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Voll Speed: Roman (German Edition)

Voll Speed: Roman (German Edition)

Titel: Voll Speed: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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sagt Rufus und deutet auf einen im Dunkeln liegenden Nebenarm der Kanalisation. Ich schwenke die Fahrradleuchte, die mein kluger Bruder inzwischen auf ein iPhone-Stativ montiert hat, in die betreffende Richtung. Aber wieder ist nur ein gähnend leeres Stück Kanalisation zu sehen.
    Rufus ist nervös. Ich ahne, dass ihm unsere Schleichfahrt schon viel zu lange dauert. Wenn wir Rocky nicht sehr bald finden, wird ein Krieg unausweichlich sein.
    »Da vorne kommt schon der Hauptsammelkanal unter dem 17. Juni«, murmelt Rufus. »Aber da ist man voll auf dem Präsentierteller. So blöd kann doch keiner sein.«
    Reflexartig drehe ich den Suchscheinwerfer nach hinten. Der gleißende Lichtkegel erfasst Rufus, der sofort eine Pfote schützend vors Gesicht hebt. »Hey! Pass doch auf, Mann!«
    Ich schwenke die Lampe zur Seite. »Hast du gerade gesagt: So blöd kann doch keiner sein?«, frage ich.
    Rufus schaut mich verdutzt an, dann versteht er. »Du meinst: So blöd kann keiner sein, es sei denn unser besonders blöder Bruder Rocky?«
    Ich nicke.
    »Festhalten«, sagt Rufus und schiebt den Geschwindigkeitsregler nach vorn. Unser Boot zittert wie eine Katze vor dem Sprung, dann nehmen wir Kurs auf den Hauptsammelkanal.
    Wie vermutet, spaziert Rocky seelenruhig unter der Straße des 17. Juni entlang, den Elektroschocker im Anschlag. Ratten scheint er noch nicht gefunden zu haben. Zum Glück.
    Elegant dreht Rufus das Boot bei. »Hallo Robocop. Alles im Lack?«
    Rocky hält inne. »Robo … was?«
    »Das ist die Hauptfigur des gleichnamigen Science-Fiction-Filmes aus den späten achtziger Jahren, der einerseits Gesellschaftssatire war, andererseits aber auch …« Rufus vergegenwärtigt sich ganz kurz, was er da gerade macht, und winkt dann ab. »Schon gut, Rocky.«
    »Hm«, grunzt Rocky und will weitermarschieren.
    »Was du da vorhast – ist es das, wonach es aussieht?«, frage ich.
    »Wonach sieht es denn aus?«, erwidert Rocky und grinst blöd. Er scheint es für ungeheuer clever zu halten, meine Frage mit einer Gegenfrage zu beantworten.
    »Nach Ärger«, antworte ich.
    »Dann stimmt das wohl.« Um dem Satz Nachdruck zu verleihen, hebt er den Elektroschocker in die Höhe.
    »Ich dachte eher, dass du Ärger bekommst«, sage ich.
    Rocky grunzt verächtlich. »Mit dem Rattenpack? Werden wir ja sehen.« Unbeirrt setzt er seinen Weg entlang des Hauptsammelkanals fort und fügt, ohne sich noch einmal umzudrehen, hinzu: »Geht lieber zurück in den Bau, Jungs! Das hier is nix für halbe Portionen.«
    Rufus wirft mir einen besorgten Blick zu. Was jetzt?
    Ich lasse Rocky noch ein paar Schritte Zeit, um seine Machonummer auszukosten, dann rufe ich: »Ärger mit Roxane, meine ich.«
    Rocky bleibt abrupt stehen.
    Rufus wirft mir einen erstaunten Blick zu, dann breitet sich auf seinem Gesicht ein zufriedenes Grinsen aus. »Super Idee!«, flüstert er.
    »Was soll das heißen – Ärger mit Roxane?«, fragt Rocky unsicher. Er hat sich wieder umgedreht und kommt nun langsam zum Boot zurück.
    »Die Sache hier ist ja nun nicht ganz ungefährlich«, beginne ich. »Und du wirst schließlich bald Vater.«
    Rocky sieht da keinen Zusammenhang. »Und?«
    »Na. Roxane wird wissen wollen, warum du in Kauf nimmst, dass eure Kinder möglicherweise als Halbwaisen aufwachsen müssen.«
    Rocky steht da wie vom Blitz getroffen. Ich glaube sogar zu sehen, dass er trocken schlucken muss. Ein Heer wilder Ratten kann ihn nicht aus der Ruhe bringen, aber die Aussicht darauf, Roxane zu vergrätzen, treibt ihm sofort den Angstschweiß auf die Stirn.
    »Hat sie das etwa gefragt?«, bringt er mühsam hervor.
    »Ich glaube, sie weiß noch gar nicht, dass du hier bist«, mischt Rufus sich ein. »Aber sie wird bestimmt von uns wissen wollen, warum wir dich nicht aufgehalten haben.«
    »Genau«, ergänze ich. »Und was sollen wir ihr dann antworten?«
    Rocky überlegt angestrengt. Das kann erfahrungsgemäß eine Weile dauern. »Sie weiß noch nicht, dass ich hier bin?«, wiederholt er schließlich.
    »Und wenn schon«, sage ich. »Noch könnte das hier ja ein Erkundungstrip gewesen sein, den wir zu dritt unternommen haben. Völlig ungefährlich, bislang. Wenn du allerdings jetzt alleine weitergehen willst, dann …«
    »Schon gut«, unterbricht Rocky und wirft entschlossen den Elektroschocker aufs Boot. »Vielleicht ist es besser, wenn wir das mit den Ratten nicht überstürzen. Ich möchte sowieso zuerst hören, was der Clan dazu sagt.«
    Rufus und ich tauschen

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