Vom Daemon verweht
ich, so schnell ich konnte. Mit Dämonen werde ich fertig, aber mit einer übereifrigen Supermutter? Nein, danke.
Allie sah mich neugierig von der Seite an, als wir davongingen. Ich rief mir noch einmal die gerade geführte Unterhaltung ins Gedächtnis und fragte mich, ob ich etwas gesagt hatte, was ihr Misstrauen hätte wecken können. Zum Glück kam meine Tochter natürlich nicht auf Dämonen. Sie kehrte vielmehr schnurstracks zu dem anderen unangenehmen Thema dieses Nachmittags zurück – zu Stuart.
»Also – wo steckt er?«, wollte sie wissen.
»Auf dem Weg hierher«, sagte ich. »Wahrscheinlich schon hier. Als ich das letzte Mal mit ihm sprach, saß er im Auto.« Verzweifelt versuchte ich ihr zumindest eine Lüge aufzutischen, die nicht allzu schwerwiegend war.
»Ich hatte gehofft, dass er…« Sie brach ab, zückte mit den Schultern und lächelte. »Ist eigentlich nicht so schlimm. Der Scheck wird ihn trotzdem beeindrucken. Aber für seine Kampagne werde ich garantiert kein Geld spenden.« Den letzten Satz sagte sie mit einem Grinsen. Doch ich kannte meine Tochter gut genug, um zu wissen, dass ihr lässiger Tonfall nur die Verletzung verbergen sollte, die Stuarts Abwesenheit für sie bedeutete. Man konnte es ihr nicht zum Vorwurf machen. Ich hatte die Stufe des Verletztseins ausgelassen und war gleich zur Wut übergegangen. Ob das besser war, konnte ich nicht sagen.
»Er ist noch nicht sehr oft hier gewesen«, meinte Allie und begann in ihrer Tasche zu wühlen. Sie holte ihr Handy hervor. »Vielleicht befindet er sich ja gerade im blauen Korridor. Soll ich ihn mal anrufen?«
Ich zögerte. Ich war mir sicher, dass sich Stuart nur auf dem Weg zu weiteren Dollars für seine Politkampagne befand. Da ich nicht wusste, was ich Allie antworten sollte, entschied ich mich für die beliebte »Hm«-Variante.
Sie begann zu wählen.
»Allie!«, sagte ich schließlich doch und riss ihr das Handy aus der Hand.
»Was?«
»Du sollst dein Telefon doch nur für Notfälle benutzen«, tadelte ich sie. »Stuart und ich haben das doch klar gemacht, oder nicht?«
Sie blinzelte mich mit einer leicht verwirrten Miene an. »Ja, schon. Aber du bist doch hier.«
»Genau. Aber Stuart nicht. Wenn du ihn jetzt anrufst und er deinen Namen auf seinem Display sieht, wird er annehmen, dass es sich um einen Notfall handelt, und sich Sorgen machen.« Ich stemmte meine Hand in die Hüfte, um autoritärer zu wirken. »Ich habe mir zum Beispiel vorhin sofort Sorgen gemacht, als du angerufen hast.«
Sie wirkte ein wenig zerknirscht. »Verstehe. Also sollte ich Stuart wohl besser nicht anrufen.«
Ich nickte und hoffte, dass ich nicht zu erleichtert wirkte. Dann steckte ich ihr Handy in meine Tasche. Nur um auf Nummer Sicher zu gehen.
»Ruf du ihn doch an.«
Ich sah sie überrascht an. »Was?«
»Komm schon, Mami! Er wird sich keine Sorgen machen, wenn du ihn anrufst, oder? Und ich will ihm unbedingt von dem Scheck erzählen. Außerdem kennst du Stuart. Er würde niemals anrufen und zugeben, dass er sich hier verlaufen hat.«
Ich runzelte die Stirn. Das Problem war, dass ich Stuart wirklich kannte. Und ich wusste, dass er sich sehr wahrscheinlich nicht einmal in der Nähe der Schule befand.
Doch da mir keine Ausrede einfiel, warum ich meinen Mann nicht anrufen konnte, fasste ich in meine Tasche, um mein Handy herauszuholen. Ich bemühte mich darum, das geheimnisvolle Buch versteckt zu halten, während ich ein Stoßgebet zum Himmel schickte. Hoffentlich würde Stuart diesmal seine Fähigkeiten, die ihn auch als Politiker so weit brachten, dazu verwenden, Allie nicht noch weiter zu verletzen.
Erst als ich mich durch den ganzen Krimskrams in meiner Tasche gewühlt hatte, fiel es mir ein. »Ich kann Stuart nicht anrufen«, erklärte ich und hoffte, dass ich nicht so erleichtert klang, wie ich mich fühlte. »Mir ist das Handy doch im Bus aus der Hand gefallen.«
Sie machte ein enttäuschtes Gesicht. »Ach ja – klar.« Ich konnte beinahe sehen, wie sich die Rädchen in ihrem Gehirn bewegten. »Vielleicht hat er ja versucht, dich zu erreichen. Ich sollte ihm wahrscheinlich Bescheid sagen, dass es dir gut geht und er sich keine Sorgen machen muss.«
Ich wollte ihr widersprechen. Aber was hätte ich für einen Grund gehabt? Wir hatten einen Punkt erreicht, wo es lächerlich gewesen wäre, weiter zu protestieren. Außerdem war ich so wütend auf Stuart, dass ich eigentlich nichts dagegenhatte, ihn in eine peinliche Situation zu bringen.
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