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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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Besonders schwer hat's ihr der liebe Gott nicht gemacht, denn auf den ersten Blick wirkt sie wie ein naives und beschützenswertes Engelchen. Meine Güte, wenn die Typen nur wüssten! Wenn Paula einen Kerl länger als vier Wochen kannte und er gut genug aussah, was natürlich bei den meisten der Fall war, dann hat sie ihn unserer damaligen Clique vorgestellt. Wir waren dann natürlich nett zu ihm, weil er ja der »Neue« von Paula war, aber eigentlich hatten wir es schon beim ersten Händeschütteln aufgegeben, ihn richtig kennen zu lernen, denn in ein paar Wochen wäre ja sowieso wieder ein anderer angesagt. Meistens waren diese armen Typen dann auch noch so richtig stolz, dass sie mit einer so tollen Frau wie Paula gingen. Unsere Emotionen tendierten eher in Richtung Mitleid: Warte mal ab, du arme Sau.
    Paula kennt nicht nur jedes »Wie angle ich mir einen Mann« und »Männer essen Mars, Frauen Venus«-Buch, sie hat auch für jedes Männer-Frauen-Problem eine eiserne Regel. Regeln, die weit hinausgehen über die bekannten Klassiker wie »Ruf niemals am nächsten Tag an« oder »Liebe nicht zu sehr«. Das ist auch der Grund, warum ich jetzt rauchend und mit einer Tasse Kaffee im letzten heilen Korbstuhl des Aufenthaltsraumes sitze und zitternd Paulas Nummer wähle. Es tutet fünf Mal, dann geht die Mailbox dran. Ich hinterlasse eine Nachricht, drücke meine Kippe aus und starre an die Wand. Ich muss relativ verzweifelt geklungen haben, denn innerhalb von zwei Minuten kommt der Rückruf.
    »Sorry, war gerade an der Kasse!«, trällert sie ins Telefon, gut gelaunt wie immer.
    »Alles im Lack bei dir, Simon?«
    »Nix ist im Lack! Ich hab mich verliebt, und alles ist durcheinander!«, seufze ich.
    »Duuu? Verliebt? Glaub ich nicht!«
    »Warum sollte ich mich nicht verlieben? Jetzt ohne Scheiß, Paula, ich muss dich ganz schnell sehen, diesmal ist es ernst! Du musst mir helfen!«
    Pause am anderen Ende.
    »Das ist ja jetzt blöd, ich hab mir nämlich gerade 'ne Zwei-Stunden-Karte fürs Neptunbad gekauft, und danach bin ich schon wieder verabredet.«
    »Immer bist du verabredet!«, schimpfe ich. »Was ist denn mit morgen?«
    »Morgen flieg ich nach München.«
    »Ich muss dich aber sehen! Wenn ich dich nicht sehe, dann fang ich noch heute Abend mit diesem Crack an!«
    »Du spinnst. Ein halbes Jahr rufst du mich nicht an, und dann soll ich meine Sauna absagen?«
    Mist! Hab ich mich echt ein halbes Jahr nicht gemeldet? »Also, wenn du mich sehen willst, dann musste wohl in die Sauna kommen!«
    Das muss ich wohl. Es gibt Momente im Leben, da muss man handeln. Und wenn ich es bei Marcia nicht versuchen würde, ich würde es mir nie und nimmer verzeihen. Ich stecke mein Handy ein und schaue auf die Uhr. Es ist kurz vor vier. Wenn ich den Hinterausgang nehme, könnte ich mich unbemerkt aus dem Laden schleichen. Ich stehe auf und ziehe meine Jacke an. Dann gehe ich die Treppe hoch, um durch das Flurfenster noch einen letzten Blick auf Marcia zu werfen. Sie ist nicht mehr da.
    DIE POOLNUDELN VON YOKOHAMA
    Ich hasse Sauna, und das hat im Wesentlichen zwei Gründe. Erstens kann ich es nicht verstehen, warum man sich mit wildfremden Leuten nackt in einen Raum setzt, um zu schwitzen, um sich danach, ebenfalls mit wildfremden Leuten, mit eiskaltem Wasser zu überschütten und zu sagen: Ahhh ... und Ohhh ... das tut aber gut! Ich fühle mich bei 20 Grad am wohlsten, und da befinde ich mich wahrscheinlich in bester Gesellschaft. Zweitens weiß ich, dass es eine Vielzahl von Männern gibt, die nackt besser aussehen als ich. Ich sag's mal so, wie es ist: Ich bin zu dünn. Dünne Arme, dünne Beine und, als wäre das noch nicht genug, eine Brust wie Kate Moss nach drei Monaten Hungerstreik. Ein solcher Körper strebt nicht unbedingt nach schonungsloser Zurschaustellung. Ein solcher Körper mag weite T-Shirts, dicke Jacken oder zumindest schummriges Licht. Ich wickle mich in ein riesiges, weißes Handtuch, schließe meinen Spind ab und bin sehr froh, dass ich mir keine Nummer merken muss. Die Freude währt allerdings nur so lange, bis ich in den Spiegel neben mich blicke. Es ist ein Bild des Jammers. Ich sollte entweder mehr essen oder mehr trainieren. Am besten beides. Für Marcia brauche ich nicht nur eine bombensichere Flirtstrategie von Paula, sondern vor allem eine Topfigur. Eine Frau wie Marcia kann Ansprüche stellen. Eine Frau wie Marcia wird nicht lange fackeln, wenn sie bemerkt, dass das, was da im Bett atemlos auf ihr

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