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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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einem Kerl mit rundem Kopf und super-kurzen Haaren in ein Pitbull-Germany-Muscleshirt. Weil er keinen Hals hat und aussieht wie Popeye, nenne ich ihn Popeye, die halslose Killerschwuchtel. Angeblich, so hat mir mal einer erzählt, könne Popeye nicht mal mehr telefonieren, weil sich durch das viele Gewichtepumpen seine Oberarmmuskeln so verkürzt haben, dass er mit dem Hörer nicht mehr ans Ohr kommt. Seitdem hätte ich gerne seine Handynummer, um das zu testen. Aber wahrscheinlich ruft ihn sowieso keiner an, weil er so fies aussieht.
    »Schönes Handtuch haste!«, nickt er zu mir rüber.
    »Danke!«, grinse ich zurück und ergänze, ohne hinzuschauen: »Tollen Spind haste!«
    Da ich nix in die Fresse kriege, fand er's wohl witzig.
    Während ich in meine steinalte grüne Trainingshose steige, piept mein Schuh. Ich ziehe mein Handy raus und lese Folgendes auf dem Display:
    Donnerstagabend 19:45, Stüssgen-Supermarkt an der Luxemburger Straße am Tiefkühlregal. CU!
    Mein Laladörtedate spinnt ja komplett. Warum sollte ich mich denn mit ihr im Supermarkt treffen? Ich hab die Tante noch kein einziges Mal gesehen, und dann bestimmt die schon, wie's läuft? Neeee!
    »Schlechte Nachrichten?«
    Ein durchtrainierter Jüngling mit Spindnummer fünf hat offenbar meinen konzentrierten Blick aufs Handydisplay bemerkt.
    »Ich ... ich hab Stress mit'm Date!«, informier ich ihn. Seine tröstend gequietschte Antwort zeigt, dass er genau weiß, was in mir vorgeht. Aber auch nur fast:
    »Määääänner! ! ! «
    Mit meinem nagelneuen Snoopy-Handtuch schlurfe ich zum Kursraum. Das Snoopy-Handtuch ist Bestandteil meiner großen Seht-her-ich-bin-keine-Schwuchtel-also-lasst-mich-in-Ruhe-trainieren-Kampagne. Zuvor hatte ich ein Benjamin-Blümchen-Handtuch, das ich nun allerdings nur noch zum Joggen nehme, seit mir mal jemand »Geiler Rüssel!« hinterhergerufen hat. An Snoopy schätze ich besonders, dass er nun wirklich nichts Schwules an sich hat. Der Kursraum ist noch leer, und ich schaue sicherheitshalber nochmals auf den Plan. Donnerstag, achtzehn Uhr – Step I. Jetzt haben wir fünf nach sechs.
    »Hi, ich bin Helena!«
    Eine Mischung aus Che Guevara und Hella von Sinnen grinst mich an. Zumindest deutet ihr paramilitärisches Outfit auf jahrelangen Guerillakampf hin. Sie ist ungeschminkt und hat nasse Haare. Wahrscheinlich von der Landung in der Schweinebucht.
    »Hi. Ich bin Simon!«
    »Freut mich. Machste zum ersten Mal Step?«
    »Ja, ich dachte, irgendwann muss ich ja mal anfangen ...«
    »Superschade, dass so wenig da sind!«
    »Na ja ... wahrscheinlich ist der Trainer 'ne Hete, und jetzt hat keiner Bock!«, vermute ich.
    »Das wüsste ich aber!«
    »Wieso?«
    »Weil ich die Trainerin bin!«
    Ich sehe zwei leuchtende Notausgang-Schilder. Mit ein bisschen Glück käme ich an Che vorbei und könnte mich mit einer Chuck-Norris-Rolle auf die Straße retten. Die Sachen im Spind wären natürlich erst mal verloren, aber das wär's mir wert ...
    »Aber das ist doch Quatsch, du musst doch keinen Kurs für mich alleine geben!«, versuche ich, mich rauszuwinden, denn ich hab keine Lust auf 'ne Einzelstunde Step mit Che von Sinnen.
    »Kein Problem. Ich bin doch sowieso hier. Ach ... und ... das Snoopy-Handtuch würde ich nicht so offen rumzeigen! «
    Ich ahne Schlimmes.
    »Was ist denn falsch an Snoopy?«
    »Gar nix, wenn du's gern doggy-style magst!«
    »Doggy Style?«
    »Von hinten.«
    »Oh ...«
    Ein weiterer, prüfender Blick auf mein Handtuch lässt mir Snoopys Grinsen in einem ganz anderen Licht erscheinen. Aber bevor ich mir weiter gehende Gedanken machen kann, setzt auch schon meine ganz persönliche Step-Musik ein, und wie ein hirnverbrannter US-Marine marschiere ich in Richtung Spiegel.
    »Und rechts, und rechts, und marsch, und marsch ...«, lauten meine Befehle. Es ist irgendwann zwischen einer schrecklich komplizierten Schrittkombination und einem besorgten Blick von Studioleiter Sascha, als mir klar wird, dass ich seit Wochen keinen Sport gemacht habe und mein Puls irgendwo bei 200 sein muss.
    »Alles okay, Simon?«, höre ich meine Trainerin noch rufen, dann verschwimmt meine Wahrnehmung in Richtung Premiere – ohne Decoder.
    »Die Beine hoch ... du musst ihm die Beine hochlegen!«, hallt es von irgendwoher, und dann nimmt auch irgendjemand meine Beine hoch, und alle sind ganz besorgt, und dann packen sie die Lautsprecher-boxen in Watte, damit ich mich nicht über die Musik aufrege, was ich sehr nett finde, und dann dreht

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