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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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Dabei hatte ich mich so auf einen wirklich verdienten Rumhängenachmittag gefreut, wo ich doch im T-Punkt so sensationell authentisch Migräne simuliert habe, dass mich meine Chefin fast noch nach Hause gefahren hätte. Das blöde Foto hat mir allerdings schon jetzt einen Strich durch meine gesamte Faulen-zerplanung gemacht. Jetzt ist mir das passiert, was einem Mann niemals passieren darf, egal ob er 18 ist oder 104: Ich warte auf eine SMS von einer Frau! Dabei hätte sie mir eigentlich längst antworten müssen! Solche Prosecco-Excel-Mäuschen haben ihr Handy doch immer an! Oder? Ich laufe ein bisschen durch meine Wohnung, räume die Spülmaschine aus und stelle eine schmutzige Kaffeetasse hinein. Dann fülle ich Salz nach und Klarspüler. Müsste doch längst gefiept haben, mein Handy! Als ich mich, Minuten später, dabei erwische, wie ich mit meinem Microfasertuch meine Stereoanlage abstaube, weiß ich, dass ich etwas tun muss. Ich schmeiße den Staublappen in den Abfall und suche den Kursplan meines Fitnessstudios. Ich finde ihn in meinem Altpapierstapel zwischen zwei Pizzakartons mit Käseresten. In einem Anfall von Selbstüberschätzung entscheide ich mich für den Kurs »Step Aerobic für Anfänger«, der in einer halben Stunde beginnt. Würde mich ja eventuell auch einem meiner Ziele näher bringen, mal ein paar Muskeln zuzulegen.
    Pieppiep macht mein Nokia.
    Hoho, sage ich. Meine Business-Mäuschen-Theorie war richtig. SMS von Dörte.
    Ruf mich an! D.
    Ich stutze. Hallo? Geht's noch? Was bitte soll denn jetzt diese Dominas-aus-deiner-Umgebung-verabreden-sichhier-auf-der-Line-Nummer? Spinnt die? Wer glaubt die denn, wer sie ist? Ruf mich an! Befehl erteilt, und ich springe oder was? Ich antworte mit Ruf DU mich doch an, packe meine Sportsachen und rase in meinem gelben Peugeot in mein pinkes Schwulenfitnessstudio.
    DIE HALSLOSE KILLERSCHWUCHTEL
    Nein, ich bin nicht schwul. Und ich werde es auch nicht. Ich hab lediglich nicht gut aufgepasst bei der Vertragsunterzeichnung. Das Studio sah von außen nämlich echt klasse aus, mit viel Geschmack eingerichtet und so. Erst Wochen später dämmerte mir der Grund für die geschmackvolle Einrichtung. Erst waren es Kleinigkeiten wie ein Aushang für den Gratis-Kurs »Fahnenschwenken am Christopher Street Day«. Und der kleine Zettel, den jemand in die Schublade mit meinem Trainingsplan gelegt hat: »Na du geiler Knackfrosch ...« Weiter habe ich nicht gelesen. Beim Duschen haben dann natürlich trotzdem alle geguckt, ob ich aussehe wie ein geiler Knackfrosch. Sah ich nicht. Und natürlich wollte ich sofort raus aus dem Hinterlader-Schuppen. Aber Studioleiter Sascha versicherte mir, dass ich nun mal Mitglied sei, ob homo oder hetero, und dass das noch mindestens 23 Monate so bliebe, es sei denn, ich zöge nach München. Letzteres schien mir schlimmer, also blieb ich im Club.
    Am Check In gibt es eine kleine Meinungsverschiedenheit, weil die Spindschlüssel keine Nummern aufgedruckt haben, sondern elektronisch funktionieren. Das heißt, ich kann mir irgendeinen Spind aussuchen und muss mir lediglich die Nummer merken, was ich natürlich nicht will. In der Regel halte ich nicht viel von Verschwörungstheorien, doch jetzt bin ich mir nicht mehr so sicher, ob mich da nicht irgendeiner fertig machen will.
    »Nimm halt 'ne runde Zahl, die vergisst du nicht so schnell!«, rät mir Mitarbeiter Joachim, von dem ich glaube, dass er geschminkt ist.
    »Mein Problem ist nicht, dass ich die Nummer vergesse, mein Problem ist, dass ich sie nicht vergesse!«, informiere ich ihn. »So wie die Regalnummer 30 C bei Ikea. Das ist zwei Wochen her, und ich weiß sie immer noch!«
    »Also das würd nicht mal ich mir merken!«, giggelt Joachim und hält dabei ganz albern seine Hand vor den Mund, wie ein japanisches Schulmädchen, dem man gerade einen dummen Witz erzählt hat. Dann reicht er mir meinen elektronischen Schlüssel. Ich bin kurz davor, über den Tresen zu springen und Charleys Tante in die albernen Vitamin-Shakes zu tunken. Stattdessen atme ich mehrfach tief durch, nehme den Schlüssel an und mache mich auf den Weg in die Umkleide. Ich packe mein Handy in Spind 112, weil die 112 keine sinnlose Nummer ist, sondern der Notruf oder die Feuerwehr, jedenfalls eines von beidem. Ich stelle meine Straßenschuhe in den Spind und lege meine Schlüssel in den linken und mein Handy in den rechten Schuh. Bisher keine Antwort auf meine SMS an Dörte. Direkt neben mir quält sich ein Berg von

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