Voll streng, Frau Freitag!: Neues aus dem Schulalltag (German Edition)
schmeckt wahrscheinlich echt bitter. Konsequenz aber auch.
Abends schickt mir Mariella eine herzzerreißende Nachricht auf Facebook. Sie gibt nur sich die Schuld und nicht mir. Und ob ich ihr nicht helfen könnte, sie würde mich jetzt wirklich BRAUCHEN. Knack, aua, das Mutterherz … Was mache ich?
Ich nehme mir das Schulgesetz und gucke nach, ob das überhaupt rechtens ist, dass die Schule den Anmeldetermin bestimmt. Und siehe da – die dürfen den zwar bestimmen, aber eigentlich erst nach den Halbjahreszeugnissen.
Ich werde jetzt erst mal abwarten, was die Prüfungskommission sagt. Wenn die sie nicht zulassen, dann werde ich Herrn Werner bitten, Mariella zu stecken, dass sie mit ihrer Mutter zur Schulbehörde gehen soll. Aber vorher soll sie noch schlottern und Buße tun.
Und falls sie am Ende doch zugelassen wird, fangen ihre Probleme ja erst richtig an, weil sie sich so wenig um ihre Prüfung und das Thema gekümmert hat, dass sie jetzt in einem Bereich geprüft werden soll, von dem sie nicht nur so dermaßen gar keine Ahnung hat, sondern an dem sie auch nicht interessiert ist. Sie hat sich ja mit Emre zusammen angemeldet. Und das Thema lautet ungefähr: Der Vergleich von Westcoast-Hip-Hop mit deutschem Gangsta Rap. Tja, Emre könnte dazu viel sagen, aber der ist ja nun gar nicht zugelassen, weil er mir den Elternzettel nicht mal am Dienstag gegeben hat. Außerdem hat er im Moment so viele Fünfen und Sechsen, dass er nicht zugelassen werden würde.
Mrs Konsequenz
Ich hatte einen Superaneinanderrassler mit Marcella. Ich liebe Marcella, aber sie raubt mir den letzten Nerv. Heute hat sie in der Englischstunde nonstop gequatscht. Ihre Zensuren sind ein Graus. Sie hätte echt das Potential, Abitur zu machen, aber momentan sieht es leider nur nach schlechtem Hauptschulabschluss aus. Jedenfalls macht sie heute gaaar nichts außer quatschen. Als ich sage: »So, ich sammle jetzt eure Ergebnisse ein«, fängt sie plötzlich an zu schreiben. Dreißig Minuten nur rumgesessen und gelabert – und dann fängt sie an. Da habe ich ihr wütend das Blatt weggerissen, auf dem natürlich fast nichts stand. Und weil ich so sauer war, habe ich keine gute Figur gemacht und in meiner Wut ein Stück von dem Blatt abgerissen.
»Ja toll, Frau Freitag!«, schreit sie mich an. »Nur weil Sie Ihre Tage haben, brauchen Sie nicht mein Blatt kaputtzumachen.«
»Erstens habe ich die gar nicht, und zweitens ist das kein angemessener Ton. RAUS!« Irgendwie geht sie nicht aus dem Raum. Ich ignoriere sie, sie kommt wieder angeschleimt und wischt mir die Tafel. Ich werde das später auf Facebook mit ihr klären. Easy.
Und dann habe ich noch voll den gut vorbereiteten Unterricht in der 7. Klasse gehalten. Voll strukturiert, mit informierendem Unterrichtseinstieg (alles, was in der Stunde passieren soll, steht als Ablauf an der Tafel – sozusagen ein Stundenprogramm – und wird sukzessive abgehakt).
Dann habe ich richtig geil unterrichtet. Muss ich echt sagen. Mit übertriebenen Gesten und Mimik, voll präsent und ruhig. Die Schüler voll leise und so und voll mitgemacht, und alles war super. Dann war ich auch noch voll Mrs Konsequent. Drei Schüler stehen zu Beginn einer schriftlichen Phase auf und holen sich von Mitschülern Blätter.
»Tarkan, Murat und Daniel, wo sind EURE Blöcke?«
»Zu Hause.«
»Okay, dann geht ihr jetzt nach Hause und holt euer Arbeitsmaterial.«
Murat findet plötzlich doch noch seinen Block.
Tarkan: »Meinen Sie das ernst?«
»Und ob!«
Die Klasse hält den Atem an. Dann: »Ohaaa, er wohnt voll weit.«
Ich: »Pech. Muss er sich halt beeilen.«
So viel Konsequenz hatten weder die Schüler noch ich mir zugetraut. Ehrfürchtig arbeiten sie unter meinem Kommando wie die Guppys. Ich bin in ihrer Achtung meilenweit gestiegen. Nach zwanzig Minuten kommen sogar Tarkan und Daniel mit ihren Blöcken, die sie allerdings nicht mehr brauchen, da die Stunde schon fast vorbei ist.
Ab jetzt nur noch so.
Frau Freitag, warum machen Sie so?
»Frau Freitag, vielen Dank! Sie können sich gar nicht vorstellen, was wir gestern Abend für einen Ärger von unseren Eltern bekommen haben.« Funda steht vor mir und bebt vor Wut. Ihre Augen sind schon ganz wässrig. Gleich fängt sie noch an zu heulen.
»Sie haben unser Leben ruiniert. Nur, weil wir Ihnen egal sind.«
»Funda, warte mal, gerade weil ihr mir NICHT egal seid, habe ich angerufen.«
Funda ist sauer. Elda auch. Sie wollen mir nicht mehr zuhören. Alle
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