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Vollendet - Der Aufstand (German Edition)

Vollendet - Der Aufstand (German Edition)

Titel: Vollendet - Der Aufstand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Shusterman
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Frustration auch vor mutwilliger Beschädigung nicht haltgemacht. Aber die meisten Jugendlichen bringen diese Phase irgendwann wieder hinter sich. Kaum zu glauben, dass immer alles auf eine schnelle Lösung ausgerichtet ist – und sei es mit einer Umwandlung.
    Als Connor den dritten Stichpunkt liest, muss er lachen.
    »›Mangelnde körperliche Hygiene‹?«
    Die Frau wirft ihrem Ehemann einen verärgerten Blick zu.
    »Uuh, das gefällt mir!«, fährt Connor fort. »›Schlechte Zukunftsaussichten‹. Klingt wie der Börsenbericht!«
    Connor liest bei jeder Rettungsaktion die Gründe der Eltern laut vor, und jedes Mal fragt er sich, ob das die Liste ist, die auch seine Eltern geschrieben hätten. Beim letzten Punkt muss Connor schlucken. »›Unser Versagen als Eltern‹.«
    Doch dann ärgert er sich über sich selbst. Diese Eltern haben sein Mitleid nicht verdient. Es ist ihr Versagen. Warum soll ihr Sohn dafür bezahlen?
    »Morgen, wenn die JuPos Noah holen wollen, sagen Sie ihnen, dass er weggelaufen ist und Sie nicht wissen, wohin. Sie werden uns und das, was hier passiert ist, nicht erwähnen. Wir würden es erfahren; wir hören den Polizeifunk ab.«
    »Und wenn wir uns nicht daran halten?« Aus der Stimme des Vaters spricht derselbe Ungehorsam, den er seinem Sohn gerade vorgeworfen hat.
    »Falls Sie die Sache anzeigen, füttern wir das Netz mit einem netten Identitätscocktail über Sie.«
    Das Ehepaar sieht noch elender aus als zuvor.
    »Was für ein Cocktail?«
    Diese Frage beantwortet Hayden nur zu gern, weil es seine Idee war.
    »Wir schicken einen einzigen Code durch das Netz, und – Bingo! – schon sind Ihre Namen mit einem Dutzend bekannter Klatscher-Zellen verlinkt. Ihr digitaler Fingerabdruck ist dann so eng mit dem Terrorismus verbandelt, dass Sie Jahre brauchen, bis Sie den Geheimdienst wieder los sind.«
    Die Eheleute nicken ernst und ergeben sich in ihr Schicksal.
    »Na gut«, sagt der Mann. »Sie haben unser Wort.«
    Die Drohung mit dem Identitätscocktail wirkt immer. Außerdem bekommen die Eltern ja, was sie wollen, ob ihr Kind nun mit Connor weggeht oder ob es umgewandelt wird. Sie haben ihren unbändigen Bengel vom Hals. Wenn sie Connor und sein Team verraten, wird Noah wieder zu ihrem Problem.
    »Sie müssen doch verstehen, wie verzweifelt wir sind«, jammert die Mutter mit einem dicken Schuss Selbstmitleid. »Alle haben uns gesagt, dass die Umwandlung das Beste ist. Alle.«
    Connor zerreißt die Liste der Ausreden und lässt die Schnipsel zu Boden fallen, den Blick fest auf die Frau geheftet.
    »Das heißt, Sie lassen Ihren Sohn umwandeln, weil der soziale Druck zu stark war?«
    Schließlich werden die beiden schwach und legen die angemessene Scham an den Tag. Der Vater, der anfangs so aufmüpfig war, bricht plötzlich in Tränen aus. Es ist ausgerechnet die Mutter, die sich zusammenreißt und Connor noch eine letzte Erklärung mit auf den Weg gibt.
    »Wir haben uns wirklich bemüht, gute Eltern zu sein, aber … an einem bestimmten Punkt gibt man einfach auf.«
    »Nein, tut man nicht«, widerspricht Connor. Dann wendet er sich zum Gehen und überlässt die beiden der schlimmsten Bestrafung: Sie müssen mit ihrem Gewissen weiterleben.
    Connor und sein Team fahren in einem unscheinbaren Minivan mit gefälschtem Nummernschild davon. Noah Falkowski blickt düster aus dem Fenster und sieht die Häuser seiner Nachbarschaft zum letzten Mal an sich vorüberziehen. Er weiß offenbar nicht, wer seine Retter sind, und es scheint ihm auch egal zu sein. Connor ist froh, dass Noah ihn nicht erkennt. Der Flüchtling aus Akron hat zwar in manchen Kreisen einen legendären Status, doch sein Gesicht war in der Presse bei Weitem nicht so präsent wie Levs. Da ihn jeder für tot hält, ist es sowieso leichter, unerkannt zu bleiben.
    »Entspann dich«, sagt Connor. »Du bist unter Freunden.«
    »Ich habe keine Freunde«, raunzt Noah. Connor lässt ihn erst mal im Selbstmitleid schwelgen.

    Der Friedhof wird seinem Namen zu dieser Nachtzeit mehr als gerecht. Die Seitenruder der Flugzeuge ragen in die Höhe wie monumentale Grabsteine. Abgesehen von den Jugendlichen, die, mit Betäubungsgewehren bewaffnet, Wache halten, gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass dieser Ort siebenhundert flüchtigen Wandlern eine Heimat bietet.
    »Was machen wir hier?«, fragt Noah, als das Rettungsteam den Mittelgang entlangfährt, die zentrale »Straße« des Friedhofs, die von großen Flugzeugen gesäumt ist. In diesen Fliegern

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