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Voll im Bilde

Voll im Bilde

Titel: Voll im Bilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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verschwanden. Laddies leises Bellen deutete endlich darauf hin, daß sie den Tunnel verlassen hatten.
    Victor lehnte sich zurück.
    »Jetzt brauchen wir nur noch zu warten«, sagte er.
    »Wir sind im Hügel, nicht wahr?« ertönte Gingers Stimme in der Dunkelheit.
    »Ja.«
    »Wie sind wir hierhergekommen?«
    »Ich bin dir gefolgt.«
    »Du solltest mich wecken.«
    »Ja, aber du hast mich gefesselt.«
    »Unsinn!«
    »Du hast mich gefesselt«, wiederholte Victor. »Und dann bist du zum Hügel gegangen und hast die Tür geöffnet und dann bist du mit einer Fackel bis zu jenem… äh, Ort gewandert. Wer weiß, was du angestellt hättest, wenn du nicht rechtzeitig wach geworden wärst.«
    Kurze Stille.
    »Im Ernst?« fragte Ginger unsicher. »Das alles ist wirklich geschehen?«
    »Ja.«
    »Ich erinnere mich überhaupt nicht daran!«
    »Das glaube ich dir. Was jedoch nichts an den Tatsachen ändert.«
    »Was… was war das für ein Ort?«
    Victor streckte die Beine in der Finsternis und versuchte, es sich gemütlicher zu machen.
    »Keine Ahnung«, antwortete er. »Zuerst hielt ich ihn für einen Tempel. Offenbar haben dort Leute gesessen und sich bewegliche Bilder angesehen.«
    »Aber alles schien uralt zu sein!«
    »Jahrtausende alt!«
    »Irgend etwas geht hier nicht mit rechten Dingen zu«, sagte Ginger in dem behutsamen Tonfall einer Person, die sich bemüht, ruhig zu bleiben, obwohl der Wahnsinn gerade mit einem Beil an die Tür klopft. »Die Alchimisten fanden erst vor wenigen Monaten heraus, wie man Okto-Zellulose herstellt.«
    »Ja. Gibt einem zu denken, nicht wahr?«
    Victor tastete nach Gingers Hand. Die junge Frau saß stocksteif und zuckte zusammen, als er sie berührte.
    »Hier sind wir sicher«, fügte Tugelbend hinzu. »Gaspode kehrt bestimmt bald mit Hilfe zurück. Sei unbesorgt.«
    Er versuchte, sich nicht den Ozean vorzustellen, dessen Wellen unten über die letzten Stufen der breiten Treppe spülten. Er versuchte, nicht an vielbeinige Dinge zu denken, die über einen in der Finsternis verborgenen Boden huschten. Und nicht an Kraken, die stumm vor der lebenden Leinwand umherkrochen. Er versuchte, die Zuschauer zu vergessen, die reglos in der Dunkelheit saßen, während die Jahrhunderte verstrichen. Vielleicht warteten sie noch immer darauf, daß jemand kam, um ihnen Knallkörner und heiße Würstchen zu verkaufen.
    Das ganze Leben ist so, als sähe man sich bewegliche Bilder an, dachte Victor. Aber man betritt den Saal zehn Minuten nach Beginn der Vorstellung und niemand verrät einem, worum’s geht. Man muß die Handlung ganz allein herausfinden.
    Außerdem bekommt man nie Gelegenheit, nach dem Ende auf seinem Platz zu bleiben und sich die nächste Vorstellung anzusehen.
     
    Im Flur der Unsichtbaren Universität flackerte Kerzenlicht.
    Der Quästor hielt sich nicht für sehr tapfer. Er kämpfte in erster Linie mit Zahlen, und der Umstand, daß er dabei häufige Siege errang, hatte ihn in der Universitätshierarchie weit nach oben gebracht – Zauberei spielte in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle. Doch jetzt mußte er sich mit etwas Magischem befassen.
    … Wumm… wummm… wumm wumm wummWUMM Wumm.
    Er ging hinter einer Säule in Deckung und zählte elf Bleikugeln. Kleine Sandfontänen spritzten aus den Säcken. Das Ganze wiederholte sich in Abständen von zwei Minuten.
    Der Quästor lief zu den Sandsäcken und zerrte an ihnen.
    Die Wirklichkeit war nicht überall gleich. Jeder Zauberer wußte das. An keinem Ort auf der Scheibenwelt zeichnete sie sich durch eine stabile Dichte aus, und an einigen Stellen neigte sie dazu, sehr dünn zu sein – deshalb funktionierte die Magie. Riktors Apparat maß Veränderungen in der Wirklichkeit und gab Aufschluß darüber, wo das Wirkliche zum Unwirklichen wurde. Und wenn sich irgendwo genug Unwirklichkeit ansammelte, um ein Loch zu bilden…
    Aber dazu wäre enorm viel Magie nötig, dachte der Quästor, als er einige Säcke beiseite schob. Und soviel magische Energie könnte wohl kaum unserer Aufmerksamkeit entgehen, oder? Sie müßte so auffällig sein wie… nun, wie eine Menge Magie.
    Ich schätze, inzwischen sind etwa fünfzig Sekunden vergangen, fügte er in Gedanken hinzu.
    Er starrte zu der Vase in ihrem Bunker.
    Oh.
    Er hatte gehofft, sich zu irren.
    Alle Kugeln waren in die gleiche Richtung gespuckt worden. Ein halbes Dutzend Säcke wies viele Löcher auf. Und Numeri Riktor hat geglaubt, daß zwei Kugeln in einem Monat auf ein gefährliches

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