Volle Deckung Mr. Bush
man mir erzählt, daß ich vor einem
Fiesling eine Mordsangst haben soll, vor allem vor diesem
Oberfiesling, dann erwarte ich, daß bei ihm sämtliche
Körperfunktionen hundertzehnprozentig funktionieren! Ich will, daß er stark, furchterregend und allgegenwärtig ist - und zwei funktionierende Nieren hat. Wie soll ich diese ganzen
verschärften Sicherheitsvorschriften akzeptieren, wenn der
Hauptbösewicht irgendwo flachliegt und an ein Dialysegerät
angeschlossen ist?
Plötzlich wußte ich nicht mehr, wem ich trauen oder was ich glauben soll. Ich stellte weitere Fragen. Wie kann ein Typ in einer Höhle in Afghanistan, noch dazu auf eine regelmäßige
Dialyse angewiesen, zwei Jahre lang die Aktionen von 19
Terroristen in den USA leiten und überwachen und die
Entführung von vier Flugzeugen perfekt planen und obendrein
noch dafür sorgen, daß drei Flugzeuge ihr Ziel präzise treffen?
Wie hat Osama das gemacht? Ich meine, ich kann nicht einmal
verhindern, daß mein Computer abstürzt, sobald ich das Wort
»Gingivitis« tippe. Ich kann mit dem Handy nicht von hier nach Queens telefonieren! Und er soll die Anschläge am 11.
September von seiner kleinen Höhle aus organisiert haben - aus 16000 Kilometern Entfernung? Was hat er dann gemacht, als
46 Hardball with Chris Matthews, MSNBC, 19. November 2001; Interview mit Michael Griffin, Autor von Reaping the Whirlwind: The Taliban Movement in Afghanistan, Pluto, Mai 2001. Mehr zu Osama bin Ladens Krankheit bei John F. Burns, »Pakistanis say bin Laden may be dead of disease«, in: The New York Times, 19. Januar 2002.
-38-
wir Afghanistan bombardierten? Rannte er von Höhle zu Höhle
und zog das Dialysegerät an den Schläuchen hinter sich her?
Oder, hm, vielleicht war ja auch in jeder dritten Höhle in
Afghanistan ein Dialysegerät. Ja, genau, so war's! Wirklich ein sehr modernes Land, dieses Afghanistan! Dort gibt es etwa 25
Kilometer Eisenbahnschienen. Also gibt es bestimmt jede
Menge Dialysegeräte.
Das soll nicht heißen, daß Osama kein böser Bube ist oder mit den Anschlägen nichts zu tun hatte. Aber vielleicht sollten ein paar Journalisten ein paar vernünftige Fragen stellen, zum
Beispiel, wie er das alles angestellt hat, während sich seine Haut langsam grünlich verfärbte und er in einem Land lebte, in dem es keine Copyshops, kein FedEx und keine Bankautomaten gibt.
Wie hat er diesen ausgeklügelten Angriff organisiert, wie hat er dabei kommuniziert, wie hat er alles kontrolliert und
beaufsichtigt? Mit zwei Blechdosen und einer Schnur?
Dennoch sagst du uns, Mr. Bush, das sollen wir glauben. Die
Schlagzeilen verkündeten es reißerisch am ersten Tag nach dem Anschlag und behaupten es auch noch zwei Jahre später:
»Terroristen greifen USA an.«
Terroristen. Ich grüble schon einige Zeit über dieses Wort nach, George, deswegen möchte ich dich etwas fragen: Wenn 15
der 19 Flugzeugentführer Nordkoreaner gewesen wären und
3000 Menschen getötet hätten, glaubst du, daß die Schlagzeilen dann am nächsten Tag verkündet hätten: »NORDKOREA
GREIFT USA AN«?
Ganz bestimmt. Oder wenn es 15 Iraner oder 15 Libyer oder
15 Kubaner gewesen wären, jedes Mal hätte man unisono
gebrüllt: »IRAN (oder LIBYEN oder KUBA) GREIFT USA
AN!«
Aber hast du im Zusammenhang mit dem 11. September je die
Schlagzeile gesehen, je einen Nachrichtensprecher sagen hören oder hat je einer deiner Sprecher gemurmelt: »Saudi-Arabien hat
-39-
die USA angegriffen«?
Natürlich nicht. Und deswegen muß - muß! - man die Frage
stellen: WARUM NICHT? Warum hast du, Mr. Bush, 28 Seiten
im Untersuchungsbericht des Kongresses zum 11. September
zensiert, auf denen es um die Rolle der Saudis bei den
Anschlägen geht? Warum weigerst du dich ganz offensichtlich, das Land in Betracht zu ziehen, das allem Anschein nach das
Mutterland jener »Terroristen« ist, die unsere Mitbürger
umgebracht haben?
Ich möchte hier eine Möglichkeit erörtern: Was wäre, wenn
am 11. September kein »terroristischer« Anschlag erfolgt wäre, sondern vielmehr ein militärischer Angriff auf die USA? Was wäre, wenn die 19 Attentäter gut ausgebildete Soldaten gewesen wären, Elitesoldaten, die ohne zu zögern ihre Pflicht erfüllen und bedingungslos die Befehle ihres Vorgesetzten ausführen?
Daß die Attentäter fast zwei Jahre im Land lebten und
unentdeckt blieben, erfordert eine gewisse Disziplin, soldatische Disziplin, und entspricht nicht dem unberechenbaren Verhalten
Weitere Kostenlose Bücher