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Vollidiot

Vollidiot

Titel: Vollidiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tommy Jaud
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herumpickt, ein storchengleiches, blassgesichtiges Etwas ist. Eine Frau wie Marcia braucht einen echten Mann. Mit Muskeln, Humor und Esprit. Um die Muskeln kümmere ich mich morgen, der Strategieplan wird heute gemacht. Ich komme mir nackt und unsicher vor, als ich mich mit meinem Handtuch auf die Suche nach Paula mache. Das hat zwei Gründe. Ich BIN nackt und unsicher. Der Saunaclub selbst ist der größte, den ich je gesehen habe, und ziemlich edel eingerichtet. Die Wände sind aus Naturstein, ab und an stehen so eiserne Kerzenständer im Weg, und dann riecht es noch nach irgendwelchem Blütenquatsch und Zitrone. Ich folge dem Schild »Saunabereich« und tapse vorsichtig eine große Treppe hinunter. Zu meiner Verwunderung muss ich feststellen, dass ich nicht der Einzige im Saunaclub bin, denn eine Vielzahl von entweder leicht beschürzten oder ganz nackten Männern und Frauen läuft umher. Schon die ersten Exemplare dieser Gattung machen mir Mut, denn fast ausnahmslos sind alle weit hässlicher als ich.
    Paula hat mich per SMS informiert, dass ich sie im großen Ruheraum finden werde, ein Raum, der natürlich nirgendwo angeschrieben ist. Stattdessen folge ich einem Schild mit der Aufschrift Kaiserbad mit entspannender Unterwassermusik. In einem kleinen Becken liegen drei regungslose, nackte Wasserleichen auf roten Schaumstoff-schwimmschlangen. Scheint ja enorm zu entspannen, die Unterwas-sermusik. Neugierig geworden, lege ich mein Handtuch ab, schnappe mir ebenfalls zwei der Poolnudeln und schreite leise die Treppen hinab in das Becken. Das Wasser ist angenehm warm. Ich schiebe die Plastikschlangen unter meinen Hintern und Kopf und lasse mich ebenso treiben wie die drei Wasserleichen. Und tatsächlich: Als ich den Kopf sanft ins Wasser gleiten lasse, vernehme ich fernöstliche Meditationsmusik vermutlich von Ryuichi Sakomoto. Seltsam in-dustriell klingt die Musik und doch entspannend in ihrem Minimalismus. Ich stelle mir vor, wie ein verliebter Roboter in einer verlassenen Lagerhalle irgendwo südlich von Yokohama auf ein Xylophon schlägt. Dingdingding ... macht die Musik und Klaklaklaklakkka ... Bing!
    Mir entfährt ein lautes »Leck mich am Arsch, ist das entspannend!«, was mit einem »Unmöglich!« und diversen bösen Blicken der anderen Wasserleichen quittiert wird. Ich nicke entschuldigend und lasse meinen Kopf wieder in das warme Thermalwasser gleiten. Der verliebte Roboter macht wieder bling und blong und ding und dong auf seinem kleinen Xylophon und hofft wohl, dass dies seine Angebetete in der Nachbarhalle vernimmt. Langsam und fast unmerk-lich entschwebe ich den Tönen des verliebten Roboters und nehme Kurs auf die Karibik. Ich stelle mir vor, wie ich mit Marcia zusammen Hand in Hand am Strand der Virgin Islands treibe. Es gibt fast keinen Wellengang. Marcia trägt ein Hochzeitskleid, und über meine muskulöse Brust hinweg sehe ich unsere Kinder am Strand winken. Die Musik macht jetzt Ding und Bling und Zing und Zong, der Roboter legt sich mächtig ins Zeug für meinen Unterwasser-Soundtrack, und ich höre Marcias zarte Stimme, die mir sagt, dass sie mich mehr liebt als alles auf der Welt und dass sie nie gedacht hätte, mal einen so tollen Mann zu finden. Ich hauche ihr ins Ohr, dass ich sie auch liebe, als ich gegen einen gewaltigen Tintenfisch stoße. Der Tintenfisch ist ebenso hässlich wie fett und zieht mir meine Poolnudel unter dem Hintern weg. Dann spritzt er mich mit sächsischem Akzent voll:
    »Sie hammisch angedözt! « Ich hab niemanden angedözt. Weil ich mich nämlich zum ersten Mal seit einem Jahr entspannt habe. Da kann ich aber echt mal sauer werden.
    »Sie haben MICH angedözt, weil Sie nicht aufpassen, wo Sie hintreiben mit Ihrem ganzen Fett! « Der Zonenfisch regt sich sehr auf, droht mit seiner Poolnudel und sagt, dass er sich so was von einem Handtuch wie mir nicht gefallen lassen müsse. Ich versteh das gar nicht, weil ich mein Handtuch ja gar nicht mehr umhabe, und zeige ihm den Mittelfinger, als er sich mit hochrotem Kopf und seinen Schwimmschlangen aus dem Becken schleppt. Weil ich immer noch stocksauer bin, rufe ich ihm ein »Petz es doch der Stasi!« hinterher. Seine Schlagfertigkeit erlaubt allerdings nicht mehr als ein erbostes »Siiiieeeee!«.
    Was für ein Depp. Mit der Entspannung ist es jetzt jedenfalls schon mal vorbei. Ich verlasse das Sakomoto-Lagerhallen-Gedächtnisbad, wickle mein Handtuch um mich herum und mache mich auf die Suche nach Paula. Ich biege um eine

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