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Vollendet - Der Aufstand (German Edition)

Vollendet - Der Aufstand (German Edition)

Titel: Vollendet - Der Aufstand (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Shusterman
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vor und ballt die rechte Hand zur Faust. Da fällt sein Blick auf den Hai, und er zwingt sich, die Faust wieder zu öffnen. »Über vierzig Kids waren mehr als zwei Tage lang krank – und wir haben Glück, dass nicht noch mehr passiert ist.«
    »Ja, klar. Ich pass auf, dass so was nicht mehr passiert.« Bam bringt das in einem so provozierenden Tonfall vor, dass sich Connor lebhaft vorstellen kann, wie sie mit ihren Lehrern geredet hat, mit ihren Eltern, mit den JuPos und allen anderen Autoritätspersonen in ihrem Leben. Ausgerechnet er muss nun eine dieser Autoritätspersonen sein.
    »Es gibt kein nächstes Mal, Bam. Tut mir leid.«
    »Du willst mich loswerden, nur weil mal was schiefgegangen ist?«
    »Niemand will dich loswerden«, beschwichtigt Connor. »Aber du bist ab heute nicht mehr für die Küche zuständig.«
    Sie starrt ihn lange hasserfüllt an und sagt schließlich: »Na gut. Zur Hölle mit dir. Ich brauch diesen Scheiß eh nicht.«
    »Danke, Bam.« Connor hat keine Ahnung, wofür er sich bedankt. »Schick mir doch John herein, wenn du rausgehst.«
    Bam tritt die Luke mit dem Fuß auf und stürmt hinaus. Draußen baut sie sich vor John auf, der nervös gewartet hat und sich bei ihrem Anblick ängstlich duckt.
    »Geh nur rein«, knurrt Bam. »Er feuert dich.«

    An diesem Abend trifft Connor Starkey wieder, der unter der Tragfläche des Freizeitfliegers Zauberkunststücke für ein paar Yolos vorführt.
    »Wie macht er das nur?«, rufen die Kids, wenn er Armreife und Uhren vom Handgelenk verschwinden und in anderer Leute Taschen wieder auftauchen lässt. Als Starkey fertig ist, spricht Connor ihn an.
    »Du bist ziemlich gut. Aber als derjenige, der hier das Sagen hat, muss ich dich einfach fragen, wie du das machst.«
    Starkey grinst. »Ein Zauberer verrät nie seine Geheimnisse, nicht einmal dem, der das Sagen hat.«
    »Hör mal.« Connor kommt gleich auf den Punkt. »Ich habe etwas mit dir zu bereden. Ich habe beschlossen, im Allerheiligsten ein bisschen aufzuräumen.«
    »Zum Besten aller, hoffe ich.« Starkey fasst sich an den Bauch. Connor muss lachen. Der Kerl ist offensichtlich schnell von Begriff.
    »Wärst du gern für die Küche verantwortlich?«
    »Ich liebe Essen«, gibt Starkey zu. »Und das sage ich nicht nur so dahin.«
    »Glaubst du, du kommst mit einem dreißigköpfigen Team zurande und kannst dreimal am Tag Essen auf den Tisch bringen?«
    Starkey wedelt mit der Hand und zaubert aus dem Nichts ein Ei herbei, das er Connor reicht. Den Eiertrick hat Connor schon ein paar Minuten vorher gesehen, aber in diesem Zusammenhang ist er unschlagbar.
    »Wunderbar«, sagt Connor. »Zum Frühstück brauchst du einfach nur siebenhundert davon herbeizaubern.« Schmunzelnd geht er seines Weges. Starkey wird die Küche bestimmt so organisieren, dass alles glattgeht.
    Diesmal ist sich Connor sicher, dass er die richtige Entscheidung getroffen hat.

8.
    Risa
    Abends, wenn sich die Wüste langsam abkühlt, spielt Risa unter der linken Tragfläche der Air Force One Klavier. Vieles kann sie auswendig, zu anderen Stücken hat sie Noten, die irgendwie den Weg auf den Friedhof gefunden haben.
    Über das Klavier selbst, einen schwarzen Hyundai-Stutzflügel, musste sie lachen, als sie es zum ersten Mal sah. Sie hatte gar nicht gewusst, dass Hyundai auch Musikinstrumente produzierte – dabei hätte sie sich das auch denken können. Multinationale Großkonzerne stellen her, was sie wollen, Hauptsache, die Leute kaufen es. Sie hat einmal gelesen, dass Mercedes Benz in die Produktion künstlicher Herzen investiert hatte, ehe diese durch das Umwandlungsabkommen überflüssig wurden. »Pulsar Omega«, hieß es in der Werbung. »Nehmen Sie sich den Luxus zu Herzen.« Der Konzern investierte ein Vermögen in die Entwicklung und verlor nach Einführung der Umwandlung jeden Cent. Die künstlichen Herzen gingen den Weg der Pager und der CDs.
    Heute spielt Risa eine lebhafte, aber doch tiefgründige Sonate von Chopin. Sie fließt aus ihr heraus wie Bodennebel und hallt in den ausgehöhlten Flugzeugrümpfen wider, in denen die Yolos leben. Auf viele wirkt Risas Musik beruhigend.
    Sogar Kids, die klassische Musik angeblich scheußlich finden, fragen, warum sie nicht spielt, wenn sie mal einen Abend aussetzt. Also spielt sie für die anderen und doch wieder nicht, denn im Grunde spielt sie nur für sich selbst. Manchmal hat sie Zuhörer, die neben ihr im Wüstenstaub sitzen. An anderen Abenden, wie heute, ist sie allein.

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