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Volksfest

Volksfest

Titel: Volksfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Nikowitz
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die schleimige, faulende Widerlichkeit und hoffentlich auch weitererzählenswerte Giftigkeit des aus dem Rohr zutage gespritzten Drecks waren ziemlich hoch.
    Jetzt pflanzte sich der Spakowitsch Edi mit einem Megaphon vor dem Löschzug auf.
    «Geschätzte Mitbürger», schrie er und wurde sofort von einem schmerzhaften Übersteuerungspfeifen unterbrochen. Einige der geschätzten Mitbürger jaulten auf. Spakowitsch schaute mit unduldsam geblähten Nasenflügeln gen Himmel; er überlegte offenbar, nach all den Problemen, die ihm die moderne Technik in letzter Zeit bereitete, an dem Ding ein Sippenhaftungsexempel zu statuieren und es in der Lacke zu versenken. Dann beruhigte er sich aber wieder und winkte den Neuner-Ranreiter herbei, der fachmännisch am Lautstärkeregler drehte.
    «Geschätzte Mitbürger! Liebe Wulzendorfer!», hob der Edi erneut an. «Ich darf euch im Namen der Freiwilligen Feuerwehr Wulzendorf recht herzlich begrüßen und mich bei euch bedanken, dass ihr so zahlreich erschienen seid. Es ist den Kameraden und mir und auch dem Kommandanten, der natürlich in dieser für ihn so schweren Stunde nicht bei uns sein kann, ein Anliegen, dass wir euch unsere volle Einsatzfähigkeit zeigen können, nach … nach dem Geschehen unlängst, also … am jüngsten Tag …»
    Das war jetzt natürlich eine Chance, die sich ein hochgradig ambitionierter und quasi immer im Dienst befindlicher Alleinunterhalter wie der Heimeder Kurtl nicht entgehen lassen konnte.
    «Am jüngsten Tag?», rief er. «Das Einzige, was ich über den Jüngsten Tag weiß, ist, dass du dann auf der linken Seite sitzt, Edi!»
    Vereinzeltes Gelächter. Sehr vereinzelt. Aber mehr hatte der Kurtl auch bei den launigen Moderationen zwischen seinen brasilianischen Polkas selten. Was dazu führte, dass er davon ausging, so höre sich ein Publikumserfolg eben an. Der Spakowitsch war jetzt allerdings hinreichend irritiert.
    «Am Tag … in der Nacht … beim Kommandanten. Wo die heilige Jo… Ding. Und darum werden wir jetzt die Beschwerden von vielen Mitbürgern … wegfegen. Mit unserem Hochdruckschlauch.»
    Suchanek sah Heimeder erwartungsvoll an. Nichts? Hochdruckschlauch! Kein blöder Spruch? Was ist, Kurtl? Nichts. Gut, man musste jetzt aber schon auch gerecht sein. Selbst ein Woody Allen drehte manchmal in zehn Jahren nur neun Filme.
    «Also den Gestank, der vom Überlaufrohr kommt. Wir werden den Dreck hinaus. Beseitigen», stammelte der Edi. «Ich danke euch also für eure Aufmerksamkeit und hoffe, dass ihr heute oder morgen noch das Volksfest besucht, weil wegen dem guten Zweck. Und jetzt: Wasser marsch!»
    Der Urban Ernstl und der Keller Gerry hatten sich vor dem Rohr positioniert und zielten mit ihrem härtesten High-Noon-Gesichtsausdruck in das schwarze Loch. Der Neuner stand am Wagen und demonstrierte beim Umlegen des Wassermarschhebels ebenso äußerste Entschlossenheit. Und tatsächlich: Aus dem Schlauch schoss in derselben Sekunde ein mächtiger Schwall, den die beiden dürren Spätpubertären nur mit großer Mühe einigermaßen in die stinkende Öffnung dirigieren konnten.
    Die Menge wogte langsam in Richtung des Rohrendes, um sich bessere Sicht zu verschaffen.
    Aber da kam nichts. Stattdessen schwappte die in das Rohr hineingeschossene Welle als inzwischen schwarz gewordene Brühe langsam wieder zurück. Schlammig und stinkend gurgelte das Wasser den beiden Burschen über die Füße. Angewidert schaute Urban zum Kommandanten. Jetzt war natürlich Leadership gefragt. Spakowitsch winkte unerfreut, und Ranreiter drehte das Wasser ab.
    «Ich hab’s ja gesagt! Nicht einmal das bringen sie zusammen», freute sich der Heimeder. «Edi! Keine Panik, Edi! Halt die Stellung und beweg dich nicht! Ich ruf gschwind die Bernhardsäue!»
    Oberbrandmeister Spakowitsch, der immerhin schon in einer schönen Zeremonie beim Bezirksfeuerwehrtag in Tiefenbrunn das bronzene Leistungsabzeichen aus den Händen des Abgeordneten zum Landtag Josef Hutgassner erhalten hatte, brauchte sich eigentlich von einem Zivilisten überhaupt nichts sagen lassen. Schon gar nicht so einen Blödsinn. Also antwortete er weltmännisch mit dem Mittelfinger und wandte sich dann wieder seinen Mannen zu, um zu beratschlagen, was jetzt zu tun sei.
    In der Zwischenzeit hatte auch der Schneckerl kapiert, dass im Erfolgsfall vermutlich eine Menge Dreck unbekannter Zusammensetzung in der Lacke landen würde. Er starrte bekümmert auf den Ausgang des Rohres und machte sich große Sorgen,

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