Vollendet - Der Aufstand (German Edition)
wurde am Ende ihr größter Gegner. Und wenn es bei Rheinschild ebenso war? Wenn er sich gegen das Umwandeln ausgesprochen hatte und dann ruhiggestellt worden war – oder schlimmer noch, wenn er bereits ruhiggestellt worden war, bevor er überhaupt die Möglichkeit hatte, das Wort zu ergreifen? Nicht einmal der Admiral hatte sich an den Mann erinnert. Also war Rheinschild schon von der Bildfläche verschwunden oder wurde daran gehindert, sich gegen das Umwandlungsabkommen auszusprechen.
Lev streckt den Arm aus und lässt das Video weiterlaufen. Ein paar Sekunden noch schwärmt Rheinschild freudig und naiv davon, wie wunderbar er sich die Zukunft vorstellt. »Das ist erst der Anfang. Wenn wir Nervengewebe regenerieren können, dann können wir alles regenerieren. Das ist nur eine Frage der Zeit.«
Das letzte Bild des Interviews zeigt sein lächelndes Gesicht, und Connor empfindet unwillkürlich großes Mitleid mit diesem Mann. Der heimliche Vater der Umwandlung, der mit seinen guten Absichten eine Straße zu einem Ort jenseits der Hölle gepflastert hat.
»Das ist ja alles ziemlich irre«, meint Lev. »Aber wie können wir mit all diesem Wissen das Umwandeln verhindern? Hast du nicht so was gesagt? Dass sich das Leben, wie wir es kennen, verändern könnte, wenn wir mehr über diesen Typen herausfinden oder so? Selbst wenn alle von ihm wüssten, würde das nicht das Geringste ändern.«
Connor schüttelt enttäuscht den Kopf. »Wir müssen irgendwas übersehen haben.«
Er scrollt zu einem Foto am Ende des Artikels hinunter, das Rheinschild und seine Frau in einem Labor zeigt; offenbar hatten sie im Team gearbeitet. Als Connor den Text unter dem Foto liest, zieht sich sein Magen so heftig zusammen, dass er fürchtet, beide Hamburger würden ihm wieder hochkommen.
»Unmöglich …«
»Was ist?«
Einen Augenblick lang kann Connor nicht sprechen. Er schaut noch einmal auf den Text. »Seine Frau. Sie heißt Sonia!«
Lev kapiert nicht. Wie auch? Er war nie, wie Connor und Risa, in dem ersten Geheimversteck. Sonia – so hieß die alte Frau, die es betrieb. Im Lauf der Jahre hat sie bestimmt Hunderte, vielleicht sogar Tausende flüchtige Wandler gerettet. Connor vergrößert das Foto auf dem Bildschirm, und je länger er Mrs Rheinschild betrachtet, desto sicherer ist er sich.
Es ist dieselbe Sonia!
Was hatte sie zu ihm gesagt? Wir wandern unser ganzes Leben zwischen der Dunkelheit und dem Licht hin und her. Derzeit freue ich mich, dass ich im Licht bin. Connor hatte keine Vorstellung davon gehabt, welche finstere Bürde sie all die Jahre lang mit sich herumgetragen hat.
»Ich kenne die Frau«, erzählt er Lev. »Und jetzt weiß ich auch, wohin wir fahren müssen. Wir fahren zurück nach Ohio.«
Dieser Vorschlag lässt Lev erblassen. »Ohio?« Der Gedanke an Zuhause weckt in beiden Jungen eine Menge unangenehmer Gefühle, für die sie nicht bereit sind, aber Sonias Antiquitätenladen ist in Akron. Wenn dieses Bild eine Bedeutung hat, dann kann nur sie sie ihnen erklären.
Die Glöckchen über der Eingangstür der Raststätte bimmeln. Ein Polizist mit versteinerter Miene schlendert herein und sucht mit den Augen sofort den Raum ab. Während Connor und Lev sich in den Zeitungsartikel vertieft hatten, waren zwei Streifenwagen vorgefahren und jetzt umringen Polizisten den gestohlenen Honda.
»Du siehst aus wie ein Hirsch im Scheinwerferlicht«, flüstert Connor Lev zu. »Lass das.«
»Ich kann nicht anders.« Lev senkt den Kopf, damit ihm die Haare ins Gesicht hängen, aber das sieht genauso verdächtig aus.
Der Polizist steuert dann auch tatsächlich schnurstracks quer durch das Lokal auf sie zu, aber zu Connors Überraschung ist ihre Bedienung zuerst an ihrem Tisch und sagt: »Tommy, du hast deine Hamburger ja geradezu verschlungen. Wenn du weiter so isst, platzen deine Jeans bald aus allen Nähten.«
Als der Polizist zu ihnen tritt, steht Connor immer noch der Mund offen, aber Lev hat den Modus »überfahrenes Tier« verlassen und pflichtet ihr bei: »Ja, du bist ein richtiges Schwein, Tommy. Du wirst so fett werden wie dein Vater.«
»Das liegt in den Genen«, sagt die Bedienung, ohne zu zögern. »Pass lieber auf.«
Der Polizist wendet sich an die Bedienung. »Du kennst die Jungs, Karla?«
»Ja, das sind mein Neffe Tommy und sein Freund Evan.«
»Ethan«, sagt Lev. »Du vertust dich immer mit meinem Namen.«
»Na, wenigstens wusste ich, dass er mit E anfängt.«
Connor nickt dem Polizisten höflich
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