Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)
guter Laune und Gehirn nicht vergessen.«
Mustafa: »Frau freitag, was geht?«
Ich: »Na, du hoffentlich morgen – Schule – halbe Stunde früher.«
Mustafa: »Ich finde meine bewerbungen nicht.«
Die brauchen sie aber UNBEDINGT für das Bewerbungstraining.
Mustafa: »Und lebenslauf auch nich.«
Ich: »Schreibst du neu. Dein Leben ist ja noch nicht so alt. Geht also schnell .«
Mustafa: »Yaaanneeee frau freitag, bewerbung hat krass lang gedauert. 4 stunden.«
Ich: »Na, setz dich jetzt gleich ran.«
Mustafa: »Uffff neeiiin ya frau freitag.«
Ich: »Ufff ya abo tschüch Musti, mach mal, bist doch ein Mann, oder was?«
Mustafa: »Üfff.«
Ich: »Mann oder Memme?«
Mustafa macht erst mal eine längere Pause, wahrscheinlich muss er nachdenken.
Er wird pünktlich, aber ohne Bewerbung kommen. Die, denen der verfrühte Beginn von ihren Mitschülern mitgeteilt werden sollte, werden zu spät kommen und sagen, sie wussten von nichts. Die, die ich nicht erreicht habe, werden zu spät sein, weil sie von nichts wussten. Ein Riesenchaos, nur weil ich alles verpeilt habe. Aber ich werde mir nicht sagen lassen, dass ich mich nicht bemüht hätte. Und den nächsten wichtigen Termin schreibe ich mir eine Woche vorher mit schwarzem Edding auf die Stirn.
Eldas Entschuldigungen
Am nächsten Tag sind alle meine Facebook-Schüler pünktlich. Allerdings haben die wenigsten von ihnen irgendeine Art von Bewerbungsunterlagen dabei, und Mustafa, die Memme, natürlich auch nicht. Die Unerreichbaren kommen auch pünktlich (aber halt eine halbe Stunde später), und sieben Schüler kommen gar nicht. Ich versuche, sie anzurufen, aber Telefonate mit Elternhäusern sind, wie gesagt, nicht so einfach. Eine Schwester schwört, dass Hanna vor einer halben Stunde das Haus verlassen hätte und gleich auftauchen müsste. Sie kommt nie an. Emre wird von Abdul um 9 Uhr telefonisch in die Schule beordert: »Frau Freitag, ich hatte ihn schon aufgewacht vorhin.« Emre erscheint dann völlig verpennt oder bekifft um 12 Uhr. Ohne alles. Ohne Bewerbung, Lebenslauf oder Stift.
Dann gibt es den ganzen Tag Bewerbungsgespräche und Einstellungstests und Feedback und Beratungen. Zwischendurch kommen die Schüler zu mir und berichten:
»Hat voll Spaß gemacht. Die Frau war korrekt. War voll king.«
»Ich bin rausgekommen und hatte voll Lebensfreude.«
»Frau Freitag, was ist ein Schamör?«
»Ich schwöre, ich habe perfekt Deutsch gesprochen. Ich glaube, ich habe sogar gesagt, ich habe mein Praktikum absolviert. So spreche ich sonst nie.«
Alles ist richtig nett und gemütlich. Wir plaudern zwischen ihren Terminen und pflegen die Beziehungsebene. Funda und Elda wollen mich bequatschen wegen ihrer gefälschten Entschuldigungszettel. Sie kommen zwar jetzt immer pünktlich, aber der Elternsprechtag steht an, und ihnen geht der Arsch auf Grundeis.
»Frau Freitag, bitte, ich habe das doch nur einmal gemacht. Bitte sagen Sie das meiner Mutter nicht.«
»Elda, deine Mutter weiß davon. Ich habe es ihr doch schon gesagt.«
Was die Mutter nicht weiß, ist, dass mir noch sieben weitere Entschuldigungen vorliegen, die garantiert auch gefälscht sind.
»Elda, warum soll ich denn deiner Mutter die anderen Entschuldigungen nicht zeigen? Du hast doch selbst gesagt, dass du es nur einmal gemacht hast.«
»Habe ich ja auch nur einmal gemacht.«
»Na, dann ist es doch kein Problem.«
Sie stammelt etwas davon, dass sie manchmal für ihre Mutter unterschreiben musste, als sie krank war, weil ihre Mutter keine Zeit hatte und so … Alles klar.
Wenn Elda wenigstens einfach zugeben würde, dass sie alle Entschuldigungen gefälscht hat. Aber sie versucht immer noch, sich rauszureden. Und eigentlich will sie sogar noch von mir gelobt werden. Weil sie doch eine Entschuldigung abgegeben und nicht unentschuldigt gefehlt hat. Denn geschwänzt hat sie ja angeblich nicht.
»Frau Freitag, wissen Sie eigentlich, was Eldas Mutter mit ihr macht, wenn Sie die anderen Zettel zeigen?«, fragt mich Funda mit theatralisch weit aufgerissenen Augen.
»Na, gar nichts, Elda sagt doch, dass die alle ganz korrekt sind.«
»Sie schickt sie in die Türkei, und dort wird sie verheiratet! Und dann sind Sie schuld! Und mein Vater bringt mich um!«
Noch dramatischer ging es wohl nicht. Ich versuche, das Thema zu wechseln.
Ich bin mir gar nicht sicher, ob ich den Müttern das ganze Fälscherausmaß zeigen werde. Aber die Mädchen geben keine Ruhe: »Das hätten Sie bei Ronnie oder
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