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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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sein!«
    »Wieso das denn?«, frage ich. »Ich dachte, wir essen die Nudeln, nicht die Teller ...«
    Mein Witz wird mit einem schier endlosen, schrillen Sumpfhuhngackern abgestraft. Als sie sich beruhigt hat, informiert sie mich mit einem nervösen Augenzucken über die wahren Hintergründe der Telleraktion. Dabei stellt sie zwei Teller in den Backofen, den sie auf 100 Grad dreht.
    »Kalte Teller sind der natürliche Feind der Pasta, weißt du?«
    Ja. Und gackernde Sumpfhühner sind der natürliche Feind kopulierwilliger Männer! Moment mal, schießt es mir durch den Kopf, als ich im Wohnzimmer von den fünf Kerzen drei wieder ausblase, einfach nur so, weil Business-Stresstanten bei so viel Romantik bestimmt einen Nervenzusammenbruch erleiden, vielleicht, denke ich mir also, ist es ja doch noch nicht zu spät für einen Rückzug. Vielleicht krieg ich sie ja doch noch irgendwie aus meiner Wohnung.
    »Du erinnerst mich sehr an meine Mutter!«, rufe ich ihr in die Küche und warte, bis sie ihre Sachen packt und geht. Sicherheitshalber ergänze ich: »Meine Mutter ist nämlich das Wichtigste für mich überhaupt!«
    »Jaja ... das sagen Männer manchmal!«, gellt es zurück, gefolgt von einem kleineren HSG-Anfall. Zur Strafe blase ich noch eine Kerze aus und knipse die hellste Lampe an, die ich habe. Ich könnte eine Tüte rauchen. Doch offenbar hat Phil ein neues Versteck für sein Kiff gefunden, unter der Couch ist es jedenfalls nicht. Mir kommt kurz der Gedanke, aus meiner eigenen Wohnung zu fliehen. Aber was ist, wenn mein Businesshuhn dann durchdreht und meinen schönen neuen Sessel kaputtpickt? In der Schule hab ich mich einmal vor einer Abfrage gedrückt, indem ich Nasenbluten vorgetäuscht habe, das hat sehr gut geklappt. Aber jetzt? Dörte kommt mit dem Spaghettitopf und dem Wein und stellt alles auf den Tisch.
    »Hey ... du hast 'ne Kerze angemacht, wie romantisch!«
    Sie wirkt entspannter als eben, und als ich mir die Weinflasche genauer anschaue, weiß ich auch warum. Sie ist halb leer.
    »Hab schon was für die Sauce genommen!«
    »Natürlich!« Und ich gieße meine Blumen mit Havana Club.
    Als wir endlich essen, erzählt sie mir in aller Ausführlichkeit, wen sie in ihrem Job in der vergangenen Arbeitswoche so alles zusammenscheißen musste. Wie ich erfahre, hat Dörte ein halbes Jahr für das Londoner Design Museum gearbeitet und ist darauf auch mächtig stolz.
    »Philippe Starck, mit dem war ich im August noch essen!«, verrät sie mir, während sie sich selbst Wein nachschenkt und mich dabei vergisst. Demonstrativ nehme ich die Flasche, bevor sie sie auf dem Tisch abstellen kann, und mache mir mein Glas randvoll.
    »Philippe Starck?«
    »Der französische Star-Designer! Den musst du doch kennen!«
    »Sorry, aber kenn ich nicht!«
    Eines ist allerdings klar. Wenn sie letzte Woche mit Philippe essen war, steckt der gute Mann jetzt in einer tiefen Schaffenskrise.
    »Was machst du denn eigentlich?«, fragt sie mich.
    »Beruflich?«
    »Ja ...«
    Jetzt heißt es nachdenken. Wenn ich ihr sage, dass ich im T-Punkt 90-jährigen Witwen DSL-Flat aufschwatze, findet sie das womöglich noch cool. Also erzähle ich ihr was, das sie spätestens nach dem Dessert ein Taxi bestellen lassen sollte.
    »Ich bin ... na ja ... ich bin arbeitslos und hab den Arsch voller Schulden! «
    Gespannt warte ich auf Dörtes Reaktion. Nach einer kurzen Schrecksekunde bekommt sie einen Gackerlachanfall der Stärke 7,8 auf der nach oben offenen Sumpfhuhnskala.
    »Du bist sooooo witzig! Ich mag das. Echt!«
    Als ich ihr schließlich klarmache, dass ich wirklich arbeitslos bin, wird es ein wenig stiller um unsere vorgewärmten Pastateller.
    »Sorry, ich hab echt gedacht ... du wirkst gar nicht wie ein Arbeitsloser, weißt du?«
    Wie bitte wirkt denn ein Arbeitsloser? Hätte ich sie im Supermarkt mit stinkenden Klamotten laut jammernd und mit einem Strick um den Hals am Gebäck-vom-Vortag-Tresen empfangen sollen?
    »Und was hast du jetzt vor? Was in Aussicht?«
    »Ich ... will mich vielleicht selbständig machen mit ... einer ... Dings...«
    Denk nach, Simon! Denk nach und nimm irgendwas Schwachsinniges!
    »... mit einer Dachrinnenreinigung! Noch Wein?« Das war in der Tat schwachsinnig.
    »Ähh ... danke ... erst mal nicht!«
    Wir schweigen uns an. Ich zucke mit den Schultern und stochere ein wenig in meiner Pasta. Schließlich durchbricht sie die Stille:
    »Weißt du was?«
    Ja, weiß ich. Ich weiß, dass der liebe Gott den Abend sehr

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