voll im Einsatz
Problem.
Maleas Gesicht aber verfinstert sich. Na schön, vielleicht hab ich etwas aggressiv geklungen. Aber in meinem Zustand und nach dem, was ich gerade erlebt habe, ist das wohl kein Wunder.
»Hast du dich gekloppt?«
»Vielleicht«, gebe ich schlecht gelaunt zurück.
»Weiß Livi das?«
»Wieso?«
Okay, jetzt bin ich wirklich aggressiv. Maleas Fragen löchern mich wie Pistolenkugeln. Und – danke – ich hab schon genug Wunden. Da brauche ich nicht noch den Namen Livi als beißendes Salz obendrauf.
Am liebsten würde ich Malea anbrüllen, dass Livi selbst zugesehen hat, wie mich dieser Mistkerl Daniel getreten hat, aber dass Livi das kein Stück interessiert. Ganz im Gegenteil. Die mit Brettern vernagelte Livi ist auch noch der Meinung, dass ICH irgendwas falsch gemacht habe, als ich mir diesen blöden Sack gegriffen hab!
Aber was kann Malea dafür! Und verstehen würde sie sowieso nichts von dem, was ich sage. Und außerdem habe ich Livi versprochen, niemandem zu erzählen, in wen sie verliebt ist, und deshalb kann ich natürlich auch nichts davon sagen, dass sie mit diesem Kerl heimgegangen ist und nicht mit mir.
»Weißt du, Gregory«, belehrt mich Malea jetzt, »ich finde, du solltest etwas netter sein zu Livi! Sie ist nämlich richtig toll! Und wenn du das nicht merkst, dann hast du voll ein Wasserhirn mit Luftblasen drin!« Sie guckt mich mit ihrem durchdringenden Spioninnenblick stockernst an. »So! Das wollte ich dir schon lange mal sagen!«
Waaaas? Ich bin so baff, dass ich nicht mal mehr eine passende Antwort geben kann. Oder vielleicht bin ich auch zu erschöpft. Auf jeden Fall langt es mir für heute. Komplett.
»Alles klar«, grunze ich unfreundlich, würdige Malea keines Blickes mehr und stapfe weiter die Straße entlang.
Die kleine Stehpause hat mir nicht gut getan, meine Rippen und Beine schmerzen jetzt noch mehr. Ob Mama schon aus dem Studio zurück ist? Ob Goldi heute Abend noch kommt? Das wäre schön. Vielleicht könnte ich mit ihm mal ein paar Worte reden. Immerhin ist er ja mein Vater. Mit irgendjemandem muss ich reden, sonst platze ich. Vor Wut. Vor Schmerz. Und vor … Traurigkeit.
Und überhaupt, was um alles in der Welt meint Malea eigentlich damit, ich solle netter zu Livi sein? Hat die noch alle Schrauben am Fahrrad? Ich meine, WIE nett soll ich denn sein? Mehr als ich KANN man doch überhaupt nicht mehr machen!
Als ob ich nicht merken würde, was für ein tolles Mädchen Livi ist! Das ist es ja gerade! Aber was kann man tun, wenn dieses Mädchen so dämlich ist wie eine Kaulquappe mit Hirnzellenverweichung?
Oh, nein, die nicht auch noch! Gerade als ich in unseren Garten einbiegen will, trippelt Tessa die drei Stufen vom Martini-Haus runter. In Tiger-Mini, kniehohen Wildlederstiefeln, knallgoldenem Handtäschchen und strassbesetzter Felljacke. Was hat die denn vor? Sich bei Deutschland sucht den Superstar zu bewerben?
»Halloooo! Gregoryyyy!«
»Hi Tessa!«
Sie stakst in ihren hohen Stiefeln auf mich zu. (Na gut, gerade hässlich ist sie wirklich nicht, aber muss sie sich jeden Tag SO DERMAßEN aufbrezeln?)
Tessa zieht ihre fein geschwungenen Augenbrauen hoch und guckt nun genauso erstaunt wie Malea. (Sehe ich wirklich wie Frankenstein aus?) »Was ist denn mit dir passiert?«
Ich seufze ergeben. »Mir ist’n Eichhörnchen ins Gesicht gesprungen.«
Tessa kichert. »Hör auf mit dem Quatsch, Gregory!« Dann beäugt sie mein Kinn. »Warum gehst du nicht zu Livi und lässt dich von ihr verarzten, hm?« Sie lächelt zuckersüß. »Livi ist eine sehr gute Krankenschwester, du solltest ihr vertrauen!«
Mann, was ist heute eigentlich los? Schon wieder Livi? Krankenschwester?? Danke, Tessa! TREFFER! Versenkt! Die liebe Livi hat es vorgezogen, ihren Krankendienst woanders abzuhalten.
»Livi ist überhaupt total super«, plappert Tessa weiter und scheint meine Qualen nicht im Ansatz zu bemerken. »Und wenn man nur ein paar winzige Farbtupfer in ihr Gesicht bringen würde, dann würde sie jedes Model ausstechen. Ehrlich, Gregory, glaub mir! Du musst sie nur mal richtig angucken!«
Hä? Ich glaub, die haben echt alle einen an der Waffel! Als ob ich Livi noch nie angesehen hätte!
Und nebenbei gesagt: Livi braucht weder Farbtupfer noch sonst irgendwelchen Schnickschnack! Livi sieht jeden Morgen ohne Schminke bereits so hübsch aus, dass es einem den Bauch vor Sehnsucht zusammenzieht.
» Hast du sie eigentlich mal richtig angeguckt?« Tessa lässt nicht locker. »Ich
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