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Volksfest

Volksfest

Titel: Volksfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Nikowitz
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gegeben, das schätzte der Wimmer ungemein, obwohl gerade Innereien natürlich schon eine Vertrauenssache waren, aber Wimmer hatte gelernt, der Lindenwirtin zu vertrauen, seit sie ihm bei seinem ersten Besuch ohne Aufpreis eine wirkliche Erwachsenenportion hingestellt hatte. Das Gute daran, dass sich der Kommissar von der Lindenwirtin wieder losgerissen hatte, um vor Ort in Wulzendorf weiterhin keinerlei Ermittlungsansatz zu verfolgen, war, dass er jetzt vis-à-vis vom Suchanek stand und so mit eigenen Augen sehen konnte, was gleich alle sehen würden. Und das hatte wiederum den unschätzbaren Vorteil, dass er sich nachher nicht auf irgendwelche halbgaren Zeugenaussagen verlassen müssen würde.
    Unter dem Druck der zwei Hochleistungsschläuche, die sich als wirklich guter Kauf erwiesen, löste sich die Verstopfung nämlich endlich. Zuerst tröpfelten einige undefinierbare Brocken aus dem Rohr in die Lacke.
    Und dann schoss, bodysurfend auf der prächtigsten Fontäne, die Wulzendorf je gesehen hatte, ein Körper heraus, dessen schwarze Gesichtsfarbe weniger seinen Genen als der fortgeschrittenen Verwesung geschuldet war. Die Leiche trug eine blaue Latzhose und schien den Mund weit aufzureißen, was angesichts dessen, dass der Bobek Willi das immer schon gern getan hatte, an sich niemanden groß wunderte. Außer die paar ganz Scharfäugigen, die gleich erkannt hatten, dass es gar nicht der Mund war, der hier so weit aufklaffte, sondern der beidseitig bis zur Wirbelsäule aufgeschlitzte Hals.
    Und selbst wenn man kein erklärter Fan der Ledigen war, musste man – obwohl ja leider keine Zeitlupenwiederholung zur Verfügung stand – spätestens jetzt einsehen, dass Willis Ausfall das Team so entscheidend geschwächt hatte, dass es weit unter Wert geschlagen worden war. Denn Willi vollführte im Gischtwirbel eine geschmeidige Rolle rückwärts, befreite sich währenddessen, durch den fortgesetzten Wasserdruck dazu animiert, mit einem durchaus hörbaren Knacken gänzlich von seinem Kopf und feuerte diesen anschließend mit einem technisch einwandfreien Fallrückzieher weit hinaus aufs Wasser. Dann winkte er noch den begeisterten Fans zu – wobei über diesen Punkt bei den diversen Nachbesprechungen zugegebenermaßen keine völlige Einigkeit bestand –, bevor auch sein Körper effektvoll in die Lacke klatschte und langsam versank.
    Ranreiter drehte das Wasser ab. Der Bach, der aus dem Rohr rann, wurde rasch schwächer, das Rauschen immer leiser. Abgesehen davon war es vollkommen still.
    Dann läutete ein Handy. Nach einem kurzen Blick auf das Display hob Suchanek ab.
    «Hallo, Mama. Nein. Gibt nichts Neues.»

[zur Inhaltsübersicht]
12
    Im Bierzelt war es schon einmal lustiger gewesen. Vielleicht nicht unbedingt beim vorjährigen Auftritt vom Heimeder Kurtl. Sogar ganz sicher nicht beim vorjährigen Auftritt vom Heimeder Kurtl. Aber zum Beispiel vor einer halben Stunde. Als es noch leer gewesen war. Und sich noch nicht die Zeugen des denkwürdigsten Feuerwehreinsatzes der Wulzendorfer Geschichte dort ballten, weil Kommissar Wimmer sie, völlig zu Recht besorgt um seine Spuren, von der Lacke weggescheucht hatte.
    «Das ist eine Katastrophe», sagte der Siebzehner-Stratzner. «Eine Katastrophe.» Dann machte er eine kleine Pause. Anschließend befand er: «Katastrophe.»
    Suchanek dachte: «Ich glaube ja, das ist eine Katastrophe.»
    Aber der Suchanek hatte leicht reden. Er war ja nicht der Siebzehner. Er war nicht der Ortsvorsteher, er hatte nicht jede Menge Verantwortung zu schultern, von der sich die meisten anderen ja überhaupt keine Vorstellung machten. Abwasserverband, Schneeräumung … oder auch Abwasserverband. Als Ortsvorsteher konnte man eben nicht umhin, sich ständig so seine Gedanken ums große Ganze zu machen. Denn eines war ja wohl klar: Sie befanden sich mitten in der größten Krise seit vierzig Jahren. Also seit der illegitimen Zusammenzwingung mit Bernhardsau. Oder vielleicht sogar seit noch früher. Seit Wulzendorf den Krieg verloren hatte. Nicht nur Wulzendorf. Aber auch.
    Und man durfte neben der allgemeinen Komponente des schlimmen Geschehens nicht die persönliche vergessen: Der Bobek Willi war einer der engsten Mitstreiter vom Stratzner gewesen. Und der Siebzehner war zwar ein Mann, dem vielerorts in Verruf geratene männliche Eigenschaften wie Stahlhärte und Tränenlosigkeit etwas bedeuteten. Aber Willis momentaner Aggregatzustand setzte selbst ihm gehörig zu.
    «Ka!ta!stro!phe!»
    «Da

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