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Volksfest

Volksfest

Titel: Volksfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Nikowitz
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Beine aus. «Aber ich glaube nicht an den Palenak. Was ist mit dem Naheliegendsten?»
    «Und was wäre das?»
    «Na, ein Feuerwehrmann! Brandstifter sind irrsinnig oft Feuerwehrmänner.»
    «Stimmt. Ich hab einmal von einem gelesen irgendwo in Salzburg oder Tirol, was weiß ich. Ein ganz junger, so sechzehn oder was, der hat zehn oder fünfzehn Stadeln angezündet. Und gekriegt haben sie ihn am Ende mit der DNA – weil er immer neben seine Feuer hingeschissen hat.» Grasel lachte schallend. «Kannst du dir das vorstellen? Markiert auch noch sein Revier, der Trottel.»
    «Vielleicht war es eher ein nervöser Darm. Wenn ich ein Pyromane wär, würd ich mich vor lauter Aufregung wahrscheinlich auch anscheißen.»
    Suchanek war in der Zwischenzeit beim Balkon angekommen und führte sich, nicht ohne Ehrfurcht, Papas Feldstecher vor Augen. Stellenweise qualmte es drüben immer noch ein wenig. Einige uniformierte Polizisten standen herum, wohl um eine Art Absperrung zu bilden. Als ob nicht schon ohnehin mindestens das halbe Dorf die Heilige-Johanna-Sightseeingtour absolviert gehabt hätte, bevor sie gekommen waren.
    «Ich kenn die Dorfjugend ja nicht mehr», sagte Suchanek. «Sind da irgendwelche Psychos dabei, die in Frage kämen und die auch bei der Feuerwehr sind?»
    «Die Dorfjugend als solche verändert sich nie», dozierte Grasel. «Also ist die Frage eher: Wer von denen ist kein Psycho? Aber Pyromanen fallen doch normalerweise vorher sowieso nicht auf, oder? Sind das nicht eher stille Narren?»
    «Ja. Eher schon.»
    In der Ruine der Scheune, aus der das schwarze Gitterskelett eines Heuwagens hervorstach, hockten drei Figuren in weißen Overalls um einen Haufen … irgendwas herum. Das mussten die Spurensicherer sein. Und der Haufen war dann wohl die Johanna. Aber Genaueres war selbst mit dem besten Ferngucker der Welt nicht auszumachen.
    Ein Stück abseits stand ein offener, leerer Blechsarg. Die hatten sich seit dem Abgang vom alten Kaiszer nicht wirklich verändert. Und dann waren da noch ein paar ernste Herren in noch ernsteren Sakkos, die sich mit den Einser-Neuholds unterhielten.
    «Die Kripo ist schon da», meldete Suchanek.
    «Hat eh gedauert. Zuerst sind die vom Posten in Bernhardsau gekommen, aber die haben bald gemerkt, dass ihnen das ein paar Nummern zu groß ist. Und bis dann die anderen Koffer endlich da waren …»
    Grasels Sympathie für die Exekutive verfügte nicht eben über einen soliden Unterbau.
    «Ich sollte denen vielleicht erzählen, was ich gesehen hab», sagte Suchanek. «Oder?»
    «Du sagst doch, du hast nichts gesehen. Also wozu anstreifen? Wer sich mit Hunden hinlegt, steht mit Flöhen auf. Außerdem: So, wie deine Pupillen momentan wahrscheinlich aussehen, würde ich schon allein deswegen jeden Kieberer großräumig umfahren.»
    «Ich denk drüber nach», sagte Suchanek, wissend, dass er angesichts seiner weiteren Pläne mit den Früchten aus Grasels Erde dessen doch sehr überzeugender Argumentation wohl Folge leisten würde.
    «Es gibt aber etwas, das gegen einen Brandstifter spricht, der zum Zufallsmörder geworden ist», ging Grasel wieder zu seiner Ermittlertätigkeit über. «Ein Indiz, dass da einer ganz gezielt darauf aus gewesen sein könnte, die Mantlerin zu killen.»
    «Welchen?»
    «Überleg doch mal: Christi Himmelfahrt. Die heilige Johanna. Und die wird quasi am Scheiterhaufen hingerichtet. Will uns damit vielleicht jemand etwas sagen?»
    «Sehr scharfsinnig, Grasel. Warum haben sie noch einmal die echte heilige Johanna verbrannt?»
    «Ketzerei, glaub ich. War das nicht immer irgendwie der Grund, wenn die damals wen verheizt haben?»
    Drüben hoben sie gerade einen schwarzen Plastiksack in den Sarg.
    «Und eines muss man natürlich auch noch ins Kalkül ziehen», fuhr der Grasel fort.
    «Was?»
    «Die Alte war einfach die Pest.»
    Eine Stunde später stellte Suchanek fest, dass das Volksfest an der unerwarteten Konkurrenz durch die Mantlerin ganz schön zu knabbern hatte. Er hatte dem Grasel gesagt, er wolle lieber jetzt gleich zu ihm kommen, weil man ja doch nie wissen konnte, ob dem Grasel später nicht dann vielleicht doch etwas dazwischenkomme, und erledigt sei halt erledigt, da lasse sich gerade er ungern auf etwas ein. Und auch wenn die Gefahr, dass Grasel sämtliche Vorräte, die er noch hatte, innert des angebrochenen Nachmittages selbst in Rauch aufgehen lassen würde, objektiv betrachtet bei plus/minus null lag, so durfte man sich in dermaßen wichtigen

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