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Voll im Bilde

Voll im Bilde

Titel: Voll im Bilde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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und winkte.
    »He, Junge! Komm her! Hab ich eine Rolle für dich!«
    »Hast du eine?« fragte Tugelbend und schob sich an einigen Personen vorbei.
    »Das habe ich gesagt, nicht wahr?«
    »Nein, du hast gefragt, ob…«, begann Victor und gab es dann auf.
    »Wo ist Ginger?« erkundigte sich Schnapper. »Wieder spät dran?«
    »Wahrscheinlich schläft sie noch tief und fest«, knurrte eine verdrießliche und vollkommen ignorierte Stimme, die ihren Ursprung dicht über dem Boden hatte, in einem Meer aus Flöhen. »Ist sicher sehr anstrengend, mit dunklen Mächten im Bunde zu stehen…«
    »Soll, laß Ginger von jemandem holen.«
    »Ja, Onkel.«
    »… kann man etwas anderes von Leuten erwarten, die Katzen mögen? Sind zu allem fähig, solche Leute…«
    »Und das Drehbuch muß vom Bett abgeschrieben werden.«
    »Ja, Onkel.«
    »…aber hören sie auf mich? Nein. Wenn ich ein glänzendes Fell hätte und herumspringen und fröhlich bellen würde… Solchen Hunden hört man zu…«
    Schnapper öffnete den Mund, klappte ihn wieder zu und runzelte die Stirn.
    »Wer brabbelt da?«
    »…habe vermutlich die Welt für sie gerettet und verdiene eine Medaille, zumindest ein saftiges Steak, aber nein, o nein, nicht für dich Gaspode, dir schenkt man überhaupt keine Beachtung, obwohl du…«
    Die Stimme verklang. Kurbeldreher, Tischler und diverse Assistenten traten beiseite, gaben den Blick frei auf einen kleinen, krummbeinigen grauen Hund, der wie gleichgültig zu Schnapper aufsah.
    »Bell?« sagte er unschuldig.
     
    Ereignisse fanden in Holy Wood immer ziemlich plötzlich statt, doch die Vorbereitungen für Vom Winde weggeweht flogen mit der Geschwindigkeit eines Kometen voran. Die Dreharbeiten zu den übrigen Streifen des Flughund-Jahrhunderts wurden unterbrochen, und viele andere kinematographische Projekte in der Stadt erlitten ein ähnliches Schicksal. Der Grund: Schnapper stellte alle verfügbaren Schauspieler und Kurbeldreher ein, bezahlte ihnen das Doppelte des üblichen Honorars.
    Eine Art Ankh-Morpork nahm zwischen den Dünen Gestalt an. Soll meinte, es wäre billiger gewesen, den Zorn der Zauberer zu riskieren, in der echten Stadt zu drehen und anschließend jemandem ein paar Dollar dafür zu bezahlen, die Metropole am Ankh in Brand zu stecken.
    Schnapper weigerte sich, diesen Standpunkt zu teilen.
    »Ganz abgesehen von den damit verbundenen Schwierigkeiten…«, sagte er. »Es sähe nicht echt aus.«
    »Aber ich meine die richtige Stadt Ankh-Morpork, Onkel«, betonte Soll. »Es muß echt aussehen. Wie kann es nicht echt aussehen?«
    »Weißt du, eigentlich wirkt Ankh-Morpork nicht besonders authentisch«, erwiderte Schnapper nachdenklich.
    »Natürlich wirkt die verdammte Stadt authentisch!« entfuhr es Soll. Das Band der Verwandtschaft war nun so sehr gespannt, daß es zu zerreißen drohte. »Sie existiert! Ich meine, sie existiert wirklich! Sie kann gar nicht authentischer sein! Sie hat soviel Authentizität, wie es nur möglich ist!«
    Schnapper nahm die Zigarre aus dem Mund.
    »Nein«, widersprach er. »Wart’s ab.«
    Ginger traf gegen Mittag ein und war so blaß, daß es nicht einmal Schnapper über sich brachte, sie anzuschreien. Die junge Frau warf Gaspode finstere Blicke zu, und er hielt sich klugerweise von ihr fern.
    Schnapper hatte ohnehin keine Zeit für Ginger. Er saß in seinem Büro und erklärte den Plot.
    Im großen und ganzen war er ganz einfach und wies die bereits vertraute Struktur auf: junger Mann lernt junge Frau kennen, junge Frau trifft einen anderen jungen Mann, junger Mann verliert junge Frau und so weiter. Es gab nur einen wichtigen Unterschied: Diesmal spielte sich alles vor dem Hintergrund eines Bürgerkriegs ab.
    Der Anlaß des Bürgerkriegs von Ankh-Morpork (3. Gruni 432, 20.32 Uhr – 4. Gruni 432, 10.45 Uhr) hat bei den Historikern häufig zu hitzigen Debatten geführt. Die beiden wichtigsten Theorien lauten: 1.) Das gemeine Volk hatte die Nase voll davon, hohe Steuern an einen besonders dummen und unangenehmen König zu bezahlen. Es entschied, sich von dem längst überholten Konzept der Monarchie zu trennen und es durch eine andere Regierungsform zu ersetzen, die dazu führte, daß einige despotische Fürsten ebenfalls hohe Steuern eintrieben. Aber wenigstens behaupteten sie nicht, in göttlichem Auftrag zu handeln, wodurch sich alle viel besser fühlten; und 2.) In einer Taverne spielten mehrere Männer Leg-Herrn-Zwiebel-rein, und einer von ihnen hatte mehr als die übliche

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