Vollidiot
ein bisschen unangenehm, aber wir waren ja alle ein bisschen besoffen und so ...«
Ich bin fast jeden Abend besoffen, also ist das schon mal nicht der beste Hinweis. Ich versuche zu entdecken, was er da in den Händen hält. Es ist eine Eurocard-Abrechnung. Was zum Teufel soll ich mit Phils Kreditkartenabrechnung? Man hilft mir recht fix auf die Sprünge.
»Stichwort Chuck Norris?«
Mist! Die Aktion mit dem Teleshop vor dem Urlaub!
»Der Schauspieler. Ja, und?«
»Simon, ich hab bei Eurocard angerufen und bei QVC. Da war wohl jemand so freundlich und hat für mich so gegen vier Uhr früh ein paar Sachen eingekauft.«
Ich hab echt keinen blassen Schimmer, wie ich mich da wieder rausgeredet kriege.
»Ist doch super, musstest du nicht selbst einkaufen!«
»Komm, verarsch mich nicht!«
Eins zu null für ihn. Es gibt überzeugendere Argumente. Das Schlimme ist: Trotz der beträchtlichen Alkoholmenge an jenem Abend erinnere ich mich ganz genau an die Aufgabe dieser Bestellung. Phil lag quer über dem Schneckenmädchen, als diese ganzen toll gemachten Fernsehspots kamen. Dennoch: Das soll er mir erst mal beweisen!
»Sorry, Phil, aber ich hab damit echt nix zu tun. Vielleicht hast du die Karte ja mal rumliegen lassen, oder du hast im Internet was bestellt, und dann hat sich jemand ...«
»Jetzt halt doch mal für 'ne Sekunde die Klappe, Simon! An dem Abend waren wir mit den Lufthansa-Mädels bei dir. Und alle hatten wir ordentlich die Lampe an. Egal, superlustiger Spaß, wir haben alle gelacht, und ich krieg 978 Euro von dir!« Mit diesen ungewohnt bestimmten Worten lässt sich Phil in die Lehne zurückfallen.
»Und was soll ich da noch mal bestellt haben?«, frage ich kleinlaut.
»Einen fernsteuerbaren Helikopter, ein Chuck Norris Total Gym und ein Messerset.«
»Und warum bist du dir so sicher, dass ich das bestellt habe?«
»Weil mir ein Herr Hupatz bei QVC die Lieferadresse genannt hat und ich diese Adresse kenne.«
»Was ist das für eine Adresse?«
»DU wohnst da!«
»Oh!«
Meine letzte Chance: Ich muss es auf die Pulp-Katja oder die Partyschnecke schieben.
»Die beiden Stewardessen, ich meine, die verdienen auch nicht die Welt!«
»Gib dir keine Mühe, Simon, die Sache ist klar. Eine Stewardess bestellt sich kein Chuck Norris Total Gym!«
»Eine ganz besonders schwache Stewardess schon! Die müssen ja auch viele, schwere Säfte schieben und so ... Hast du schon mal bemerkt, wie schwer so ein Tomatensaft ist?«
Ich entnehme Phils Gesichtsausdruck, dass er keinen Bock auf weitere Späßchen hat, sondern einfach nur die Kohle zurückwill. Damit hätte er es auch einmal wieder geschafft, dass ich mich fühle wie ein dummer, kleiner Schuljunge, der dabei erwischt wird, wie er seiner Mutter zwanzig Cent aus dem Portemonnaie klaut, um sich Bonbons zu kaufen.
»Ich überweis dir die Kohle!«
Phil kritzelt seine Kontonummer auf ein gelbes Post-it, und damit beenden wir dieses unangenehme Thema. Danach muss ich nur noch zwei Show-Ideen von Phil super finden, und ich darf zurück in den Laden gehen. Dort angekommen, versuche ich, den Kundenkontakt auf ein Minimum zu beschränken. Nach einer Stunde husche ich unbemerkt hoch in unseren Aufenthaltsraum, rauche fünf Zigaretten und trinke einen halben Liter Kaffee.
Es gibt ein paar Dinge, die ein Mann auf jeden Fall wissen muss. Dinge, die sehr, sehr wichtig sind. Dass man die Nagelschere nicht im gleichen Becher aufbewahrt wie die Zahnbürste, weil das Frauen supereklig finden und sich sofort ein Taxi rufen. Dass einen Frauen nie an die eigene Mutter erinnern sollten, dann rufen die sich nämlich gleich zwei Taxen, und dass man nie allzu viel über seine Ex-Freundinnen ausplaudern darf. Die wichtigste Information für jeden Mann zwischen 14 und 89 ist allerdings: Finger weg von Paula! Ich kenne Paula seit der fünften Klasse Gymnasium, und soweit ich mich erinnern kann, haben bei ihr bisher alle Männer den Kürzeren gezogen. So wurde sie über die Jahre zur Beziehungsexpertin schlechthin. Nicht, dass sie selbst eine funktionierende Beziehung hätte. Nein, aber sie hätte sie, wenn sie wollte! Denn Paula hat noch immer bekommen, was sie will. Ich gehöre übrigens nicht dazu, und das ist auch gut so. Ich kann sogar von Glück reden, dass ich nie was mit Paula angefangen habe. Zwar finde ich sie sexy und so, kenne aber einfach zu viele Geschichten. Meine gute Paula, und da gibt es leider kein Vertun, verarscht die Männer, wie sie's gerade braucht.
Weitere Kostenlose Bücher