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Voll Speed: Roman (German Edition)

Voll Speed: Roman (German Edition)

Titel: Voll Speed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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haben.
    Ich spüre ein Pochen in der Flanke und stelle fest, dass mich die Krallen der Ratte dort erwischt haben. Das Fell ist blutverschmiert. Außerdem engt sich mein Gesichtsfeld in einem rasanten Tempo ein. Ich vermute, dass mir gerade ein Veilchen wächst, groß wie ein Straußenei.
    Keuchend und ein wenig demotiviert, aber auch entschlossen, nicht aufzustecken, formieren Rocky und ich uns erneut zum Angriff.
    Da erscheint plötzlich Hilfe von unerwarteter Seite. Heiner kommt angetrottet. »Sorry, Leute, aber das hier ist das Elefantengehege. Ich und meine Familie würden gern in Ruhe zu Abend essen.« Er lächelt breit.
    Die Ratte starrt ihn an, dann scheinen ihre Augen Funken zu sprühen. Wie von Sinnen stürzt sie sich auf Heiners Rüsselende und beginnt, darauf einzuprügeln. Heiner schaut verdutzt an seinem Rüssel entlang und sieht, wie ein kleines Nagetier versucht, ihn k.o. zu schlagen.
    Schließlich wird dem Elefantenbullen die Sache zu bunt. Er packt die Ratte mit dem Rüssel, wirft sie auf die Seite und stellt dann seinen Fuß auf ihren Schwanz.
    »Sehr gut! Halt Sie fest! Ich mach sie fertig!«, ruft Rocky.
    Heiner hebt abwehrend den Rüssel. »Geht nach Hause, Jungs! Die Ratte hier geht auch dahin, woher sie gekommen ist, sobald sie sich ein bisschen beruhigt hat. Und danach möchte ich gern ungestört und in aller Ruhe mit meiner Familie zu Abend essen. Ist das klar?«
    Rocky will gerade widersprechen, da geschieht etwas Merkwürdiges: Die sich unter dem Elefantenfuß windende Ratte stößt plötzlich einen schrillen Schrei aus und schlägt dann mit aller Gewalt ihre Zähne in Heiners ledrige Haut. Wie zu erwarten halten das die Zähne nicht aus, und die Ratte spuckt blutige Zahnsplitter in den Sand des Elefantengeheges.
    Wie überhaupt nicht zu erwarten, zeigt ihr Biss aber auch Wirkung. Mit einem erstaunten »Autsch« hebt Heiner seinen riesigen Elefantenfuß in die Höhe und gibt damit den Schwanz der Ratte frei.
    Die sucht nun ihr Heil in der Flucht. Als sie losspurtet, verhindert der sandige und unebene Boden, dass sie den optimalen Fluchtweg erwischt. Deshalb hechtet sie zunächst auf mich zu, um dann rasant abzudrehen und so nahe an mir vorbeizusauen, dass ich nur eine Kralle auszustrecken brauche, um ihr Brustgeschirr zu erwischen und von ihr mitgeschleift zu werden. Warum ich das tatsächlich tue, ist mir selbst schleierhaft. Einerseits würde ich natürlich zu gerne wissen, was die Ratte auf ihrem Rücken transportiert, andererseits ist mein Bedarf an Abenteuern für heute gedeckt. Egal, jetzt sitze ich auf dem Rücken der Kung-Fu-Ratte, weil mich der Schwung dorthin befördert hat, und strecke meine rechte Vorderpfote nach dem schwarzen Päckchen aus, während ich mit der linken das Brustgeschirr umklammere.
    Die Ratte springt mit einem großen Satz in die Büsche, die das Elefantengehege umgeben. Äste peitschen mir ins Gesicht, und für einen Moment drohe ich, das Gleichgewicht zu verlieren. Glücklicherweise endet in diesem Moment der Ritt durchs Dickicht. Die Ratte prescht über einen Gehweg und passiert dabei Kato und Kirk, die im Gras hocken und ihre Wunden lecken. Als ich an den beiden vorbeireite, höre ich ein bewunderndes: »Alter Schwede! Das ist krass!«
    Weiter geht es am Nashorngehege vorbei in Richtung Vierwaldstätter See. Das denke ich zumindest. Doch plötzlich schlägt die Ratte einen Haken. Ich rutsche auf die Seite und kann mich nur mit Mühe und Not obenhalten. Um mir den Rest zu geben, nimmt sie nun gezielt Kurs auf den Seitenpfosten des Stahlgeländers vom Nashorngehege. Sie hechtet so haarscharf daran vorbei, dass mich das kalte Metall frontal erwischt. Ob das hohl klingende »Ka-lonck!« von meinem Kopf oder vom Stahl verursacht wird, weiß ich nicht. So fühlt sich das also für Justus an, denke ich noch und gehe davon aus, dass ich nun ohnmächtig werde. Tatsächlich schleudert mich der riesige Stahlpfosten aber nur auf die andere Seite der Ratte, wo ich nun wieder zwischen Himmel und Erde hänge. Ohnmächtig bin ich nicht geworden, obwohl das vielleicht besser gewesen wäre. Ich sehe, dass wir jetzt eine Blutspur hinter uns herziehen.
    Die Ratte überspringt das Mäuerchen, das den Fußweg vom Vierwaldstätter See trennt. Der gewaltige Satz endet mit einem harten Aufprall, der mich endgültig zu Boden schleudert.
    Das war es also. Immerhin habe ich mein Bestes gegeben, denke ich und bin zugleich erstaunt darüber, dass ich ziemlich lange über den Rasen

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