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Volksfest

Volksfest

Titel: Volksfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Nikowitz
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stellvertretend für alle geehrten Wulzendorferinnen und Wulzendorfer laut und deutlich: «Buh!!»
    «Die Polizei begrüßt selbstverständlich die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung und ist für jeden Hinweis, der zur Auffindung des vermissten Herrn Gärtner und zur Ergreifung des Täters führt, sehr dankbar. Falls Sie irgendeine Information für uns haben, falls Ihnen irgendetwas Verdächtiges aufgefallen ist, und wenn es Ihnen auch noch so unwichtig erscheint, bitte zögern Sie nicht, zu mir oder zu einem meiner Kollegen zu kommen. Aber ich muss Sie dringendst ersuchen, von jedweder Suchaktion auf eigene Faust und unter Umständen auch noch bewaffnet Abstand zu nehmen! Sie gefährden damit nicht nur Ihre eigene Sicherheit, sondern die Sicherheit aller Ortsbewohner.»
    Wieder war es die Zwölfer-Leitnerin, die darauf exakt die richtige Antwort wusste: «Buh!!»
    «Glauben Sie mir, wir tun alles, was in unserer Macht steht, um Herrn Gärtner schnellstmöglich aufzufinden. Ich habe bereits zusätzliche Kräfte angefordert. Und in zwei, drei Stunden haben wir auch Suchhunde hier …»
    «Aber geh! Meinen hab ich in fünf Minuten!», rief der Siebzehner, der sich in der Rolle des Revolutionsführers immer wohler fühlte. Jetzt würde er der verweichlichten Staatsmacht zeigen, wo es langging, und in absehbarer Zeit würde er dann den Wulzendorfer Frühling ausrufen und die verknöcherten und korrupten Bernhardsauer Herrscher hinwegfegen.
    «Herr Stratzner, Sie zeigen sich da jetzt nicht gerade als verantwortungsvoller Lokalpolitiker. Ich werde nicht zögern, Ihre Rolle in dieser ganzen Geschichte auch bei geeigneter Stelle im Land zu besprechen. Aber jedenfalls, meine Damen und Herren, glauben Sie mir: Die Polizei hat diese Situation absolut im Griff.»
    Die Zwölfer-Leitnerin war ja an sich eine Geduldige, wie sie, und zwar ausschließlich sie, fand, aber jetzt riss sogar bei ihr der Faden. Also rief sie nicht mehr nur freundlich «Buh», sondern wurde deutlicher. Sonst verstanden es ja die Großkopferten nicht. «Was für ein Schmarrn! Darum ist ja der kleine Dreizehner auch unter euren Augen verschwunden, weil ihr alles im Griff habt! Alles im Griff, dass ich nicht lache! Wie schaut das dann eigentlich aus, wenn ihr einmal nicht alles im Griff habt?»
    Und das Blöde daran war: Sie hatte ja nun nicht einmal unrecht. Der ORF   2 war ja wirklich praktisch unter den Augen der Polizei verschwunden. Entweder waren also die Krimineser tatsächlich genauso unfähig wie die Kapplständer aus Bernhardsau oder der Mörder ein unglaublich geschickter, kaltblütiger Hund. Wahrscheinlich stimmte sogar beides.
    Nach dieser Wutfontäne der Zwölferin brachen alle Dämme zivilisatorischer Stauhaltung, die in Wulzendorf, wie der Suchanek fand, ohnehin schon immer etwas niedrig dimensioniert gewesen waren. Eine Kakophonie des Missfallens ergoss sich über den Kommissar. Pfiffe, Beschimpfungen, auch einige hoch über die Menge hinauswachsende Mittelfinger waren zu sehen. Die Witwenschüttler, weil es waren ja in der Zwischenzeit nicht mehr nur Patrick Jenewein vom «Express» und sein gutaussehender Fotograf hier, sondern auch noch ein paar andere schreibende Randexistenzen, kamen gar nicht nach, ihre Notizblöcke mit überkochenden Volksseelen und bestialischen Bestien zu füllen.
    Und: Ziemlich genau dreißig Jäger machten sich in dieser Sekunde auf den Weg nach Hause, um ihre Gewehre zu holen.
    Das war jetzt aber vorderhand nicht wirklich Suchaneks Problem. Den plagte ein anderes. Nämlich: warum? Folgerichtig sagte er zu Grasel: «Warum?»
    «Warum was?»
    «Warum jetzt auch noch der Bertl?»
    «Woher soll ich das wissen?»
    «Du weißt doch sonst immer alles. Was ist jetzt mit deiner Sündentheorie? Was hat denn der Bertl deiner Meinung nach angestellt?»
    Es widerstrebte dem Grasel zwar, das gleich so freihändig und kampflos zuzugeben, aber es sah tatsächlich so aus, als wäre die Sündentheorie jetzt erledigt. Weil: der Bertl. Wenn einer eigentlich keine Sünde begangen haben konnte, die einen durchgeknallten Racheengel dazu bewegen könnte, ihn final zu bestrafen, dann ja wohl der Bertl. Aber ein simpler, motivloser Serienkiller – das wäre doch zu enttäuschend!
    «Wir fragen den Poldi», entschied Grasel knapp.
    Sie kämpften sich wieder durch bis zu der Bank vor der Grillhendlstation, deren Spieße sich nicht zum ersten Mal im Lauf dieses denkwürdigen Volksfestes leer drehten. Hier saß immer noch der Gärtner

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