gebe
denen wegen der Sprayer Bescheid.«
    »Hättest du das nicht gleich heute Nacht machen
sollen?«, fragte Fiona.
    »Ich weiß, ich weiß«, brummte Morgenstern und nahm
einen weiteren großen Schluck Kaffee. »Aber ich musste mich erst einmal selbst
verarzten, und dann konnte ich nicht anders, als mich einfach hinzulegen. Die
Kollegen hätten die Männer doch sowieso nicht mehr gefunden. Die waren längst
über alle Berge.« Er stellte die leere Kaffeetasse neben das Spülbecken.
    »Was war das eigentlich, was die Kerle da an den Dom
gesprüht haben?«, erkundigte sich Fiona.
    »Hm«, Morgenstern dachte nach, »ich kann mich nicht
mehr erinnern. Aber ich glaube, nichts Besonderes, sonst hätte ich mir das auf
jeden Fall gemerkt.« Er grübelte weiter: »Ich muss wirklich passen. Es waren
nur ein paar Buchstaben, wahrscheinlich waren sie noch

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