Vollendet - Der Aufstand (German Edition)
muss sie ihn lieben.
Teil sieben
Landungen
Unser Land sieht sich im Inland und im Ausland vor großen Herausforderungen … unser Wille steht auf dem Prüfstand, nicht unsere Stärke.
PRÄSIDENT JOHNSON ÜBER SCHÜLERDEMONSTRATIONEN GEGEN DEN VIETNAMKRIEG, 1968
Ich glaube fest daran, dass dieser verheerende nationale Konflikt beigelegt werden wird und dass das Abkommen zwischen beiden Seiten auch das Problem der Streuner endgültig lösen wird. Bis zu diesem ruhmreichen Tag jedoch verhänge ich für alle unter achtzehn Jahren eine Ausgangssperre ab 20 Uhr.
PRÄSIDENT MOSS ÜBER DEN HEARTLAND-KRIEG, ZWEI WOCHEN VOR SEINER ERMORDUNG DURCH MILITANTE SEPARATISTEN AUS NEW JERSEY.
76.
Dreamliner
In Südkalifornien, weit südlich vom Glamour Hollywoods und weit östlich von den Vorstädten San Diegos, liegt ein Binnensee, der so in Vergessenheit geraten und so ungeliebt ist wie ein staatliches Mündel, ein EA oder ein Storch im Ernte-Camp. Vor Hunderttausenden von Jahren war er der nördliche Teil des Golfs von Kalifornien, bevor der überhaupt einen Namen hatte. Heute jedoch ist er nur ein riesiger, landumschlossener Salzsee, der langsam austrocknet und zur Wüste wird. Da sein Wasser für Wirbeltiere zu salzig ist, sind alle Fische verendet. Ihre Gerippe bedecken die Ufer wie Kies.
Zehn Minuten vor Mitternacht sinkt ein Flugzeug zum Saltonsee herab, das einmal als der Traum der Luftfahrt angekündigt wurde, bis es von neueren Träumen ersetzt wurde. Es wird von einem jungen Militärpiloten geflogen, der deutlich mehr Selbstvertrauen hat als Erfahrung. Der Jet streift fast die Berge, die um den See herum aufragen, und beginnt eine von Fluggesellschaften lächerlicherweise sogenannte »Wasserlandung«.
Sie geht nicht gut.
77.
Starkey
Keine Sicherheitsgurte. Keine Sitze. Keine Möglichkeit, sich bei einer Bruchlandung irgendwo festzuhalten. »Hakt euch unter! Die Beine auch«, ordnet Starkey an. »Wir sind unsere eigenen Sicherheitsgurte.«
Die Storche gehorchen. Sie drängen sich dicht aneinander, verhaken ihre Gliedmaßen und verwandeln sich so in ein Knäuel aus Fleisch und Knochen. Da sie auf dem Boden sitzen, kann niemand durchs Fenster sehen, wie nah die Wasseroberfläche ist. Aber dann ertönt Trace’ Stimme aus dem Bordlautsprecher: »Noch zwanzig Sekunden.« Der Winkel des Sinkflugs verändert sich, weil Trace die Nase des Jets ein bisschen hochzieht.
»Wir sehen uns auf der anderen Seite.« Starkey merkt, dass das wieder Worte sind, die man sagt, wenn man stirbt.
Er zählt die letzten zwanzig Sekunden im Kopf zurück, aber nichts geschieht. Hat er zu schnell gezählt? Hat Trace sich verschätzt? Wenn das zwanzig Sekunden sind, dann sind es die längsten seines Lebens. Da, endlich, ein holpriges Rucken, gefolgt von plötzlicher Ruhe.
»War’s das?«, fragt jemand. »Ist es vorbei?«
Aber es folgt noch ein Rucken und noch eines und noch eines, immer dichter hintereinander, und Starkey kapiert, dass das Flugzeug wie ein Kieselstein über die Wasseroberfläche hopst. Beim fünften Rucken taucht eine Tragfläche ins Wasser und wirkt wie ein Steuerruder, das die Maschine dreht. Und auf einmal ist das Ende der Welt gekommen. Der Dreamliner überschlägt sich und schlittert radschlagend weiter über die unerbittliche Oberfläche des Sees.
Drinnen werden die Kids auf dem Boden von den Zentrifugalkräften in zwei Gruppen auseinandergerissen und in verschiedene Ecken der Hauptkabine geschleudert. Dass sie ihre Arme ineinander verhakt hatten, rettet einige, weil die Stöße von den Körpern um sie herum gedämpft werden, aber diejenigen am Rand haben als Stoßdämpfer gedient. Viele sterben, als sie gegen die harte Innenverkleidung des Dreamliners geschleudert werden.
Die Türen der Gepäckfächer lockern sich, springen auf und all die Waffen, die darin verstaut worden sind, fliegen herum. Pistolen, Sturmgewehre und Granaten machen sich selbstständig und fordern Opfer, ohne dass sie abgefeuert werden.
Starkey ist in das Körperknäuel verkeilt, das nach vorn gerutscht ist. Er spürt, wie sein Kopf gegen etwas Hartes schlägt, sodass auf seiner Stirn eine Wunde klafft, doch das ist nichts verglichen mit der Schmerzexplosion in seiner zertrümmerten Hand.
Endlich kommt der sich überschlagende Jet zur Ruhe. Die Schreie und das Wehklagen klingen wie Stille im Vergleich zu dem Lärm der Bruchlandung. Dann gibt es irgendwo hinten in der Kabine eine Explosion: eine Handgranate, deren Stift sich gelöst
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