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Vom Daemon verweht

Vom Daemon verweht

Titel: Vom Daemon verweht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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ohne auch nur den Anflug einer Unsicherheit zu zeigen.
    Ich wollte den Mann nicht bemitleiden, den ich geliebt hatte, den Mann, der mein Partner gewesen war. Aber ich tat es. Und wissen Sie, was mein schlimmstes Geheimnis ist? Wenn schon einer von uns beiden so früh sterben musste, so war ich heilfroh, dass er es war und nicht ich.
    Als Allie zu Ende gelesen hatte, war ich völlig in Tränen aufgelöst.
    »Mami traurig?«, fragte Timmy und rieb mit seinen klebrigen Patschhändchen über meine Wangen.
    Ich nahm ihn in die Arme und gab ihm einen Kuss auf die Stirn. »Mami ist stolz«, erklärte ich.
    Laura fasste nach meiner Hand und drückte sie. Am anderen Ende der Turnhalle konnte ich ihre Tochter Mindy sehen, die wie ein Honigkuchenpferd grinste. Sie stand mit dem Schulchor auf dem Podium.
    Die Duponts wohnen hinter unserem Haus, und unsere Mädchen waren vom ersten Tag an unzertrennlich. Laura und ich folgten bald ihrem Beispiel, und die weiblichen Familienmitglieder der Duponts und der Connors benutzen regelmäßig das hintere Gartentor, um einander zu besuchen.
    Über die Jahre kam es nur einmal zu einer Verstimmung zwischen den Mädchen. Allie, und nicht Mindy, hatte einen der drei freien und hochbegehrten Plätze bei den Cheerleadern ergattert. Zum Glück hatte sich die Spannung nach ungefähr einer Woche wieder gelegt, als den beiden klar wurde, dass Mindy eine Stimme hat, die Celine Dion vor Neid erblassen lassen würde, während meine Tochter eher wie Kermit aus der Muppet Show klang. Unsere Welt war wieder wie vorher, und die Eifersucht verschwand, um andere, weniger ausgeglichene Kinder als die unseren zu quälen.
    Natürlich waren Laura und ich über diese Aussöhnung sehr erleichtert. Wir hätten selbstverständlich weiterhin beste Freundinnen bleiben können, selbst wenn es unsere Töchter nicht mehr gewesen wären, aber so schien es doch wesentlich einfacher zu sein.
    Eltern, Schüler und Lehrer standen in Grüppchen um uns herum oder machten sich zu den verschiedenen Ständen auf, die im näheren Umkreis der Turnhalle aufgebaut waren. Es gab eine Theatergruppe, einen Mathe-Club, einen Surfclub und das Cheerleaderteam. Außerdem natürlich ein Büffet. Ich fragte mich, für welche Muffins sich Laura wohl entschieden hatte, aber letztendlich war es mir egal. In diesem Moment zählte für mich nur meine brillante Tochter.
    Während der Chor sein erstes Weihnachtslied sang, kam Allie federnden Schrittes auf uns zu. Ihre vorher an den Tag gelegte Ruhe war nun verschwunden. »Ein Scheck!«, rief sie begeistert, als Eddie sie stolz umarmte. »Mami, Eddie, schaut mal! Ich habe einen Scheck über fünfhundert Dollar bekommen!«
    Eddie nahm den Scheck und hielt ihn auf Armeslänge von sich, um ihn durch seine dicken Brillengläser besser begutachten zu können. »Großartig, Mädchen! Schau dir das an. Jetzt bist du eine reiche Schnepfe!« Er zerzauste ihr das Haar, und sie wich ihm nicht einmal aus, wie sie das gewöhnlich tat, wenn ich ihr vor ihren Freunden und Klassenkameraden so viel Zuneigung zeigte.
    Eddie hielt die Augen auf mich gerichtet, während er Allie leise, aber deutlich hörbar zuflüsterte: »Lauf! Lauf, als ob der Teufel hinter dir her wäre! Und falls irgendjemand etwas von einem Sparkonto sagt, nimmst du erst recht die Füße in die Hand.«
    Ich versuchte streng dreinzublicken. Allie kicherte und hakte sich bei Eddie unter. Laura, die noch immer neben mir stand, unterdrückte ein Lächeln und betrachtete die beiden. »Viel Glück«, sagte sie und klopfte mir kurz auf die Schulter. Dann ging sie zum Podium, wo noch immer der Chor stand, und ließ mich mit meiner verrückten Familie allein zurück.
    Ich seufzte und hievte Timmy auf meine Hüfte.
    »Also?«, sagte Allie und sprang aufgeregt von einem Fuß auf den anderen. »Darf ich mir einen i-Pod kaufen? Bitte, bitte, bitte!«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte ich ein wenig unkonzentriert, weil ich auf einmal zu meinem Entsetzen bemerkte, dass Marissa auf uns zusteuerte.
    »Ach, komm schon, Mami! Eddie hat recht. Es ist mein Geld, und ich verspreche dir, dass ich den i-Pod nicht im Unterricht benutze.«
    Das ließ mich aufhorchen. »Du machst wohl Scherze. Falls es an dieser Schule erlaubt sein sollte, so etwas im Unterricht zu hören, müssen wir uns nämlich ernsthaft fragen, ob es sich nicht doch lohnen würde, in eine Privatschule zu investieren.«
    Ich meinte das durchaus ernst, aber Allie verstand es als Scherz. »Ach, Mami!« Dann sah

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