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Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes

Titel: Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvester Walch
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werden. In dem breiten Spektrum an möglichen Zuständen stellen transpersonale oder spirituelle Erfahrungen eine große Herausforderung an den Intellekt dar. So beschreibt eine Seminarteilnehmerin, wie sich in ihrem Inneren die Liebe und Herrlichkeit Gottes entfaltete:
    »… Dann tritt zwischen den aktiven Atemphasen immer wieder Ruhe ein. In diesen Ruhephasen geht der Körper von sich aus einerseits in bestimmte Positionen, und andererseits spüre ich ihn nicht mehr und gleite in andere Bewusstseinszustände still und lautlos hinein … Es ist so viel Licht da, göttliches, strahlendes Licht. Seine Gegenwart ist überwältigend. Die Arme heben sich, und beide Hände legen sich mit den Handrücken über die Stirn und über das dritte Auge. Die Hände schützen mich noch vor der überwältigenden Macht und Schönheit Seines Lichts. Es ist zu viel für mich, und Tränen der Seligkeit, des Überwältigtseins brechen aus … Das ganze Sein ist ausgebreitet, Ihm entgegen. Frieden, Seligkeit, Glück, Liebe, Schönheit, eingetaucht in das Eine, aufgehoben, wie eine Blüte, die sich ganz öffnet, sich Ihm entgegenhaltend … Tränen strömen unentwegt, tiefes Weinen dringt aus dem Innersten … Es ist nicht Schmerz über Irdisches, es sind Erschütterung und Erlösung, die Überwältigung durch Seine Schönheit – unglaublich (der Kopf schüttelt sich leicht hin und her), unglaublich, dass so viel Schönes und Erhabenes existiert, unauslöschbar.«

    Robert Spaemann (2006, S.15), ein zeitgenössischer Moralphilosoph, gibt uns zur Beurteilung von möglichen Gotteserfahrungen einen hilfreichen Hinweis:
    »Angesichts der überwältigenden Dauer und Allgemeinheit des Gerüchts von Gott und angesichts der Gotteserfahrungen vieler Menschen trägt derjenige die Begründungspflicht, der dieses Gerücht als irreführend und diese Erfahrung als Einbildung abtut.«
    Der Kontakt zur göttlichen Natur der menschlichen Existenz ist für spirituelle Menschen ein erstrebenswertes Ziel. Nur wer sich bereitmacht, Ballast abwirft und sich öffnet, scheint dazu in der Lage. Dies bedeutet auch, sich mit Strukturen auseinanderzusetzen, die auf den ersten Blick vielleicht gar nicht zu enträtseln sind, wie in folgender Atemerfahrung:
    »Ich spüre, dass ich wieder atmen muss, atme sehr heftig. Plötzlich halte ich einen vom Körper abgetrennten Kopf in der Hand. Blut fließt heraus. Ich habe getötet, ich habe Macht! Während dieser Episode habe ich das Gefühl, in einem anderen Leben zu sein. Das abgetrennte Haupt sehe ich ganz deutlich vor mir. Schwarzes Haar, bärtig, blutüberströmt. Triumphierend halte ich es, von anderen bejubelt. Es ist, als wäre alldem ein Kampf auf Pferden vorangegangen. Das abgetrennte Haupt ist so deutlich neben mir, dass ein starkes Empfinden des Grauens aufsteigt. Ich schreie: »Nein!« Ein Gefühl von Schuld und tiefer Reue bringt mich zum hemmungslosen Weinen. Ich empfinde Erlösung.«

    In der Wesensnatur des Menschen scheinen auch Informationen abgelegt, die mögliche frühere Existenzen nahelegen. So könnten in Atemsitzungen auch unabgeschlossene Situationen oder Konfliktkonstellationen von vorhergehenden Inkarnationen eine Rolle spielen.
    Das ist ein sehr umstrittenes Thema. Werde ich nach Vorträgen gefragt, ob es nun frühere Leben gibt oder nicht, kann ich nur paradox erwidern: Es gibt sie, und es gibt sie nicht, je nachdem, wie es der Erfahrende nach der Durcharbeit selbst sieht und welche Antworten aus seinem Inneren kommen. Natürlich kann es auch sein, dass man durch den veränderten Bewusstseinszustand auch Zugang zu Lebensinformationen anderer Lebewesen hat, genauso wie kollektive Strukturen in der individuellen Seele repräsentiert sind. Menschen, in deren Erfahrungskontext mögliche frühere Leben auftauchten, fühlten sich danach von Verstrickungen, die durch unbewusste Inszenierungen karmischer Muster und Dramen sichtbar wurden, befreit. Dies kann natürlich auch, wenn man dies familiendynamisch interpretiert, mit überlieferten Themen und Aufträgen von Ahnen zusammenhängen. Auch könnten infolge individueller Probleme bestimmte Szenarien, in denen sich Erinnerungen, Fantasien, archetypische Inhalte und erworbenes Wissen vermengen, hervorgerufen werden. Aufgrund unseres Wissensstands wäre es jedoch unverantwortlich, die Möglichkeit der Reinkarnation auszuschließen.
    Erfahrungen aus holotropen Atemsitzungen haben einerseits eine starke innere Wirkung für die betreffende Person und

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