Vom Daemon verweht
Unser Mädchen dreht allmählich durch, weil sie glaubt, dass du nicht rechtzeitig kommst.«
Ich wandte mich um. Eddie kam auf mich zugeschlurft. Er trug eine karierte Golfhose und ein orangefarbenes T-Shirt, auf dem zu lesen war: Küss einen Prinzen – die Welt braucht mehr Frösche! Ich konnte ein Lächeln nicht unterdrücken, denn vor allem seine Bemerkung über »unser Mädchen« berührte mich. Allie glaubte felsenfest, dass Eddie ihr Urgroßvater väterlicherseits wäre. Aber die Wahrheit war viel komplizierter. Soweit ich das wusste, gab es zwischen Eddie und Allie keinerlei verwandtschaftliche Beziehungen, aber Eric und ich waren beide Waisenkinder gewesen, und so gab ich mich in meinen melancholischen Momenten gern einmal der Illusion hin, dass mir das Schicksal tatsächlich einen Teil meiner Familie zurückgegeben hatte.
Doch egal. Ob nun blutsverwandt oder nicht – Eddie war zu einem echten Familienmitglied geworden. Er gehört außerdem zu den wenigen Menschen, die mein Geheimnis kennen. Und zwar deshalb, weil auch er in seinen besten Zeiten mehr als ein paar Dämonen zur Strecke gebracht hat.
Eddie ist launisch, kann ziemlich schlechter Stimmung sein und fluchen wie ein altes Waschweib. Ich liebe ihn trotzdem fast wie einen Vater. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass er auch mich wie eine Tochter ins Herz geschlossen hat. Ich weiß, dass er Allie als seine Urenkelin betrachtet. Was Timmy betrifft, so ist er sich da noch nicht ganz sicher. Aber sobald sich mein Sohn erst einmal von Windeln zu normaler Unterwäsche vorgearbeitet hat, glaube ich, wird sich auch ihre Beziehung verändern.
Bis es so weit ist, macht es mir nichts aus, dass sich Eddies Zuneigung vor allem auf meine Tochter konzentriert. Tim hat schließlich Stuarts Eltern, die ihren kleinen Enkel einfach anhimmeln. Um fair zu sein – auch Allie himmeln sie an. Aber als ich Stuart heiratete, war meine Tochter bereits alt genug, um zu verstehen, dass Oma und Opa Connor nicht ihre echten Großeltern sind.
Eddie hingegen… Nun ja, er gehört zu unserem Mädchen. Und darüber ist Allie sehr glücklich. Was mich betraf, so tat ich alles in meiner Macht Stehende, um nichts zwischen die beiden treten zu lassen.
Das erklärt auch, warum Eddie noch immer in unserem Gästezimmer lebt, obwohl er und Stuart nicht gerade die besten Freunde geworden sind und er bereits vor Monaten versprach, sich in unserer Nähe ein eigenes Appartement zu suchen. Von Stuart bedeutete es ein großes Entgegenkommen, Eddie bei uns wohnen zu lassen, was mich freute. Ein schlechtes Gewissen verspürte ich in diesem Fall zur Abwechslung einmal nicht. Schließlich nahm ich bereits vieles auf mich, um seine politischen Ambitionen zu unterstützen, so gut das ging. Ich fand, dass er dann zumindest im Gegenzug unser Haus einem lange verschollenen Verwandten öffnen konnte – auch wenn dieser in Wahrheit gar nicht so sehr mit uns verwandt war.
»Komm schon, Mädchen«, sagte Eddie und gab mir einen kleinen Klaps. »Es ist an der Zeit, deinen Hintern in die Turnhalle zu schieben.«
»Ich habe doch noch nichts verpasst?«
Er schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Aber du musst dich beeilen. Sobald die Direktorin aufhört, ödes Zeug zu reden, wollen sie die Auszeichnungen vergeben. Und Allie wird dir nie im Leben verzeihen, wenn du das verpasst!«
»Wird auch nicht passieren«, erwiderte ich. Jegliche Überlegung, David Long zu folgen, verschwand auf einen Schlag. Mein mütterlicher Stolz hatte die Oberhand gewonnen.
Trotzdem warf ich einen raschen Blick über meine Schulter, ehe wir den Gang entlang in Richtung Turnhalle eilten. Nichts mehr zu sehen. Der Mann war wie vom Erdboden verschwunden.
Natürlich war es völlig sinnlos, sich jetzt schon Sorgen zu machen. Ich würde es bestimmt merken, wenn auf einmal die Hölle losbrechen würde.
Die Schuldirektorin, Mrs. George, sprach noch immer, als wir eintrafen, was mir den unerwarteten Vorteil bot, Marissa völlig ignorieren zu können. Sie winkte nämlich wie eine Verrückte, um mich dazu zu bringen, mich zu ihr und ihren Schützlingen von Coastal Mists zu setzen. Ich gab vor, nicht zu verstehen, was sie meinte, und wies auf Allie. Umständlich bahnte ich mir einen Weg an zahlreichen Schülern und Schülerinnen vorbei zu meiner Tochter. Laura und Timmy waren inzwischen auch eingetroffen, und der kleine Mann kletterte von ihrem Schoß auf meinen.
Während die Direktorin noch eine Weile ödes Zeug von sich gab, warf ich
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