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Voll im Bilde

Voll im Bilde

Titel: Voll im Bilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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dort war niemand.
    Das Portal stand jetzt etwa dreißig Zentimeter weit offen. Die Fußabdrücke am Sand vermittelten folgende Botschaft: Ganz gleich, was hinter der Tür lauerte oder nicht – Ginger befand sich nun im Innern des Hügels.
    Victor beobachtete den Eingang.
    Laddie saß davor und richtete einen hoffnungsvollen Blick auf Tugelbend.
    »Er wartet«, sagte Gaspode.
    »Worauf?« erkundigte sich Victor voller Unbehagen.
    Gaspode stöhnte. »Was glaubst du?«
    »Oh. Ja. Das hast du gut gemacht, Laddie.«
    Laddie bellte und versuchte, einen Purzelbaum zu schlagen.
    »Und jetzt?« fragte Victor. »Sollen wir Ginger ins Innere des Hügels folgen?«
    »Vielleicht«, antwortete Gaspode unbestimmt.
    »Äh. Aber vielleicht wäre es besser, hier draußen zu bleiben, bis sie zurückkehrt. Weißt du, was die Dunkelheit betrifft… Konnte mich nie mit ihr anfreunden. Mit der Dunkelheit, meine ich. Ich meine, mit der Nacht und so, das finde ich soweit alles in Ordnung, aber stockfinstere Finsternis…«
    »Ich schätze, Cohen der Barbar fürchtet sich nicht vor der Dunkelheit«, sagte Gaspode.
    »Nun, ja…«
    »Ebensowenig wie der Schwarze Schatten der Wüste.«
    »Mag sein, aber…«
    »Und Wiewunderland-Jim, der berühmte Balgrog-Jäger – er verspeist die Dunkelheit praktisch zum Frühstück«, fuhr Gaspode fort.
    »Ja, aber ich bin Victor«, wandte Victor ein.
    »Erzähl das den Leuten, die vor den Kinos Schlange stehen, um dich als Leinwandhelden zu bestaunen«, erwiderte Gaspode. Er kratzte nach einem an Schlaflosigkeit leidenden Floh, der sich einen späten Imbiß genehmigte. »Schade, daß kein Kurbeldreher mit seinem Bilderkasten in der Nähe ist«, sagte er fröhlich. »Wir könnten jetzt eine tolle Komödie drehen: Der Held, der die Dunkelheit scheute. Wäre sicher noch lustiger als Das große Putenschenkelfressen oder Eine Nacht in der Arena. Man stelle sich vor, wie das Publikum vor lauter Lachen vergißt, Knallkörner in sich rein zu stopfen…«
    »Schon gut, schon gut«, entgegnete Victor. »Ich gehe ein Stück weit hinein.« Er richtete einen verzweifelten Blick auf die ausgetrockneten Bäume in der Mulde. »Und vorher besorge ich uns eine Fackel«, fügte er hinzu.
     
    Er hatte mit Spinnen und modriger Feuchtigkeit gerechnet, vielleicht auch mit Schlangen oder noch schlimmeren Geschöpfen…
    Statt dessen trat er in einen trockenen Gang, der ungefähr so hoch wie breit war und mit leichtem Gefälle nach unten führte. Die Luft roch salzig, was darauf hindeutete, daß der Gang irgendwo eine Verbindung zum Meer hatte.
    Victor machte einige Schritte, dann blieb er stehen.
    »Moment mal«, sagte er. »Wenn die Fackel plötzlich ausgeht… Wir könnten uns verirren.«
    »Unmöglich«, widersprach Gaspode. »Ich bin ein Hund. Und Hunde können gut riechen.«
    »Potzblitz. Macht mich richtig neidisch.«
    Victor wagte sich noch etwas weiter vor. An den Wänden zeigten sich größere Versionen der quadratischen Ideogramme, die er aus dem Buch kannte.
    »Weißt du…« Tugelbend zögerte erneut und berührte eins der Symbole. »Ich glaube, es handelt sich gar nicht in dem Sinne um eine Schriftsprache. Es sieht eher nach…«
    »Du suchst dauernd nach Vorwänden, um stehenzubleiben«, sagte Gaspode hinter ihm.
    Victors Fuß stieß an einen Gegenstand, der daraufhin durch die Dunkelheit davonkullerte.
    »Was war das?« flüsterte er nervös.
    Gaspode verschwand schnüffelnd in der Finsternis. Kurz darauf kehrte er zurück.
    »Keine Sorge«, meldete er.
    »Ach?«
    »Nur ein Schädel.«
    »Und wem gehört er?«
    »Das hat er mir nicht gesagt«, antwortete Gaspode.
    »Sei still!«
    Etwas knirschte unter Victors Sandale.
    »Und das… «, begann der Hund.
    »Ich will’s gar nicht wissen!«
    »Eine Muschel«, verkündete Gaspode.
    Tugelbend spähte in die Dunkelheit des Gangs vor sich. Die Flamme der improvisierten Fackel zitterte im Luftzug, und in der Ferne erklang ein rhythmisches Geräusch. Entweder brüllte dort eine Bestie, oder das dumpfe Donnern stammte von der Brandung. Victor zog die zweite Möglichkeit vor.
    »Etwas muß Ginger hergerufen haben«, sagte er. »In ihren Träumen. Etwas, das befreit werden möchte. Ich fürchte, es könnte ihr etwas zustoßen.«
    »Such dir lieber eine andere Freundin«, meinte Gaspode. »Glaub mir, es hat keinen Sinn, sich mit Frauen einzulassen, die das Werkzeug von Kreaturen jenseits der Leere sind. Man weiß nie, neben wem oder was man am nächsten Morgen

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