Volksfest
denn nicht über die?»
«Und? Was hat er dazu gesagt?»
«Was soll er schon gesagt haben? Dass das furchtbar ist und alles. Und wer das wohl gemacht haben könnte.»
«Hat er vielleicht einen Verdacht gehabt?»
«Nein. Er hat ja nicht Detektiv gespielt so wie andere Leute.»
«Du brauchst jetzt nicht auf mich loszugehen. Vergiss nicht, dass der Typ mich auch umbringen wollte. Und es tut mir leid, aber ich muss dich das jetzt fragen: Glaubst du, dass der Bertl irgendwas mit dieser ganzen Sache zu tun haben könnte?»
«Was? Bist du jetzt vollkommen deppert geworden? Der Bertl soll das gewesen sein? Nie im Leben!»
«Ich hab ja nicht gesagt, dass er es gewesen ist. Aber irgendwas an dieser Sache ist doch komisch. Es schaut halt so aus, als ob er dich angelogen hat. Er wollte überhaupt nicht ins Bierzelt, um sich einen Spritzer zu holen. Dorthin wäre er doch auf alle Fälle noch gekommen, das war ja nicht weit. Er wollte von Anfang an woanders hin.»
ORF 1 schaute blöd. «Aber … wohin denn?»
«Wenn ich das wüsste, dann wären wir alle schon dort, oder?»
Grasel nickte anerkennend. Wahrscheinlich dachte er sich so was wie: Der wäre gar schlechter Bulle geworden. Wenn er mir das nächste Mal auf die Nerven geht, dann sage ich ihm das.
Der richtige Bulle sah sich derweil gezwungen, nun doch bis zum Äußersten zu gehen.
«Hiermit verhänge ich wegen Gefahr im Verzug ein Platzverbot für das gesamte Ortsgebiet von Wulzendorf! Die Sicherheitsorgane sind befugt, jeden festzunehmen, der sich ihren Anordnungen widersetzt!», brüllte Kommissar Wimmer mit sich überschlagender Stimme in einem letzten verzweifelten Versuch, die Oberhand zu behalten. Aber es war zu spät.
Der Siebzehner machte nur mehr eine wegwerfende Handbewegung und lachte den Kommissar aus. Die Runde ging eindeutig an ihn. Die Menge schrie und pfiff. Unter normalen Umständen hätten sich die bis auf einen an sich ja eh gesetzestreuen Wulzendorfer von so einer Drohung möglicherweise ins Bockshorn jagen lassen. Aber dass der hilflose Bulle nicht einfach ein ganzes Dorf verhaften würde, war jedem klar. Hätte auch eine ganz schlechte Presse gegeben. Und wenn die Innenministerin etwas hasste, dann das. Geschmackvolle Kleidung auch, ja. Aber schlechte Presse noch mehr.
Andererseits wäre die Verhaftung aller Wulzendorfer im Moment wohl die einzige Möglichkeit gewesen, den Mörder von der Straße zu kriegen. Denn in Sachen Täterfindung sah es ja nach wie vor finster aus. Wimmer warf das Megaphon auf den Altar und zog sich in einen Streifenwagen zurück.
Was für ein unglaublicher Scheißtag war denn das schon wieder? Er brauchte einen Erfolg, und zwar dringend. Er nestelte sein Handy aus der Tasche. Aber der Anruf, auf den er schon den ganzen Tag wartete, kam und kam einfach nicht. Wenn er denn endlich gekommen wäre, dann hätte der Kommissar einen Namen gehabt. Dann wäre alles anders gewesen. Irgendwann würde der Anruf kommen. Er musste kommen. Hoffentlich war es dann noch nicht zu spät.
Grasel strich sich männlich über sein Kinn und schaute Suchanek an. «Und was machen wir jetzt?»
«Was sollen wir schon groß machen? Wir brauchen jedenfalls nicht das Dorf abzusuchen. Da gibt es ja wohl Freiwillige genug.»
«Aber irgendwas müssen wir doch tun.»
«Warum denn?»
«Schau dich doch einmal um. Ich fürchte, wir sind hier die Klügsten.»
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18
«Arie Haan schießt und – Toooor! Aus 35 Metern schlägt die Kugel im Kreuzeck ein!»
«Wer ist Arie Haan?»
«Ein Holländer. Siebziger Jahre.»
«Welches Jahrhundert?»
Auf diese unerhörte Beleidigung eines Fußballgottes antwortete Grasel gar nicht erst mehr und legte die nächste Erdnuss auf, die er unhaltbar zwischen den beiden Gläsern durchzuschnippen gedachte.
Suchanek und er waren ins Route gefahren, weil sich bei der Stimmung da draußen nicht ausschließen ließ, dass man in eine ähnlich heikle Situation geraten könnte, wie als einziger Austrianer im violetten Leibchen im Fanblock der Rapid-Ultras. Es konnte nicht schaden, sich das Ganze einmal eine Zeitlang hinter einer versperrten Tür anzuschauen. Und außerdem hätten sie sowieso nicht gewusst, was sie sonst tun sollten.
Dass der Bertl vermutlich seinen Bruder angelogen und sich aus irgendeinem geheimnisvollen Grund von der Autoweihe weggeschlichen hatte, war eine Erkenntnis, auf die sich Suchanek durchaus etwas einbildete. Aber dass sie jetzt zumindest unmittelbar zu nichts weiter
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