Vom Ego zum Selbst: Grundlinien eines spirituellen Menschenbildes
andere vielleicht vor den Kopf zu stoßen und Sicherheitsbedenken zurückzustellen. Das Leben kreiert immer wieder Situationen, in denen wir wachsen können. Wenn die Kundalini erwacht ist, geschieht dies noch in einem viel stärkeren Ausmaß. Durch die Dynamik der schöpferischen Kraft reagiert das Gesamtfeld rasch und direkt, so dass fortwährend neue Lernfelder konstelliert werden, durch die wir augenblicklich mit signifikanten Themen in Berührung kommen. Erst wenn deren Integration erfolgt ist, kehrt Ruhe ein.
Die Idee korrespondierender Kräfte, aus denen sich die sogenannten Zufälle formen, kann man sich vielleicht folgendermaßen vorstellen: Alles, was wir denken, fühlen oder anstreben, hinterlässt im Universum eine energetische Spur, in die eine Information eingefaltet ist. Da etwas im Individuum noch nicht abgeschlossen ist, wirken diese Energieträger als Attraktoren und ziehen solche Informationen an, die dazu passen könnten. Der synergetische Zusammenschluss bewirkt eine Verdichtung. So manifestieren sich aus potenziellen Kräften reale Umstände. Die freien Radikale in der Chemie werden zu neuen Elementen, wenn sie Verbindungen eingehen. Das muss zeitlich und räumlich nicht unbedingt in einem logischen Zusammenhang mit unserem Erleben stehen. Das reale Hervortreten von sinnfälligen Ereignissen folgt dem Prinzip nichtlokaler Korrelationen, da kausale, zeitkonsistente und dualistische Denkfiguren transzendiert werden. So kann in einigen Jahren etwas wirksam werden, was schon längst in Vergessenheit geraten war.
Ein Absolvent eines englischen Internats hatte sich ursprünglich Mathematik als Leistungsfach ausgewählt. Durch bestimmte Umstände war eine Kombination mit notwendigen anderen Fächern jedoch nicht möglich gewesen. Jahre später, als er sich an der Universität Oxford bewarb, wurde ihm das angestrebte Studium versagt, weil er Mathematik nicht im »Higher Level« absolviert hatte. So schrieb er sich für eine andere Richtung ein. Zufällig begegnete er in einem Seminar einem Professor, der an diesem College Mathematik lehrte. Er klagte ihm sein Leid, woraufhin er ihn in allen Instanzen unterstützte, um ausnahmsweise doch wechseln zu können. Dies wurde dann genehmigt, und er bestand die mathematischen Prüfungen mit exzellenten Noten.
Wenn wir das Leben vom Ende her betrachten und zurückblicken, werden uns wahrscheinlich viele solcher Schlüsselsituationen einfallen, die eine wundersame Wende herbeigeführt haben. Die unbezweifelbare Existenz zielgerichteter Prozesse kann man aus vielen Biographien herauslesen, die durch »zufällige« Begegnungen und überraschende Ereignisse entscheidend angestoßen wurden. Das Leben wird von einer geheimnisvollen Regie geführt. Auch wenn diese unsichtbare Hand gewiss zugegen ist, muss sie dennoch ergriffen werden. Um das zu gewährleisten, ist das Leben, so wie es auf mich zukommt, zu achten. Das Gegebene kann man besser annehmen, wenn man innerlich zunächst einen Schritt zurücktritt, weil man dann bemerkt, dass der Kreislauf der Dinge zum Leben gehört.
Dann ist es auch wichtig, den Kontakt zum universalen Selbst aufzubauen, um durch den größeren Bezugspunkt die notwendige Sicherheit zu gewinnen, das Schwierige durchzutragen. Das macht vieles leichter. Man sollte sich stets bewusst sein, dass das All-Eine, aus dem heraus diese schöpferische Kraft wirkt, überall zu finden ist. Manchmal genügen einfach ein Gebet, das Murmeln eines Mantras, wie etwa »Om Namah Shivaya«, eine kurze Meditation oder ein bewusster Atemzug, um den Bezug zur inneren Weisheit herzustellen. Wenn dazu noch am Abbau des Ego gearbeitet wird, kann nicht mehr viel schieflaufen, denn das ist der Königsweg der Selbstverwirklichung. Das hat darüber hinaus den Vorteil, dass karmische Bedingungen, denen vor allem egozentrische Lebensstile zugrunde liegen, schneller beseitigt werden können.
Der Begriff Karma kommt aus dem Sanskrit und besagt, dass jede Handlung unweigerlich Folgen nach sich zieht; insofern ist jeder einzelne Mensch für die ganze Welt verantwortlich. Jeder Gedanke, jede Empfindung und jede Handlung sind ein Energieträger, der sich ausbreitet. Wenn man beispielsweise schlecht über jemanden denkt und ihn schädigt, bringt man etwas in Unordnung. Das erzeugt natürlich Effekte, auch wenn diese vielleicht nicht unmittelbar ersichtlich sind. Da ist einmal der Zustand, der durch negative Intentionen in mir selbst hervorgerufen wird. Wer Hass empfindet,
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