Vollendet - Der Aufstand (German Edition)
zwei Monaten getan hat, um diese Razzia zur verhindern, um Connor und Hayden und alle anderen zu beschützen. Die JuPos haben die Razzia trotzdem durchgeführt. Vielleicht war das von Anfang an geplant und der Handel mit Roberta war nichts als eine Lüge? Wie konnte Risa so dumm sein, dieser Frau überhaupt irgendetwas zu glauben?
Der Assistent des Inspizienten streckt den Kopf durch die Tür: »Noch drei Minuten, Miss Ward.«
Risa hat sich nie als gewalttätig betrachtet. Natürlich war sie immer in der Lage gewesen, sich zu verteidigen, aber Gewalt diente ihr nie als Selbstzweck oder hatte ihr Freude bereitet. Dennoch ist sie in diesem Augenblick sicher, dass sie Roberta töten würde, wenn sie die Möglichkeit hätte.
Dann wird ihr klar, dass sie das gar nicht tun muss. In weniger als drei Minuten wird Risa live zu einem nationalen Publikum übertragen. Sie muss Roberta nicht töten. Sie wird sie einfach Stück für Stück in Einzelteile zerlegen …
Unnatürlich helles Licht. Ein TV-Studio ohne Publikum. Ein bekannter TV-Reporter in Anzug und Krawatte. Der Mann ist in Wirklichkeit kleiner und älter, als er im Fernsehen rüberkommt. Drei Kameras: eine auf ihn gerichtet, eine auf Risa und eine auf Cam. Während sie auf das Ende der Werbepause warten, weist der TV-Mann sie ein.
»Ich werde euch beiden Fragen stellen. Erst zu Risas Entscheidung, das Umwandeln zu befürworten, dann über den Vorgang des Designens, der zu Cams sogenannter Geburt geführt hat, und zum Schluss befrage ich euch noch zu eurer Beziehung und wie ihr einander gefunden habt. Diese Fragen sind euch schon oft gestellt worden, das weiß ich wohl, aber ich hoffe, ihr gebt mir ein paar unverbrauchte Antworten.«
»Wir werden uns gewiss bemühen«, sagt Risa mit einem Grinsen, das ein bisschen zu freundlich ist.
Cam beugt sich zu ihr: »Wir sollten Händchen halten.«
»Es gibt keine Totale«, erklärt Risa. »Das sieht ohnehin niemand.«
»Trotzdem.«
Aber diesmal setzt Cam sich nicht durch.
Der Inspizient zählt von fünf abwärts. Bei null leuchtet an der Kamera das rote Licht auf.
»Willkommen zurück«, sagt der TV-Mann. »Angesichts der aktuellen Polizeiaktion in Arizona haben unsere Gäste heute Abend eine gewisse … Resonanz, wenn Sie so wollen. Eine militante EA, die zur Fürsprecherin der Umwandlung geworden ist, und ein junger Mann, den es ohne Umwandlung überhaupt nicht gäbe. Risa Ward und Camus Comprix.«
Nach der freundlichen Begrüßung beginnt er sein Interview wie angekündigt mit Risa, konfrontiert sie jedoch mit einer Frage, die sie aus dem Konzept bringen soll.
»Miss Ward, was halten Sie als ehemalige EA von der Razzia in Arizona? Unterstützen Sie es, dass diese Ausreißer umgewandelt werden?«
Aber er kann sie nicht verwirren, denn sie weiß genau, was sie sagen will. Risa dreht sich ein bisschen und schaut direkt in Kamera zwei, die gerade auf Sendung gegangen ist.
»Ich halte es für wichtig, dass ich ein paar Dinge richtigstelle«, beginnt sie. »Ich bin weder jetzt für die Umwandlung noch war ich es jemals …«
74.
Roberta
Hätte Roberta aufgepasst, wäre die Sache vielleicht anders verlaufen, das heißt, sie wäre vielleicht gar nicht verlaufen. Zu ihren Gunsten muss man sagen, dass sie ihren Handel mit Risa ehrlich gemeint hat, auch wenn er in höchstem Maße manipulativ war. Sie hatte ein paar Anrufe getätigt und ein paar Fäden gezogen, dann hatte die Jugendbehörde bestätigt, dass in naher Zukunft keine Razzien auf dem Flugzeugfriedhof geplant seien. Sollte sich in dieser Hinsicht etwas ändern, würde Roberta lange vorher gewarnt, sie hätte also genügend Zeit, weitere Fäden zu ziehen und eine solche Razzia zu verhindern. Roberta war es nie um Täuschung gegangen, immer nur um Ergebnisse.
Doch dann war sie so in die Medienkampagne eingebunden, mit der Cam zum Liebling der modernen Welt gemacht werden sollte, dass ihr die brennenden Häuser in Tucson und der dreiste Junge entgangen waren, der sie in Brand gesteckt und behauptet hatte, als Rächer aller Storche zu handeln. Ja, eigentlich sollte die Jugendbehörde Roberta durch ihre Mitarbeiter beim Proaktiven Bürgerforum über eine Razzia informieren. Aber wie bei jeder spinnenartigen Organisation wissen auch beim Proaktiven Bürgerforum die Fangarme nicht, was die Spinndrüsen tun. Als die Nachricht von der Razzia über die Sender gegangen war, hatte das Telefon in ihrer Tasche unablässig geklingelt, aber sie hatte die Nase voll davon
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